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Full text of "Die Heilung der Knochenbrüche per primam intentionem"

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DIE  HEILMG 


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DER 

KNOCHE NB RÜCHE 


PER  PRIM  AM  INTENTIONEM 

VON 


D“  A UCi  U S T VOETSCII. 


HEIDELBERG. 

AKADEMISCHE  VERLAGS  HANDLUNG  VON  C.  F.  WINTER. 


1847. 


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Inhalt. 


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Geschichtlicher  Ueberblick  j 

I.  Darstellung  des  Heilungsprozesses  nach  eigenen  Untersuchungen  . 6 

Anhang:  Modifikationen  des  Heilungsprozesses. 

1.  Verhalten  der  Callusbildung  bei  bedeutender  Dislokation  der  Bruchenden  . .11 

2.  Verhalten  der  Callusbildung  in  Gliedern  , welche  zwei  Knochen  enthalten  . . 12 

3.  Verhalten  des  Gallus  bei  Störung  der  Heilung  durch  einen  neuen  Bruch  durch  den- 
selben   

4.  Knochenneubildung  nach  Resektion jg 

II.  Historische  Verfolgung  der  Callusbildung  21 

1.  Veränderungen  in  den  Weichtheilen  bis  zum  Auftreten  des  den  Callus  bildenden  Exsudats  21 

2.  Organisation  dieses  Exsudats 

A.  in  Knorpel  und  Knochen  22 

Theorie  der  Knochenelemente 28 

B.  in  Zellgewebe  _ 3q 

Zeitfolge  der  Verknöcherung  iu  den  einzelnen  Thcilen  des  Callus  . . . . 3i 

3.  Substantia  intermedia 32 

III.  Theorie  der  Callusbildung 34 

1.  Ursprung  des  verknöchernden  Exsudats 

2.  Ist  ein  provisorischer  und  definitiver  Callus  zu  unterscheiden?  ......  38 


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Vorwort 


Die  Heilung  der  Knochenbrüche  per  primam  intentionem  ist  schon  häufig 
der  Gegenstand  wissenschaftlicher  Untersuchungen  geworden  und  hat  zuletzt  durch 
Wie  sch  er ’s  Arbeit  besonders  eine  Erledigung  gefunden,  welche  bisher  wenigstens 
in  Deutschland  fast  allenthalben  als  abschliessend  angesehen  wurde.  Es  dürfte 
desshalb  auffallend  erscheinen,  hi  der  vorliegenden  Arbeit  diesen  Gegenstand  noch- 
mals zur  Sprache  gebracht  zu  sehen. 

Gegen  die  Miescher’sche  Ansicht  müssen  aber  bei  genauerer  Prüfung 
derselben  nothwendig  Zweifel  rege  werden,  denn  wir  finden  überall,  dass  Heilung 
von  Verwundungen  und  Narbenbildung  auf  so  einfachem  Wege  zu  Stande  gebracht 
wird,  dass  eine  so  complizirte  und  gekünstelte  Darstellung  wie  die  Miescher’sche 
den  Eindruck  hervorrufen  muss,  als  könne  äie  unmöglich  eine  naturgemässe  seyn. 
Mussten  nun  schon  diese  Zweifel  zu  neuer  Untersuchung  des  Gegenstandes  auf- 
fordern, so  lag  noch  ein  neues  Moment  für  die  Nothwendigkeit  derselben  in  den 
neuen  Gesichtspunkten,  unter  welchen  die  jüngsten  Fortschritte  der  Wissenschaft 
die  pathologischen  Prozesse  ansehen  lernen.  Seit  der  Miescher’schen  Arbeit 
hat  das  Mikroskop  eine  vorher  kaum  geahnte  Wichtigkeit  wie  in  den  physiologischen 
so  in  den  pathologischen  Forschungen  erlangt.  Es  genügt  jetzt  nicht  mehr,  die 
Veränderungen  zu  beschreiben,  welche  man  mit  blossem  Auge  oder  allenfalls  mit 
der  Loupe  erkennen  kann;  man  macht  jetzt  auch  Ansprüche  daran,  durch  Hülfe 
des  Mikroskops  das  Verhalten  der  Gewebtheile  in  den  verschiedensten  patholo- 
gischen Prozessen  kennen  zu  lernen.  Eine  histologische  Verfolgung  der 
Knochenneubildung  in  dem  Callus  musste  demnach  als  zeitgemässe  Aufgabe 
erkannt  werden,  und  ich  musste  mich  um  so  mehr  zu  dieser  Arbeit  aufgefordert 
fühlen,  als  mir  dadurch  die  Aussicht  geboten  wurde,  bei  dieser  Gelegenheit  Auf- 
schlüsse über  die  seither  noch  nicht  genügend  erkannte  Bedeutung  und  Entwicklung 

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der  bekannten  Knochenelemente  zu  bekommen.  Im  Verlaufe  der  Arbeit  bekar 
ich  über  den  oben  berührten  Gegenstand  so  viele  Aufschlüsse,  dass  ich  dadurcl 
veranlasst  wurde,  die  Metamorphose  der  Knorpelelemente  im  Verknöcherungs 
prozess  auch  in  andern  verknöchernden  Knorpeln  zu  untersuchen.  Die  Verfolguni 
der  En! stehung  der  Knochenelemente  von  dem  ersten  Auftreten  des  Kerns  de 
Knorpelzelle  an  bis  zur  vollendeten  Ausbildung  des  Knochens  bildet  desshal) 
einen  zweiten,  wesentlichen  Theil  dieser  Untersuchungen. 

Die  Zahl  der  Versuche,  welche  ich  angestellt  habe,  beläuft  sich  über  hun- 
dert. Dieselben  wurden  an  den  Extremitäten  sowohl  von  Vierfüsslern,  wie  Katzen 
Meerschweinchen,  Kaninchen,  als  auch  und  meisten theils  von  Tauben  vorge- 
nommen, wobei  ich  bemerke,  dass  sämmlliche  Tliiere  ohne  Verband  gelassen 
wurden.  Zugleich  bot  mir  mein  Aufenthalt  in  Zürich,  wo  diese  Versuche  an- 
gestellt wurden,  auch  Gelegenheit,  die  Präparate  von  Knochenbrüchen  des  Men- 
schen, welche  die  pathologisch- anal omische  Sammlung  daselbst  besitzt,  zur  Ver- 
gleichung zu  benützen. 

Obgleich  meine  in  der  vorliegenden  Arbeit  ausgesprochene  Ansicht  in  sehr 
wesentlichen  Punkten  von  der  seither  herrschenden  abweicht,  so  glaube  ich  die- 
selbe doch  hinlänglich  begründet  durch  die  Resultate  meiner  zahlreichen  Versuche? 
und  durch  die  genaue  histologische  Untersuchung  der  durch  dieselbe  gewonnenen* 
Präparate.  Ich  habe  in  einem  besonderen  Abschnitte,  welcher  die  Vergleichung 
meiner  Resultate  mit  den  Mies  eher ’schen  enthält,  meine  Ansicht  noch  mehr  zu 
begründen  und  die  Unhaltbarkeit  der  seither  angenommenen  darzulegen  gesucht. 

Zürich  im  November  1846. 

A.  Voetsch. 


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Erklärung  der  Tafeln 


Taf.  I. 

Durchschnitte  in  der  Heilung  begriffener  Knocheubriiche  von  Thieren  in  natürli- 
her  Grösse. 

Sämmtliche  Figuren,  mit  Ausnahme  von  Fig.  25,  betreffen  Extremitäten  von  Tauben,  und  zwar,  ausser 
1 den  Figg.  7,  8,  tl  und  20,  den  Humerus  derselben.  Nur  die  Fig.  12  zeigt  sämmtliche  Weichtheile 

erhalten;  die  Beinhaut  ist  nur  da,  wo  es  nöthig  schien,  mit  in  die  Zeichnung  aufgenommen. 

/.  Fig.  I.  Schematische  Figur.  Längsdurchschnitt  eines  gebrochenen  Knochens  im  Stadium  der  begin - 
' mden  Verknöcherung  des  Callas.  ( Vcrgl.  Seite  10.) 
i a.  Durchschnitt  des  normalen  Knochens. 

b.  Markhöhle. 

c.  Beinhaut. 

d.  Erstes  Auftreten  der  Verknöcherung  zunächst  der  Stelle,  wo  Beinhaut  und  Knochen  noch  in  Zusam- 
menhang geblieben  sind.  Markkanälchen  darin,  welche  dieselbe  Richtung  haben  wie  f und  f'. 

e.  Lamelle  neugebildeter , aber  später  als  d auftretender  Knochensubstanz. 

f.  Streifen,  welche  von  der  innern  Peripherie  der  noch  knorpligen  Calluskapsel  nach  der  Beinhaut  hin  senk- 
recht verlaufen. 

V.  Verknöcherung  längs  dieser  Streifen  auf  der  linken,  ein  weiter  vorgeschrittenes  Stadium  bezeichnenden, 
Seite. 

g.  Raum  zwischen  und  um  dio  Bruchenden,  oft  mit  Blutkoagulum  (Substantia  intermedia)  ausgefüllt. 

II.  Figg.  2 — 10.  Callusbildung  bei 'normaler  Richtung  des  Glieds  oder  bei  nur  geringer  Dislokation 
und  ohne  bedeutendere  Störung  im  Verlauf  der  Heilung. 

Fig.  2. 

Bruch  von  6 Tagen.  Callus  noch  ganz  knorplig,  nur  zunächst  den  Bruchenden  bereits  Verknöcherung, 
eifen  von  der  innern  Peripherie  des  Gallus  nach  der  Beinhaut.  Zwischen  den  Bruchenden  Blutkoagulum.  In  der 
rkhöhle  des  untern  Fragments  gleichfalls  bereits  Knochenneubildung. 

Fig.  3. 

Bruch  von  8 Tagen. 

Fig.  4. 

Bruch  von  10  Tagen.  — Callus  in  beiden  Figuren  zum  grössten  Theil  noch  knorplig.  Zunächst  den  Bruch- 
len  Verknöcherung,  welche  sich  fast  allenthalben  bis  zu  den  Bruchrändern  erstreckt;  aus  ihr  zieht  sich  eine 
tsetzung  in  Form  einer  dünnen,  mit  der  Beinhaut  parallel  laufenden  Knochenlamelle  durch  den  Knorpel  hindurch, 


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bei  Fig.  3 mit  ähnlichen,  von  hier  abgehenden  Streifen,  wie  in  den  vorigen  Figuren.  Bei  Fig.  4 innerer  Calla.'  ; 
sehr  entwickelt,  verknöchert,  im  oberen  Fragment  die  Markhöhle  total  verschliessend. 

Fig.  5. 

Bruch  von  16  Tagen.  Gallus  ganz  verknöchert.  Auf  der  linken  Seite  ein  Knochensplitter  von  der  neuge- 
bildeten Knochenmasse  allenthalben  fest  umschlossen.  Im  äusseren  Gallus  beginnende  Erweiterung  der  Markkanäle 
welche  im  innern  Callus  schon  bedeutende  Fortschritte  gemacht  hat,  besonders  im  oberen  Fragment  zunächst  dessei 
Bruchenden. 

Fig.  6. 

Bruch  von  30  Tagen.  Callus  durchweg  verknöchert,  alle  Räume  zwischen  den  disloXirten  Bruchenden  gleich- 
massig  ausfüllend. 

Figg.  7 und  8. 

Bruch  der  Ulna  von  25  Tagen.  Callus  verknöchert,  den  Raum  zwischen  den  wenig  verschobenen  Frag 
menten  ausfüllend. 

Fig.  9. 

Bruch  von  40  Tagen. 

Fig.  10. 

Bruch  von  24  Tagen.  Callus  mit  bedeutender  Erweiterung  der  Markkanäle. 

III.  Fig.  11.  Durchschnitt  eines  vor  8 Tagen  resezirten  Radius. 

a.  a'.  Knorpel. 

b.  Anders  gefärbte,  weichere  Substanz,  durchweg  aus  denselben  Elementen  gebildet,  welche  Taf.  II.  Fig.  4 
abbildet. 

c.  Neugebildete  Knochensubstanz. 

d.  Höhle,  mit  Blutkoagulum  gefüllt. 

e.  Isolirter  Knochenpunkt. 

Die  genauere  Beschreibung  s.  Seite  18. 

IV.  Figg.  12 — 18.  Brüche,  welche  in  Folge  bedeutenderer  Dislokation  dev  Bruchenden  oder  ander 
weitiger  ungünstiger  Einflüsse  während  der  Heilung  mehr  oder  weniger  Abweichung  von  den  in  den  vorige. 
Figuren  dargestellten  einfachen  Verhältnissen  zeigen. 

Fig.  12. 

3 Tage  alter  Bruch 

a.  Muskeln. 

b.  Beinliaut. 

c.  Neugebildete  Knochensubstanz  zunächst  den  Fragmenten. 

d.  Blutkoagulum. 

Figg.  13  und  14. 

6 Tage  alter  Bruch. 

a.  Wahrer  Knorpel. 

b.  Dasselbe  wie  Fig.  11.  b. 

c.  c'.  Neugebildete  Knochensubstanz.  Jrjj 

d.  Raum  zunächst  um  die  Bruchränder,  Blutkoagulum  enthaltend. 

Fig.  15. 

10  Tage  alter  Bruch. 

a.  b.  c.  d wie  in  den  vorigen  2 Figuren. 

e.  In  die  Höhle  des  obern  Fragments  eingetriebener  Knochensplitter. 

Fig.  16. 

15  Tage  alter  Bruch. 

a.  Letzte  Reste  des  Knorpels. 

b.  Höhle,  welche  als  fistulöse  Oeffnung  durch  die  nekrosirten  Weichtheile  sich  fortsetzte. 


IX 


Figg.  17  und  18. 

Bruch  von  40  Tagen.  Auf  der  rechten  Seite  der  Fig.  18.  zwischen  beiden  Fragmenten  ein  von  glatten 
knöchernen  Wänden  ausgekleideter  Canal , welcher  durch  eine  eingeklemmte  Falte  der  Beinhaut  ausgefüllt  war. 

V.  Figg-  Hl — 25.  Brüche , welche  im  Verlauf  der  Heilung  durch  den  Calhis  hindurch  wiederholt,  theils 
tünstlich  theils  zufällig  'gebrochen  wurden. 

Fig.  19. 


Bruch  künstlich  hervorgerufen. 

a.  Aelterer  , verknöcherter  Callas. 

b.  Neue,  noch  knorplige  Callusmasse,  den  ganzen  Baum  zwischen  den  Fragmenten  ausfüllend. 

Fig.  20. 

30tägiger,  künstlich  wiedergebrochener  Gallus  der  Ulna, 

a.  b.  wie  in  der  vorigen  Figur. 

Fig.  21. 

Künstlich  wiedergebrochener  Callus. 

a.  [ Aelterer  Callus  von  73  Tagen. 

c j-  Jüngerer  Callus  von  12  Tagen. 

b.  Neugebildete  Knochensubstanz. 

c.  Knorpel. 

d.  Höhle. 


Vergl.  Seite  14. 
Fig.  22. 


11  tägiger  Bruch. 
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a'  > Aelterer,  verknöcherter  Callus. 


t jüngerer,  verknöcherter  Callus. 

c.  Knorpel. 

d.  Höhle. 

Vergl.  Seite  15. 

Figg.  23  und  24. 

Künstlich  wieder  gebrochener  Callus  (nach  aufgetrockneten  Präparaten  gezeichnet).  Zwischenräume  zwischen 
lern  zerrissenen  früheren  und  schon  verknöcherten  Callus  mit  Knorpelmasse  ausgefüllt. 

Fig.  25. 

38  Tage  aller  Bruch  der  Tibia  einer  jungen  Katze. 

Vergl.  Seite  10. 


Die  histologischen  Abbildungen  der  Taf.  II — V sind  meistens  bei  280facher  Ver- 
'rösseruiig  gezeichnet. 

Taf.  II. 

Sämmtliche  Figuren,  mit  Ausnahme  von  Fig.  2,  sind  den  gebrochenen  Extremitäten  von  Tauben  entnommen. 

Fig.  1. 

Entzündungskugeln  mit  oder  ohne  eingeschlossene  Blutkörperchen  aus  der  Beinhaut  und  der  Subslantia  in- 
ermedia.  Die  gelbröthliche  Färbung  der  kleineren,  welche  ungefähr  von  gleicher  Grösse  sind  wie  die  Blulkörper- 

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chen,  rechtfertigt  die  Vermulhung,  dass  diese  nicht  wie  die  grösseren  durch  Fettagglomeration  mit  oder  ohn 
Blutkörperchen  entstanden,  sondern  metamorphosirle  Blutkörperchen  selbst  seyen. 

Fig.  2. 

Zellen  aus  der  Substantia  intermedia  eines  it  Tage  alten  Bruchs  einer  jungen  Katze,  wahrscheinlich  Zelle  V 
des  normalen  Marks. 


Fig.  3. 

Verschieden  geformte  Haufen  von  Fetttröpfchen  aus  der  Substantia  intermedia  eines  2 Tage  allen  Bruch 
einer  Taube.  (In  der  Entstehung  begriffene  Entzündungskugeln?) 

Fig.  4. 

Spindelförmige  Zellen  aus  der  entzündeten  Beinhaut. 

Fig.  5. 

Schnitt  durch  den  der  Beinhaut  zunächst  gelegenen  Theil  des  jungen  Gallus  einer  jungen  Taube,  in  radiale  ' 
Bichtung  auf  die  Längenaxe  des  Glieds  geführt.  Auf  der  Seite  der  Beinhaut  sieht  man  in  undeutlichen  Umrisse  " 
die  Spindelzellen  der  vorigen  Figur,  auf  der  andern  Seite  junge  Knorpelzellen,  in  der  dazwischen  gelegenen  Mass  s 
erkennt  man  als  einzige  Spur  der  Organisation  nur  undeutlich  sichtbare , an  einzelnen  Stellen  jedoch  schärfer  her 
vortretende  Kerne.  1 ^ 

Fig.  6. 

Erstes  deutliches  Auftreten  der  Kerne  der  künftigen  Knorpelzellen  mit  deutlich  sichtbarem  Kernkörper. 

F i g g.  7 und  8. 

Weiter  entwickelte  Kerne  der  Knorpelzellen. 

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Kerne  der  Knorpelzellen  mit  körnigem  Inhalt.  ^ 

Fig.  10. 

Dichtgedrängte  Masse  von  Kernen  der  Knorpelzellen  von  verschiedenen  Grössen : vom  untern  Band  de 
Präparats  gegen  den  obern  zu  nehmen  dieselben  allmälig  an  Grösse  zu;  in  den  meisten  ist  der  Kernkörper  sicht« 
bar;  am  untern  Ende  des  Präparats  hat  die  Bildung  einer  Membran  um  einzelne  Kerne  begonnen. 

Fig.  11. 

Weiter  vorgeschrittenes  Stadium.  Die  Kerne  der  Knorpelzellen,  in  welchen  kaum  mehr  Kernkörper  zu  un 
terscheiden  sind,  zeigen  sich  von  einer  Zellmembran  umschlossen.  Die  Kerne  selbst  sind  gegen  die  rechte  Seif 
des  Präparats  hin  schärfer  umschrieben. 

Figg.  12  und  13. 

Dichtgedrängte  Häufung  junger  Knorpelelemente.  In  Fig.  13  lassen  sich  deutlich  vereinzelte  Kerne  un  W 
mit  Zellmembranen  umgebene  Kerne  erkennen,  während  Fig.  12  fast  nur  aus  jungen  Zellen  gebildet  scheint. 

Fig.  14. 

Maschennetz,  gebildet  theilweise  durch  die  Interzellularsubstanz  allein,  theilweise  durch  diese  und  die  ra 
ihr  verbundene  Zellmembran.  Herausgefallene  Kerne  und  kleinere  Zellen  (?)  frei  daneben. 

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Taf.  III. 

Sämmtliche  Figuren,  mit  Ausnahme  von  Fig.  8,  aus  dem  Callus  von  Tauben. 

Fig.  1. 

Knorpelzellen,  deren  Wandung  mit  der  Interzellularsubstanz  verschmolzen  ist,  so  dass  nur  die  innere  Ober 
-fläche  der  Zellwandung  sich  durch  eine  scharfe  Linie  abgränzt. 

Fig.  2. 

Vermengung  von  fasrigen  Elementen  mit  Knorpelelementen. 


XI 


Fig.  3. 

Knorpelzellen  mit  verdickter,  nicht  mit  der  Interzellularsubstanz  verschmolzener  Wandung,  viele  ohne  Kerne, 
ndere  mit  (verschrumpftcn)  Kernen.  Auf  der  untern  Seite  der  Fig.  ist  eine  der  Zellen  von  der  Interzellularsub- 
tanz losgelöst. 

Fig.  4. 

Zwei  isolirte  Knorpelzellen  derselben  Art. 

Fig.  5. 

Knorpel  (von  ungefähr  derselben  Entwicklungsstufe  wie  in  Taf.  II.  Fig.  11.),  in  welchem  einige  Zellen  mit 
wei  Kernen  sichtbar  sind. 

Fig.  6. 

Schnitt  -durch  Beinhaut  und  Knorpel  (ähnlich  wie  Taf.  II.  Fig.  5.,  nur  eine  spätere  Entwicklungsstufe), 
techts  deutliche , der  Beinhaut  zugehörige  Fasern , liuks  Verknöcherungsrand , und  zunächst  demselben  deutliche 
inorpelelemente;  in  der  Mitte  zwischen  diesen  und  den  Beinhautfasern  verwischt  sich  durch  allmaligen  Uebergang 
er  Charakter  der  Elemente  so  sehr,  dass  nur  noch  langgestreckte  Kerne  von  unbestimmter  Natur  sichtbar  sind 

Figg.  7,  8 und  9. 

eigen  den  Anfang  der  Verknöcherung. 

Fig.  7. 

Feinkörnige  Ablagerung  auf  der  innern  Oberlläche  der  Wandung  der  Knorpelzellen,  wodurch  dieselbe  leicht 
ranulirt  erscheint. 

Fig.  8. 

Stück  aus  einem  verknöchernden  Schildknorpel  des  Menschen,  in  welchem  dasselbe  wie  in  Fig.  7.,  nur  in 
inem  etwas  vorgerückteren  Stadium , sichtbar  ist.  Auch  in  der  Inlerzellularsubstanz  zeigen  sich  bereits  körnige 
iblagerungen. 

Fig.  9. 

Weiter  vorgeschrittene  Verknöcherung;  die  feinkörnige  Ablagerung  ist  zu  grösseren  Körnern  verschmolzen, 
n einigen  Zellen  linden  sich  noch  die  Kerne. 


Taf.  IV. 

Fig.  1. 

Aus  dem  Callus  einer  Taube.  Ringförmige  Anhäufung  grobkörniger  Massen  um  die  Reste  der  Höhlen  der 
.norpelzellen. 

Fig.  2. 

Aus  einem  verknöchernden  Rippenknorpel  des  Menschen.  — Bildung  der  Kalkkanälchen. 

i Fig.  3- 

Aus  einem  verknöchernden  menschlichen  Schildknorpel.  — Mehr  oder  weniger  vollständig  verknöcherte 
norpelzellen. 

Fig.  4. 

Aus  dem  Callus  einer  Taube.  — Vorgerücktere  Ausbildung  der  Kalkkanäle. 

Fig.  5. 

Isolirte  Knochenzellen  von  verschiedenen  Stadien,  aus  dem  Callus  von  Tauben. 

Fig.  6. 

Zellen  aus  den  steinigen  Concrementen  einer  Birne. 


Siehe  Nachtrag. 


Taf.  V. 

Fig.  1. 


Fig.  2. 

In  der  Verknöcherung  begriffene  Knorpelzellen  aus  dem  Verknöcherungsrand  zwischen  Epiphyse  und  Dia 
physe  des  Oberschenkels  einer  jungen  Katze. 

Fig.  3. 

Aus  dem  Callus  einer  Taube.  Durchschnitt  eines  Markkanals,  Verknöcherung  der  zunächst  gelegenen  Knoi 
pelzellen. 

Fig.  4. 

Aus  einem  LängenschlifI  eines  Pferdezahns.  Knochenkörperchen  mit  zum  grössten  Theil  isolirten  Knochen 
zellen  am  Rand  des  Cäments  gegen  den  Schmelz.  In  einer  der  Knochenzellen  zeigen  sich  neben  dem  grösserei 
deutlich  sichtbaren  Knochenkörperchen  zwei  kleinere,  undeutlichere. 


XIII 


Nachtrag. 


Nach  Vollendung  gegenwärtiger  Arbeit  beobachtete  H.  Prof.  Köl liker  bei  der  Untersuchung  rhachiti- 
clier  Knochen  eine  Art  des  Uebergangs  der  Knorpel  — in  Knochenele  in  eilte,  welche  mit  der  von  mir 
gefundenen  vollständig  übereinstimmte.  Da  jedoch  der  Verknöcherungsrand  dieserKnochen  auf  eine  überraschend 
•chöne  W eise  alle  die  verschiedenen  beschriebenen  Stadien  der  Verknöcherung  auf  Einem  Schnitte  neben  ein- 
mder  erkennen  lässt,  so  hatte  derselbe  die  Güte,  mir  diese  Beobachtung  zur  Benutzung  zu  überlassen,  und 
ch  freue  mich,  in  Fig.  1.  Taf.  V.  noch  eine  Abbildung  des  angegebenen  Verhältnisses  beifügen  zu  können. 

Man  sieht  an  dem  untern  Rand  des  Präparats  noch  deutliche  Knorpelzellen , zum  Theil  mit  verdickter 
Aandung,  welche  gegen  den  obern  Rand  hin  allmälig  zu  Knochenzellen  sich  umgestalten,  die  frei  in  einer 
lurchsichtigen  Interzellularsubstanz  gelagert  sind.  In  manchen  Knorpelzellen  findet  man  Tochterzellen,  deren 
ede  lür  sich  den  Verknöcherungsprozess  durchläuft,  und  es  wird  dadurch  zugleich  eine  Erklärung  für  das  bei 
•ig.  4.  Taf.  \.  erwähnte  Vorkommen  mehrerer  Knochenkörper  in  Einer  Knocheuzelle  gegeben. 


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Geschichtlicher  Ueberhlick. 


ifachdem  über  die  Heilung  der  gebrochenen  Knochen  bis  gegen  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  Geschichtlicher  Uebcr- 
e Ansicht  Galen’s  als  die  einzige  dagestanden  hatte,  nach  welcher  die  Vereinigung  gebrochener  Knochen  b,ic,< 
irch  dazwischengelagerten  Callus  geschehe,  gleichsam  einen  Leim,  der  um  die  Bruchränder  herwachse  und 
is  der  überschüssigen  Nahrung  des  gebrochenen  Knochens  selbst  sich  hervorbilde:  — drängten  sich  von  je- 
;m  Zeitpunkte  an  in  rascher  Reihenfolge  die  widersprechendsten  Meinungen  über  den  Antheil , den  die  ver- 
miedenen Gewebe  der  Umgebung  des  Bruchs  vom  Augenblick  der  Continuitätstrennung  bis  zur  vollendeten 
eilung  nehmen,  und  über  die  Veränderungen,  welche  sie  in  dieser  Zeit  erleiden.  Es  wurde  der  ganze  Prozess 
üd  als  ein  besonderer,  im  normalen  Leben  kein  Analogon  findender,  aufgefasst,  bald  nur  «als  eine  durch 
issere  Veranlassung  gegebene,  modifizirte  Wiederholung  der  normalen  Entwicklung  des  Knochens  geltend 
;macht. 

Von  sämmtlichen  Forschern  wurde  indess  angenommen,  dass,  sobald  ein  Knochenbruch  erfolgt  sey,  der 
rguss  einer  Flüssigkeit  auftrete,  über  deren  Ursprung,  Natur  und  weitere  Schicksale  aber  die  Ansichten  sehr 
■theilt  waren.  Während  es  die  Einen  bei  dem  einmaligen  Erguss  einer  Flüssigkeit  überhaupt  bewenden 
essen  und  dafür  (indem  sie  es  theils  als  solches  wirklich  erkannten,  theils  aber  sich  um  die  Eigenschaften 
ul  den  Ursprung  desselben  nicht  bekümmerten)  bald  das  aus  den  zerrissenen  Befassen  ergossene  Blut,  bald 
gentliches  Exsudat  und  Entzündungsprodukt  von  irgend  woher  in  Anspruch  nahmen:  nahmen  dagegen  Andere 
),  dass  zu  verschiedenen  Zeiten  Erguss  von  verschiedenen  Flüssigkeiten  um  die  Fraktur  erfolge,  welche  bei 
■r  Heilung  eine  mehr  oder  weniger  wesentliche  Bolle  spielten,  und  wollten  in  dem  gleich  nach  dem  Bruch 
folgenden  Austreten  von  Flüssigkeit  nur  ein  Blutextravasat  erkennen.  Dieses  sollte  entweder  keinen  weiteren 
nfluss  auf  die  Callusbildung  üben  und  durch  Resorption  allmälig  verschwinden,  oder  aber  sollte  dasselbe, 
enn  nicht  eine  Hauptrolle  spielen,  wie  unter  Andern  Hunter,  Meckel  wollen,  (die  dieses  Blut  sich  orga- 
siren  und  die  Grundlage  des  Callus  bilden  lassen),  gleichwohl  nicht  unbedeutenden  Veränderungen  initer- 
orfen  und  für  die  Heilung  von  Bedeutung  seyn. 

Es  erscheint  zweckmässig,  bei  Erörterung  der  verschiedenen  Theorieen  über  Heilung  der  Knochenbrüche 
vei  Perioden  zu  unterscheiden. 

In  der  ersten  gilt  die  Callusbildung  als  das  Produkt  entweder  Eiues  Organs  allein,  oder  aber, 
enn  auch  als  Resultat  des  Zusammenwirkens  verschiedener  Gewebe,  so  doch  durch  gleichzeitige  Thätigkeit 
•rselben  gegeben,  sie  erscheint  als  Ein  Akt,  der  mit  der  erreichten  Verknöcherung  des  Callus  vollendet 
:.  — Zwei  Ansichten  sind  es  hauptsächlich,  die  in  Hinsicht  auf  den  Ursprung  des  Callus  sich  entgegen- 
aten,  wie  wir  diesen  Streit  selbst  bis  in  die  neueste  Zeit  fortgeführt  finden.  Während  nämlich  nach 
r einen  Ansicht  die  Weichtheile  allein  dem  Callus  seine  Entstehung  geben,  soll  diese  nach  der  andern  dem 
lochen  zuzumessen  seyn.  — Beiderlei  Meinungen  zählten  zahlreiche,  zum  Theil  leidenschaftliche,  Vertheidiger. 
dess  scheint  es,  dass  bei  manchen  derselben  nicht  sowohl  verschiedene  Deutung  derselben  Objekte,  als  viel- 
ehr der  Imstand  die  Ansichten  bestimmte,  dass  nicht  unterschieden  wurde  zwischen  der  Heilung  der  Knochen- 

1 


2 


brüche  per  primam  und  jener  per  secundam  intentionem , und  es  finden  ohne  Zweifel  nur  darin  die  so  abwe 
ebenden  Resultate  von  Bonn,  van  Heekeren,  sowie  von  Scarpa,  Leveille,  Boyer,  Richeran 
und  Bicliat  ihre  Erklärung.  — Als  Vorkämpfer  jener  beiden  Partheien  aber  traten  Du  Hamei  und  A 
brecht  Haller  auf. 

Du  Hamei  suchte  im  Jahr  1742  die  Uebereinstimmung  der  Bildung  der  Knochen  überhaupt  mit  di 
Callusbildung  bei  gebrochenen  Knochen  nachzuweisen;  er  Hess  den  Callus  auf  die  Weise  sich  bilden,  da: 
sowohl  das  äussere  als  das  innere  Periost  anschwelle,  härter  werde  und  verknöchere;  der  Knochen  selbst  soll 
zur  Callusbildung  nicht  beitragen. 

Seine  Ansicht  theilten  Fougeroux,  Schwenke  und  A.  Nach  3Iarrigues  sollten  die  innej 
Schichten  des  Periosts  und  der  Markhaut  erweitert,  ihre  Zwischenräume  vergrössert  werden,  und  in  diese  sic 
erdige  Substanz  ablagern.  Zugleich  wies  er,  durch  Darstellung  des  Knorpels  aus  dem  Callus  mittelst  Salzsäur 
die  ohnedem  von  Haller  anderwärts  selbst  widersprochene  Ansicht  desselben  zurück,  dass  der  Callus  ein  ui 
organisches  Concrement  sey. 

Blumenbach  Hess  den  Callus  aus  einem  erst  weichen  und  gallertigen,  allmälig  knorplig  und  zulet; 
knöchern  werdenden  Exsudat  aus  den  zerrissenen  Gefässen  der  Beinhaut  entstehen. 

Koeler  schreibt  den  Erguss  der  genannten  gallertigen  .Masse,  als  der  Grundlage  des  künftigen  Callu 
theilweis  dem  Knochen,  theilweis  der  Beinhaut  zu;  glaubt  aber,  dass  unter  Umständen,  wo  vermöge  der  b 
sondern  Beschaffenheit  des  Bruches  aus  den  Brucheudeu  selbst  nicht  exsudirt  werden  könne,  der  Callus  anfanj 
nur  aus  dem  Erguss  des  Periosts  sich  bilde. 

Macdonald  suchte  das  Bildungsmaterial  für  den  Callus  im  Blut,  und  seine  hauptsächliche  Bildung 
statte  im  Periost;  unter  ihm  werde  Blut  ergossen,  welches  gerinne,  nachher  seine  Farbe  verliere  und  ve 
knöchere. 

Troja  erkennt  in  der  Beinhaut  das  Organ,  in  dem  das  flüssige  Material  zur  Bildung  von  Knochensu 
stanz  bereitet  wird,  aber  sie  selbst  soll  nicht  verknöchern;  doch  gibt  er  später  zu,  dass  das  Periost,  obscln 
nur  zufällig,  selbst  verknöchern  könne,  wenn  es  mit  später  verknöchernder  Gallerte  angefüllt  werde. 

Boettchcr  erklärte  sich  die  Callusbildung  auf  doppelte  Weise:  es  solle  das  eine  Mal  Knochenmasse 
die  Schichten  des  Periosts  sich  ergiessen,  das  andre  Mal  aus  den  Gefässen  der  Bruchenden  gallertige  .Masse  e 
sudiren,  worin  sich  Gefässe  bilden,  und  diese  zuletzt  knöchern  werden;  doch  gibt  er  die  Bedingungen  nie 
an,  unter  denen  das  Eine  oder  das  Andere  stattfinden  soll. 

Von  den  Genannten  abweichend  hatten  sich  vor  Du  Hamei  die  Früheren,  Galen’s  Ansicht  folgen 
die  Bildung  des  Callus  so  vorgestellt  , dass  derselbe  aus  einem  ausgesclnvitzten  und  geronnenen  „Succus  os.‘ 
ficus“  hervorgehe;  so  behauptete  z.  B.  Boerhave,  au  allen  Punkten  des  gebrochenen  Knochens  Averde  Knc 
pel  exsudirt,  der  sofort  verknöchere.  — Ehe  noch  Du  Hamei  mit  seiner  neuen  Ansicht  aufgetreten  war,  hat 
Petit  die  Ansicht  aufgestellt,  dass  die  Vernarbung  der  Knochen  auf  dieselbe  Weise  und  nach  denselben  G 
setzen  vor  sich  gehe,  Avie  in  den  Weichthcilcu , und  dass  die  Lymphe  in  den  Knochenkanälen  auf  die  Bruc 
enden  sich  ergiesse  und  an  der  Aus tr i ttss teile  jedes  Kanälchens  gerinne,  der  nächst  folgende  Tropfen  dadurj 
sich  einen  Weg  suche  und  gleichfalls  gerinne  und  s.  f. , also  etwa  in  ähnlicher  Weise,  Avie  die  Tropfsteinb 
duug  vor  sich  geht,  bis  von  beiden  Seiten  die  dem  alten  Knochen  ähnliche  Masse  zusammenstosse  und  venvach; 

Haller  und  mit  ihm  manche  Andere  kämpften  eifrig  gegen  die  zuerst  von  Du  Hamei  ausgcsproche, 
Entstehung  des  Callus.  Er  Hess  ihn  aus  einem  besondern  „Succus  ossificus“  hervorgehen,  der  vom  Knoch 
ausgesclnvitzt  Averden  sollte,  und,  Avie  aus  den  Versuchen  von  Detlef  ersichtlich,  nichts  anderes  vorstellt , i 
den  Erguss  von  Blut  ZAvischen  die  Bruchenden,  das  allmälig  sich  entfärbte.  Diesen  hatten  Du  Hamei  u 
Andere  gleichfalls  bemerkt,  ohne  jedoch  grossen  Werth  darauf  zu  legen,  indem  sie  ihn  Avieder  durch  Resorpti 
entfernt  Averden  Hessen.  — In  Uebereinstimmung  mit  Haller  und  Detlef,  jedoch  mit  Annahme  eines  andti 
Ursprungs  des  Ergusses,  liess  auch  Macdonald  dieses  Blut  sich  organisiren  und  die  eigentliche  Grundla. 
des  Callus  bilden. 

Nach.  Hunter  entstehen  in  dem  geronnenen  Bluterguss  um  die  Bruchenden  Gefässe;  die  Bruchend 
sollen  sich  entzünden  und  ein  Exsudat  liefern,  zugleich  aber  Aveich  und  sehr  gefässreich,  die  scharfen  Ränq 


3 


•er  resorbirt  werden.  Die  Verknöcherung  nimmt  vom  Knochen  selbst  ihren  Anfang  und  schreitet  von  da  ge- 
rn die  dazwischen  liegende  Substanz  fort,  obschon  sie  auch  hier  an  mehreren  Orten  auftreten  kann. 

Nach  Soemm erring  würden  die  Knochen  in  der  ersten  Zeit  eigentlich  verklebt,  die  Bruchränder  soll- 
n sich  in  der  Weise  erweichen,  dass  sie  eine  sehr  gcfässreiclie  Gallerte  darstellen;  zugleich  sollte  sich  zwi- 
hen  sie  eine  belebte  klebrige  Masse  ergiessen,  die  binnen  wenigen  Wochen  vollständig  zu  Knochenmasse 
cli  umgestalte. 

Mit  Dupuytren  beginnen  wir  billig  einen  neuen  Zeitabschnitt,  indem  er  es  war,  der  zuerst  im  Jahr 
H5  nachwies,  dass  man  sich  bis  daher  den  Prozess  zu  einfach  vorgestellt,  und  der  darum  die  Wissenschaft 
3i  die  Unterscheidung  der  Begriire  des  provisorischen  und  definitiven  Callus  bereichert  hat.  Wir 
mn  diess  um  so  mehr,  als  seine  Theorie  von  da  an,  nur  mit  mehr  oder  weniger  Abänderung,  im  Wesentlichen 
irch  fast  sämmtliche  neuere  Schriften  sich  hindurchzieht.  Dupuytren  dehnte  die  von  Du  Hamei  aufge- 
ellte  Ansicht  über  Callusbildung  weiter  aus  und  wollte  gefunden  haben,  dass  ausser  der  Beinhaut  auch  noch 
is  darüberliegende  Zellgewebe,  Sehnen,  selbst  die  tieferen  Muskclparthieen  in  die  Verknöcherung  eingehen. 
: unterscheidet  2 Hauptstadien  der  Heilung:  1)  Das  Markgewebe  beider  Bruchenden  verwächst,  bildet  inner- 
ilb  gleichsam  einen  knöchernen  Pfropf,  während  zu  gleicher  Zeit  die  umliegenden  Weichtheile,  Periost,  Zell- 
•webe,  Muskeln  verknöchern  und  einen  Ring  um  die  Bruchstelle  bilden,  innerhalb  dessen  sich  der  Bruch  be- 
idet.  Die  Bruchenden  selbst  sind  noch  nicht  vereinigt,  weshalb  der  Callus  noch  wenig  Widerstand  zu  leisten 
mag;  er  nennt  diese  beiden  Callusmassen  den  provisorischen  Callus.  Dieses  Stadium  hat  binnen  30 
ler  40  Tagen  seine  Vollendung  erreicht.  — 2)  Indem  nun  nach  Verlauf  von  4 — 5 Monaten  die  in  die  Mark- 
ihle ergossene  Knochensubstanz  resorbirt  wird  und  ausserhalb  Periost,  Zellgewebe  und  31uskeln  in  den  nor- 
alen  Zustand  zurückkehren,  was  in  S — 12  Monaten  erst  geschehen  ist,  beginnen  gleichzeitig  die  Bruchenden 
lbst  sich  mittels  einer  durch  einen  neuen  Heilungsprozess  gebildeten  Callusmasse  zu  vereinigen,  und  damit 
. der  definitive  Callus  gebildet  und  die  Fraktur  geheilt. 

Kaum  hatte  Dupuytren  diese  Theorie  aufgestellt,  als  auch  schon  unter  seinen  Landsleuten  Cruveil- 
ier  sic  nach  eigenen  Untersuchungen  als  richtig  nachzuweisen  suchte,  Delpech  aber,  früher  mit  Haller 
mimend,  gleichfalls  sammt  Boy  er  und  Beclard  dieselbe  annehmen.  Aber  rasch  verschaffte  sich  dieselbe 
in  allenthalben  auch  ausserhalb  Frankreichs  Gränzen  Anhänger  und  das  ganze  ärztliche  Publikum  wandte 
czt  seine  Aufmerksamkeit  auf  die  seither  übersehene  spätere  Callusbildung. 

Brescliet  und  Villerme  machten  wenige  Jahre  nachher  über  denselben  Gegenstand  neue  Unter- 
chungen  bekannt.  Sie  statuirten  mit  Dupuytren  einen  doppelten  Boden  für  die  Bildung  des  Callus;  es 
Ille  ein  Callus  auf  der  äussern  sowohl  als  der  innern  Oberfläche  der  Bruchenden  auftreten,  aber  in  spätem  Zeiten 
ieder  verschwinden , während  zwischen  den  Bruchenden  selbst  derselbe  Prozess  der  Knochenneubildung  auf- 
?te.  Dieselben  erscheinen  anfangs  mit  coagulirtem  Blut  bedeckt,  in  welchem  bald  eine  klebrige  Materie  zum 
irschein  komme,  welche  allmäiig  an  Menge  und  Festigkeit  zunehme,  aus  der  Markhöhle  zu  kommen  scheine 
id  jene  Bruchränder,  die  vom  zehnten  Tag  an  einigermassen  abgerundet  und  glatter  werden,  überziehe  und 
letzt  mit  den  angränzenden  Weichtheilen  verwachse;  — diese  wäre  die  jetzt  so  wichtig  gewordene  Sub- 
antia  intermedia.  Jene  Knochenbildung  zwischen  den  Bruchenden  soll  mit  der  Zeit  mehr  und  mehr 
i Festigkeit  zunehmen  und  nimmer  verschwinden.  Ersterer  Callus  entspräche  also  Dupuytren ’s  provisori- 
hem  Callus,  lelzterer  seinem  definitiven. 

Howship  stimmte  in  Bezug  auf  die  Entstehung  des  Callus  wieder  mit  der  früher  von  Macdonald 
^gesprochenen  Annahme  überein  und  war  der  Ansicht,  dass  der  Callus  aus  dem  Bluterguss  hervorgehe,  der 
den  Weichtheilen,  den  Räumen  der  Beinhaut,  zwischen  den  Bruchenden  selbst  sich  vorfinde;  derselbe  sollte 
:h  nach  und  nach  entfärben,  Gefässe  bekommen;  die  Beinhaut,  in  welcher  sich  dieser  Prozess  zuerst  und 
i raschesten  entwickle,  sollte  nach  und  nach  in  Knorpel  übergehen  und  s.  f.  Die  Bruchränder  fand  er  in 
■iner  Weise  verändert,  weder  erweicht,  noch  aufgetrieben. 

Me  ding  unterscheidet  eine  zeitige  und  eine  spätere  Ossification ; nach  ihm  geht  die  neue  Knochen- 
bstanz  aus  der  Beinhaut  hervor,  die  nicht  selbst  in  die  Verknöcherung  eingeht,  sondern  nur  das  Material 
- zu  liefert,  in  der  Oberfläche  des  Knochens  soll  keinerlei  Veränderung  stattfinden  (keine  Anschwellung,  keine 


4 


Erweichung),  aber  dadurch,  dass  in  der  Folge  die  Knochensubstanz  resorbirt  werde  und  zahlreiche  Gefäss 
auftreten,  eine  organische  Vereinigung  zwischen  altem  und  neuem  Knochen  zu  Stand  kommen;  übrigens  em 
steht  seine  spätere  Ossification  durch  Verknöcherung  der  Substantia  intermedia. 

M.  J.  Weber  spricht  von  einer  vorübergehenden  und  bleibenden  Ossification.  Erstere  lässt  t 
sich  so  bilden,  dass  die  Bruchenden,  soweit  sie  von  der  Beinhaut  entblöst  sind,  schwinden  und  in  Erweichun 
übergehen,  daher  eine  Abrundung  der  Ränder  erfolge;  da,  wo  noch  die  Beinhaut  anhängt,  soll  sie  sammt  dei 
Knochen  anschwellen  und  sich  erweichen.  Die  losgetrennte  Beinhaut  nun  entzünde  sich,  schwelle  an  und  li« 
ferc  plastische  Lymphe,  nehme  faserknorplige  Consistenz  an  und  endlich  Knochensubstanz  in  sich  selbst  ar 
und  ergiesse  solche  im  ganzen  Umfang  der  Fraktur,  wodurch  eine  Anlöthung  an  den  Knochen  zu  Stand  komm) 
Sehnen  und  Zellgewebe  zunächst  der  Beinhaut  nehmen  an  dieser  Veränderung  gleichfalls  Antheil ; in  der  Marl 
höhle  trete  in  Folge  von  Entzündung  der  Markhaut  gleichfalls  Knochenneubildung  auf.  Diese  Ossification  wäi 
aber  nur  vorübergehend:  denn  jetzt  trete  ein  Erguss  plastischer  Lymphe  zwischen  den  Bruchrändern  selb 
auf,  der  von  dem  Zellgewebe  zunächst  den  Bruchrändern  ausgehe,  welches  sich  in  eine  pleuraähnliche  Membre 
umgcstalte;  diese  Exsudation  werde  gallertig,  später  knorplig,  und  es  treten  Knochenlamellen  in  ihr  auf,  ui 
zwischen  ihnen  und  den  Bruchrändern  werde  eine  organische  Vereinigung  hcrgestellt,  während  jenes  Zellgewel 
Beinhaulnatur  annehme.  Im  äussern  Umfang  des  Bruchs  falle  jetzt  die  Knochensubstanz  aus  der  Beinha 
nach  und  nach  der  Resorption  anheim  und  verschwinde  durchaus;  in  gleicher  Weise  stelle  sich  das  Lumt 
der  Markhöhle  durch  Resorption  der  Knochensubstanz  her,  doch  nie  ganz,  indem  zwischen  beiden  Fragment« 
eine  knöcherne  Scheidewand  stehen  bleibe. 

Wenig  davon  abweichend  stellt  Gendrin  die  Ansicht  auf,  dass  sowohl  ausser-  als  innerhalb  der  Bruc 
enden  aus  dem  gelockerten  und  aufgctricbenen  Knochen  Knochensubstanz  hervordringe,  während  gleichzeit 
Beinhaut  und  Zellgewebe  um  die  Bruchstelle  herum  ebenfalls  anschwelle  und  sich  in  eine  faserknorplige  Mas 
verdichte,  worin  Knochenpunkte  auftreten.  Auf  diese  Weise  entstehe  eine  Knochenkapsel  um  die  Frakti 
Auf  der  innern  Seite  soll  eine  weiche  Substanz,  aus  der  Markhöhle  kommend,  den  übrigen  Raum  ausfüll 
und  sich  an  die  Bruchenden  anlegen,  deren  beide  Seiten  resorbirt  werden  und  zahlreiche  rothe  Punkte  zeige 
diese  Substantia  intermedia  gehe  allmälig  in  eine  röthliche , knorpelharte  Masse  über,  in  der  Knochenpunk 
auftreten.  Dieser  Prozess  schreite  nach  Aussen  fort,  so  dass  der  Knorpel  endlich  ganz  darin  untergehe,  u 
die  Vereinigung  der  Fraktur  sey  damit  gegeben.  * j 

Br o die  nimmt  3 Perioden  bei  der  Heilung  der  Brüche  an,  wovon  die  beiden  ersten  der  Bildung  i 
provisorischen  Callus  entsprechen,  ohne  dass  er  die  Bruchenden  selbst  Antheil  nehmen  lässt;  die  letzte  umfa; 
die  Verbindung  beider  Bruchenden  selbst  durch  Knochensubstanz,  während  der  provisorische  Callus  nach  u 
nach  verschwindet.  » j 

Im  Jahr  1S36  machte  Friedr.  Mi  es  eher  (De  inflammatione  ossium  eorumque  anatome  generi  # 
Berolini  1836)  über  den  vorliegenden  Gegenstand  neue  Untersuchungen  bekannt.  Er  gibt  (auf  Seite  141  u fi 
142)  nach  denselben  folgende  Darstellung  des  Prozesses:  In 

Der  Callus  bildet  sich,  wie  bei  jeder  Heilung  per  primam  intentionem,  durch  eine  exsudative  Entzündu  i 
aller  durch  die  Fraktur  verletzten  Theile,  der  knöcherne  Callus  aber  verdankt  seinen  Ursprung  einer  Exsudati 
von  Seiten  des  Knochens.  — Die  Entzündung  tritt  erst  in  den  Weichtheilen , Periost,  Zellgewebe,  iMuslt  | 
auf;  sie  alle  schwellen  an,  werden  hart,  verwachsen  unter  einander  und  schliessen  die  Bruchstelle  gleichsn 
in  eine , hinreichend  feste , Kapsel  ein.  Die  entzündliche  Exsudation  gibt  sich  am  reichlichsten  kund  auf  1 1(] 
innern  Oberfläche  dieser  Kapsel,  wo  eine  röthliche,  halbflüssige  Substanz  sich  erzeugt,  welche  allmälig  Festig 
keit  und  Gefässe  und  nicht  selten  das  Ansehen  von  Granulationen  (Caruuculai)  bekommt.  Aus  dem  Markgewc  r; 
sprosst  durch  gleichzeitige  Entzündung  an  der  Bruchstelle  eine  weiche,  röthliche  Substanz,  welche  die  Brn 
ränder  überzieht,  mit  dem  Exsudat  der  Weichtheile  verschmilzt  und  so  die  Substantia  intermedia  darstcjij 
Dieses  ganze,  von  den  entzündeten  Weichtheilen  gelieferte,  Exsudat  wandelt  sich  in  ein  zeilig-fibröses  Gew« ;f| 
um  und  füllt  die  Zwischenräume  zwischen  den  Fragmenten  aus,  während  Muskeln,  Zellgewebe  und  Periost 
mälig  in  den  normalen  Zustand  zurückkehren.  — Jetzt  wird  der  Knochen  selbst  von  der  Entzündung  ergril 
und  zwar  zuerst  an  den  Stellen,  wo  der  Blutzufluss  und  die  Ernährung  ungestört  geblieben  ist,  d.  h.  auf 


ö 


issern  Oberfläclie  des  Knochens  da,  wo  das  Periost  vom  Knochen  nicht  losgerissen  wurde,  auf  der  innern 
berfläche  dagegen  da,  wo  die  Gefässe  des  Marks  und  des  Knochens  noch  unter  einander  Zusammenhängen, 
ier  wird  eine  weissröthliche , durchscheinende,  gallertartige  Flüssigkeit  ausgeschwitzt,  die  sich  von  dem  Ex- 
idat  der  entzündeten  Weichlheile  nicht  unterscheidet.  Diese  wird  durch  neugebildete  Gefässe  in  ihr  allmälig 
i organisirtem  Gewebe,  und  während  sie  auf  der  einen  Seite  an  Menge  zunimmt,  wandelt  sie  sich  auf  der 
idern,  und  zwar  vorerst  da,  wo  sie  mit  dem  Knochen  in  Verbindung  steht,  in  Knorpel-  und  Knochensubstanz 
n.  So  wird  die  Markröhre  zunächst  der  Fraktur  durch  neugebildete  Knochenmasse  verschlossen,  und  ausser- 
*lb  schreitet  diese  Masse  allmälig  und  von  beiden  Bruchenden  gegen  die  Bruchstelle  hin  fort,  überragt  die 
ltblöste  Oberfläche  der  Bruchränder  und  wächst,  je  unter  Umständen,  entweder  im  ganzen  Umfang  oder  nur 
ellenweise  von  beiden  Seiten  zusammen.  — Diess  ist  die  Bildung  des  ersten  Callus  (Provisorischer  Gallus 
ich  Dupuytren). 

Während  dessen  wächst  die  vorher  entblöste  Oberfläche  des  Knochens  mit  der  aus  den  Weichtheilen 
ad  dem  hervorragenden  Theil  des  früheren  Callus  selbst  gebildeten  Kapsel,  die  Bruchränder  aber  mit  der 
ubstantia  intermedia  zusammen.  Dadurch  wird  ein  Säftezufluss  hergestellt,  und  es  tritt  auch  hier  die  Bildung 
an  Knochensubstanz,  d.  h.  die  Bildung  des  zweiten  Callus,  auf  (Definitiver  Callus  nach  Dupuytren), 
on  allen  den  genannten  Stellen  her  also  wächst  neue  Knochenmasse  hervor  und  schreitet  gegen  einander 
irt;  die  Substantia  intermedia,  die  indessen  ligamentose  Struktur  angenommen  hat,  wird  weggetrieben , und 
) kommen  sie  endlich  von  allen  Seiten  zusammen.  Es  bildet  sich  demnach  der  Callus  aus  der  Knochensub- 
anz,  welche  von  beiden  Bruchendeu  allenthalben  zunächst  der  Fraktur  zum  Vorschein  kommt,  und  ganz  auf 
ieselbe  Weise,  wie  der  ursprüngliche  Knochen,  erreicht  er  allmälig  seine  Vollendung.  Dann  stellt  er  einen 
heil  des  Knochens  selbst  dar  und  verwächst  mit  demselben  zuletzt  so  in  Eines,  dass  man  oft  selbst  unter 
cm  Mikroskop  nicht  im  Stand  ist,  zu  unterscheiden,  was  dem  Callus,  was  dem  alten  Knochen  angehört. 

Obgleich  seit  Miescher  noch  Mehrere  mit  Bearbeitung  desselben  Gegenstandes  aufgetreten  sind,  so 
at  sich  doch  Miesch  er ’s  Ansicht  wenigstens  in  Deutschland  am  meisten  Anhänger  erhalten.  — Mit  ihr 
timmt  im  Wesentlichen  auch  Rokitansky  überein  (vergl.  sein  „Handbuch  der  patholog.  Anatomie,  Wien 
S44“,  Band  I.  Seite  154  und  folgende). 

P.  Flourens,  dessen  Ansicht  — eine  Reproduction  der  a’ten  Du  Hamerschen  — noch  am  meisten 
ufmerksamkeit  auf  sich  gelenkt  hat,  kommt  in  seinem  Werk:  „Recherches  sur  le  de'veloppement  des  os  et 
es  denls.  Paris  1842/’  bei  Gelegenheit  der  Bildung  neuer  Knochensubstanz  auf  die  in  derselben  Weise  zu 
fände  kommende  Heilung  der  gebrochenen  Knochen  zu  sprechen  und  sieht  in  dem  sog.  provisorischen  Callus 
ur  ein  Produkt  aus  den  zerrissenen  Gefässen  des  Perjosts  oder  der  benachbarten  Weichtheile;  er  nimmt  kei- 
en  Bruch  an  ohne  Zerreissung  des  Periosts  oder  selbst  der  benachbarten  Theile,  wodurch  Erguss  von  Lymphe, 
on  Blut  gegeben  sey,  die  hernach  verhärten.  Der  eigentliche  Callus  entsteht  nach  seiner  Ansicht  durch  Ver- 
nöcherung  eines  Theils  des  Periosts.  Aeusseres  und  inneres  Periost  machen  eine  Reihe  von  Umwandlungen 
urch,  indem  es,  anfangs  häutig,  sofort  in  einen  fasrig-gallertigen  Zustand  übergeht,  nachher  zu  Knorpel  und 
ulctzt  zu  Knochen  wird. 

Die  Art  und  Weise, -wie  sich  Lebert  (Physiologie  pathologique.  Paris  1845.  Tome  II.  435  — 477) 
her  den  Heilungsprozess  der  Knochenbrüche  ausspricht,  konnte  nicht  geeignet  seyn,  seiner  Ansicht  viele  An- 
änger  zu  verschaffen.  Er  lässt,  soviel  ich  aus  seiner  nicht  ganz  klaren  Darstellung  entnehmen  konnte,  das 
en  Callus  bildende  Exsudat  an  den  beiden  Endpunkten  des  Callus  an  beiden  Fragmenten  entstehen  und  den 
’allus  von  Aussen  nach  Innen  zwischen  die  Bruchenden  hineindringen  und  mit  der  Markhaut  verwachsen;  er 
rkenut  keinen  in  der  Markhöhle  sich  bildenden  Callus  an. 

B.  Hei  ne ’s  Versuche  bedaure  ich  nur  aus  den  wenigen  Notizen  in  der  „Zeitschrift  für  rationelle  Me- 
lizin  von  Heule  und  Pfeufer“  Jahrgang  2.  Seite  219  zu  keimen,  da  mir  die  Origiualabhandlung  nicht  zu 
iebot  stand. 


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! 


I. 


Darstellung  des  Heilungsprozesses  gebrochener  Knochen  nach  eigenen 

Untersuchungen. 

Darstellung  des  Hei-  Die  erste  anatomische  Veränderung,  welche  sich  im  Gefolge  eines  Knochenbruchs  einstellt,  ist  de 

lungsprozesses  nach  Erguss  von  Blut  zwischen  und  in  die  benachbarten  Gewebtheile.  Die  allgemeinen  Decken  zeigen  sich  darui 
eigenen  Untersu-  mejir  jjaj(j  Weniger  in  ihrer  Farbe  verändert,  je  nach  der  Art  des  Bruches,  der  Art  und  Dauer  der  Ge 
chungen.  walt,  welche  eingewirkt  hatte.  Nicht  selten  haben  sie  entweder  durch  letztere  selbst  in  verschiedenem  Gra 

in  ihrer  Continuität  Veränderungen  erlitten,  die  bald  oberflächlich  bleiben,  bald  tiefer  greifen,  oder  ist  eine 
oder  das  andere  der  Bruchenden  von  Innen  nach  Aussen  verschieden  weit,  selbst  bis  unter  die  allgemeine 
Decken  vorgedrängt,  die  sogar  noch  von  ihnen  durchbrochen  werden  können,  wodurch  dann  das  Bruchend 
frei  zu  Tag  kommt.  — Unter  den  allgemeinen  Decken  findet  sich  gewöhnlich  in  verschiedener  Menge  und  Aus 
dehnung  Blutextravasat.  In  gleicher  Weise  trifft  man  auch  zwischen  den  Muskeln  Bluterguss;  die  oberfläcb 
liehen  oder  tieferen  Muskelparthieen  oft  zerrissen  und  gleichfalls  von  Extravasat  durchdrungen.  Die  Beinhai 
zeigt  sich  bald  unverletzt,  bald  ist  sie  zerrissen,  letzteres  namentlich  bei  Schiefbrüchen  und  Splitterbrüclieii 
wie  sie  namentlich  in  Knochen  älterer  Individuen  Vorkommen.  Sie  ist  bald  in  grösserer,  bald  geringerer  Aus 
aehnung  von  unterliegenden  Knochen  losgetrennt  was  sowohl  an  beiden  Bruchenden  als  an  den  verschiedene 
Stellen  eines  und  desselben  Bruchendes  verschieden  ist.  Unter  der  Beinhaut,  die  anfangs  keine  Veränderun 
zeigt , erscheint  der  Knochen  auf  jene  verschiedene  Weise  gebrochen , welche  Veranlassung  zu  der  bekannte 
Unterscheidung  von  Querbruch,  Schiefbruch,  Splitterbruch  u.  s.  w.  gibt.  Die  von  der  Beinhaut  entblöste  Obei 
fläche  der  Bruchenden  ist  glatt,  glänzend,  röthlich-  oder  gelblich -weiss;  die  Bruchränder  zeigen  dasselbe  Vei 
halten,  wie  man  es  künstlich  noch  am  mazerirten  Knochen  hervorrufen  kann,  sie  erscheinen  uneben,  zackig 
oft  in  scharfe  Spitzen  auslaufend;  ihre  Farbe  ist  nicht  verschieden  von  der  an  gesunden  Parthieen.  Zwische 
den  Bruchenden  ist,  je  nach  der  Qualität  des  Bruchs,  ein  bald  grösserer,  bald  kleinerer  Zwischenraum  zu  treffer 
der  mit  einer  zusammenhängenden,  zähen,  gallertigen  Masse  von  rotlier  Farbe  ausgefüllt  ist,  die  sich  nich 
anders  wie  ein  gewöhnliches  Blutcoagulum  präsentirt.  Diese  Masse  ist  in  verschiedener  Quantität  anzutreflen 
oft  drängt  sie  die  losgetrenute  und  nur  lose  um  die  Bruchenden  herumgelegte  Beinhaut  vom  Knochen  weg  un 
bildet  so  einen  an  den  Bruchenden  leicht  klebenden  Ueberzug  derselben.  Oefters  ist  aber  keine  Spur  eint 
solchen  blutiggefärbten,  einem  Coagulum  ähnlichen,  Masse  zu  finden,  und  man  erkennt  beim  Durchschnitt  dt 
beiden  Bruchenden  durchaus  keine  fremdartige,  dazwischengelagerte  Substanz  zwischen  den  Bruchenden,  son 
dem  die  Markhöhle  ist  durchweg  mit  gesundem,  keine  Abweichung  vom  normalen  zeigenden  Marke  angefüll 
So  findet  man  die  Sache  besonders  bei  Querbrüchen,  die  ohne  oder  mit  sehr  geringer  Verschiebung  einher 
gehen.  Anders  verhält  es  sich  allerdings  in  der  Regel  bei  grösserer  Dislokation  der  Bruchenden,  wo  jene  ei 
Avähnte  Substanz  häufiger,  wenn  auch  nicht  regelmässig,  sich  findet  und  daneben  die  Marksubstanz,  besonder 
in  der  Nähe  der  Bruchenden,  da  und  dort  blutig  tingirt  erscheint.  Ist  der  Knochen  in  Splitter  gegangen,  s! 
finden  sich  diese  an  verschiedenen  Stellen  und  sind  entweder  noch  in  Zusammenhang  mit  der  Beinhaut,  ode 
sie  sind  gänzlich  aus  der  Verbindung  mit  derselben  gelöst  und  werden  tlieils  gleichwohl  in  ihrer  normale 


i 


7 


age  fixirt,  tlieils  werden  sie  im  Augenblick  der  einwirkenden  Gewalt  durch  diese  aus  ihrer  Lage  bald  da  — 
dd  dorthin  verdrängt  und  an  dieser  neuen  Stelle  erhalten.  So  finden  sich  solche  Splitter  bald  zwischen  Bein- 
lut  und  Bruchenden,  bald  zwischen  die  Bruchenden  hineinragend,  bald  tief  in  die  Markhöhle  hineingetrieben 
s.  w.,  wo  sie  sich  auf  verschiedene,  unten  weiter  anzugebende  Weise  ferner  verhalten.  ' 

Bald  — und  diess  schon  in  den  ersten  48  Stundeu  — tritt  eine  neue  Reihe  von  Erscheinungen  auf. 

5 erfolgt  allinälig  eine  oft  bedeutende  Anschwellung  des  betreffenden  Glieds,  welche  einerseits  durch  das 

lutextravasat  hervorgerufen  wird,  das  tlieils  der  den  Bruch  selbst  veranlassenden  äussern  Gewalt,  tlieils  wohl 
ich  öfters  den  hervorgetriebenen  und  selbst  wieder  zu  Zerreissungen  Gelegenheit  gebenden  scharfen  Knochen- 
iden  und  -splittern  seine  Entstehung  verdankt;  andererseits  aber  wird  eine  Yolunisvergrösserung  des  Tlieils  durch 

e sofort  im  Gefolge  der  angegebenen  Umstände  auftretende  Entzündung  bedingt.  Das  Glied  fühlt  sich  jetzt 

ärter  an;  die  allgemeinen  Decken  darüber  zeigen  verschiedene  Färbung  (rotli,  violett,  blau,  grün,  gelb), 
uter  denselben  findet  sich  oft  eine  klebrige,  durchsichtige,  gelbliche  Flüssigkeit,  die  auch  zwischen  Faszien 
nd  Muskeln  erscheint,  wo  zugleich  das  ergossene  Blut  jetzt  verschiedene  Farbveränderungen  zeigt;  die  Mus- 
elu  selbst  sind  härter.  Die  wichtigsten  Erscheinungen  jedoch  geben  sich  jetzt  in  der  Beinhaut  kund.  Die- 
*lbe  röthet  sich,  wird  dicker,  aufgelockert,  und  zwar  der  Tlieil  der  Beinhaut,  welcher  vom  Knochen  losgelöst 
t,  docli  so,  dass  sich  diese  Veränderung  noch  eine  kleine  Strecke  weit  über  die  Stelle  hinaus  erstreckt,  wo 
so  Knochen  und  Beinhaut  noch  in  gegenseitiger  Berührung  geblieben  sind.  Zu  gleicher  Zeit  zeigt  sich  die 
mze  Innenfläche  der  losgelösten,  so  veränderten  Beinhaut  mit  einer  gelblichen,  klebrigen  Flüssigkeit  beschla- 
en,  die  sich  hauptsächlich  in  dem  Winkel  am  leichtesten  finden  lässt,  welcher  durch  den  entblösten  Knochen 
ld  die  hier  von  ihm  abgelöste  Beinhaut  gebildet  wird.  Hier  gerade  ist  auch  die  Stelle,  wo  sich  am  frühesten 
iderweitige  Veränderungen  zeigen. 

In  dieser  Ecke  nämlich  sieht  man  schon  in  den  ersten  Tagen  nach  der  Fraktur  die  Exsudatschichte 
*n  Knochen  eine  kleine  Strecke  weit  als  eine  gallertige,  selbst  knorplige  Masse  überziehen,  unter  welcher 
•r  Knochen  durchaus  keine  Veränderung  bemerken  lässt.  Dieser  blauröthliche  Ueberzug  haftet  einerseits  am 
nochen,  während  er  auf  der  andern  Seite  mit  der  Beinhaut  fest  zusammenhängt.  Bald  zeigt  er  entschieden 
mrpelartige  l’onsistenz,  und  obschon  dem  blossen  Auge  keine  weitere  Veränderung  auflallt,  so  fühlt  man 
>ch  jetzt  schon  beim  Ablösen  der  ziemlich  fest  am  Knochen  haftenden  Masse  denselben  merklich  rauh;  doch 
sst  sich  unschwer  die  glatte  Oberfläche  des  Knochens  darunter  durch  leichtes  Darüberstreichen  mit  dem 
esserrücken  hersteilen.  So  findet  es  sich  zuweilen  schon  am  zweiten  Tag  nach  der  Fraktur.  — In  sehr 
uzer  Zeit  wird  jetzt  auch  dem  freien  Auge  eine  Veränderung  sichtbar.  Da,  wo  sich  der  Knochen  rauh  ge- 
igt hatte,  erscheint  ein  dünner  Anflug  einer  kreideartigen  Masse  von  röthlich - weisser  Farbe,  die  beim  Ein- 
ocknen  des  Präparates  nicht,  Avie  die  übrigen  den  Knochen  umgebenden,  TJieile  verschrumpft , sondern 
irch  die  Aveisse  Farbe  und  die  Erhebung  über  die  Oberfläche  des  Knochens  erst  recht  deutlich  Avird.  Die 
dd  an  Dicke  zunehmende  Auflagerung  zeigt  nunmehr  die  Eigenschaften  einer  neugebildeten  Knocheusubstanz: 
3 hat  den  grössten  Durchmesser  in  einiger  Entfernung  von  dem  envähnten  Winkel  ZAvischen  Beinhaut  und 
uochen  und  nimmt  Avieder  ab  gegen  die  Bruchstelle  hin,  Avoselbst  sie  bald  bis  an  die  Bruchränder  hervor- 
icht,  bald  aber  in  grösserer  oder  kleinerer  Entfernung  davon  aufhört.  — Es  verdient  immerhin  Berücksich- 
tig, dass  diese  Auflagerung  neuer  Knocheusubstanz  nicht  an  beiden  Fragmenten  gleich  ist,  sondern  dass 
eselbe  zuerst  und  am  meisten  entAvickelt  an  dem  obern  Bruchstück  auftritt,  Avährend  an  dem  untern  oft 
»cli  keine  Spur  sichtbar  ist.  Während  diess  hier  zunächst  dem  Knochen  geschieht,  hat  auf  der  ganzen  innern 
fite  der  Beinhaut  jener  klebrige  Beschlag  allmälig  gallertige  Consistenz  angenommen  und  zeigt,  Avährend 
eichzeitiger  Zunahme  an  Dicke,  auf  dem  Durchschnitt  bald  eine  glänzende,  bläulich-  oder  röthlich  - Aveisse, 
irchscheinende  Fläche;  sie  erscheint  immer  fester,  bis  sie  die  Consistenz  eines  Aveichen  Knorpels  erreicht 
it,  von  Avelchem  sie  sich  bald  in  keiner  Weise  mehr  unterscheiden  lässt.  An  der  ganzen  Innenfläche  der 
Sgetrennten  Beinhaut  hatte  sich  bei  jungen  Tauben  innerhalb  8 Tagen  der  erwähnte  knorplige  Ueberzug  ge- 
ldet,  der  somit  von  einem  Knochen  zum  andern  überspringt,  und,  da  diess  im  ganzen  Umfang  des  Bruches 
:schieht,  dadurch  eine  Kapsel  bildet,  in  deren  Höhle  die  Bruchenden  unverändert  hineinragen,  nur  überzogen 
in  jener  rothen  Substanz,  die,  Avenn  sie  vorhanden  ist,  den  Raum  ZAvischen  den  beiden  Bruchenden  oder 


8 


auch  noch  zwischen  diesen  einerseits  und  der  Kapsel  andererseits  ausfüllt.  Je  weniger  Dislocation  der  Brucl 
enden  vorhanden  ist,  je  weniger  Zerreissung  der  Beinhaut  u.  s.  f.,  desto  gleichmässiger  geht  dieser  Proze: 
vor  sich.  — Diese  knorplige  Kapsel  nimmt  ziemlich  rasch  an  Masse  zu  und  ihre  Wandung  erreicht  da,  w 
sie  den  grössten  Durchmesser  besitzt,  durchschnittlich  nicht  den  Durchmesser  des  gebrochenen  Knochens  selbs 
Das  Glied  hat  jetzt  bereits  wieder  einige  Festigkeit  erlangt.  — Ist,  was  sehr  gewöhnlich  bei  altern  Knöchel 
der  Bruch  gesplittert,  so  erleidet  das  angegebene  Verhalten  wenig  Abänderung.  Hängt  nämlich  der  vom  übr 
gen  Knochen  losgerissene  Splitter  noch  mit  der  Beinhaut  zusammen,  so  findet  mau  das  organisirte,  kuorpl 
gewordene  Exsudat  um  und  unter  demselben;  ist  der  Splitter  durchaus  frei,  weder  mit  dem  Knochen  not 
der  Beinhaut  mehr  im  Zusammenhang,  so  wird  er  gleichfalls  und  nach  allen  Richtungen  von  der  neugebildett 
Masse  umschlossen,  und  diese  durchläuft,  hiedurch  ungestört,  die  weiteren,  nunmehr  anzugebenden,  Yeränd 
rungen.  — Die  oben  erwähnte  Verknöcherung  schreitet  nun,  während  gleichzeitig  die  knorplige  Kapsel  not 
fortwährend  an  Umfang  zunimmt,  mehr  oder  weniger  gleichmässig  fort,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  an  di 
den  Bruchenden  zugekehrteu  Seite  der  Kapsel  zuerst  eine,  nicht  geradlinig  und  scharf  abgegränzte,  in  di 
Hauptsache  aber  parallel  der  Beinhaut  und  gegen  diese  hin  fortschreitende  Lage  von  neugebildeter  Knöchel 
Substanz  auftritt,  welche  in  Farbe  und  Consistenz  die  verschiedensten  Uebergangsformen  zwischen  Knorpel  ui 
Knochen  zeigt  und  bald  mehr  bald  weniger  weit  gegen  die  Beinhaut  hin  Vorsprünge  zeigt.  Diese  Yorsprüng 
endigen  mit  einer  gegen  die  Beinhaut  gekehrten  Spitze,  während  ihre  Basis  mit  der  innern,  schon  knöchernt 
Wandung  der  Kapsel  verschmolzen  ist;  sie  entsprechen  auch  genau  einer  Reihe  von  verwaschenen,  dunklt 
Linien,  welche,  wie  an  dem  einen  Präparat  deutlicher,  an  dem  andern  weniger  ausgesprochen  zu  erkennen  is 
durch  die  knorplige  Kapsel  hindurch  von  dem  innern  Umfang  nach  der  Beinhaut  zu  verlaufen. 

Die  auf  die  angegebene  Weise  vorrückende  Verknöcherung  hat  bald  — bei  jungen  Tauben  nach  etv 
14  — IS  Tagen  — die  Beinhaut  an  allen  Stellen  erreicht  und  die  Bruchenden  sind  jetzt  von  einer  solide 
neugebildeten  Knochenmasse  wie  in  einer  Kapsel  eingeschlossen.  Die  Bruchränder  zeigen  sich  darin  not 
immer  unverändert. 

Der  jetzt  gänzlich  verknöcherte  Callus  zeigt  auf  dem  Durchschnitt  ein  gleichmässiges  Aussehen;  er  i 
in  Farbe  und  Härte  der  Kreide  nicht  unähnlich  und  mit  feinen  Markkanälchen  durchzogen.  Wenn  auch  nie 
in  allen  Fällen  eine  gewisse  Regelmässigkeit  in  der  Anordnung  dieser  letzteren  nachweisbar  ist,  so  ist  eii 
solche  doch  in  vielen  Fällen  nicht  zu  verkennen,  wo  diese  Kanälchen  deutlich  von  der  Beinhaut  gegen  d 
Bruchstelle  hin,  also  senkrecht  durch  den  Callus,  verlaufen.  — Auf  seiner  Oberllüche  zeigt  der  Callus  ve 
schiedene  Erhabenheiten  und  Vertiefungen,  welche  sämmtlich  von  der  Reinhaut  überkleidet  werden.  Die: 
letztere  erscheint  noch  etwas  verdickt  und  leichter  zerreisslich , als  im  normalen  Zustand;  sie  lässt  sich  iibi 
dem  Callus  leichter  ablösen  als  da,  wo  sie  mit  dem  alten  Knochen  in  Berührung  geblieben  ist.  Der  Calli 
zeigt  sich  unter  ihr  rauh  auf  seiner  Oberfläche  und  leicht  rölhlich  gefärbt. 

Während  dieser  ganzen  Zeit  hat  auch  in  den  Weich  theilen  eine  Veränderung  stattgefunden;  die  Ai 
Schwellung  derselben  hat  allmälig  abgenommen,  der  Bluterguss  ist  mehr  und  mehr  verschwunden,  die  allgi 
meinen  Decken  haben  nach  und  nach  ihre  gewöhnliche  Färbung  und  Consistenz  wieder  erlangt  und  der  no 
male  Zustand  stellt  sich  immer  mehr  her;  sie  bieten  für  die  weiteren  Schicksale  der  Fraktur  kaum  met 
Interesse. 

Anders  verhält  es  sich  mit  dem  Zustand  der  Markhöhle;  die  Erscheinungen  daselbst  sind  von  Wichtig 
keil.  Um  dieselbe  Zeit  etwa,  wo  sich  auf  der  äussern  Fläche  der  Bruchenden  jene,  wie  wir  gesehen,  ziemlk 
rasch  auf  einander  folgenden  Veränderungen  zeigen,  treten  ganz  entsprechende  auch  in  der  Markhöhle  au 
Auch  hier  auf  der  innern,  der  Markhöhle  zugekehrten,  Seite  der  Bruchenden  erscheint  zwar  nicht  in  alle: 
aber  doch  bei  weitem  den  meisten  Fällen  ringförmig  eine  Exsudatablagerung,  welche  dasselbe  Verhalten  zeig 
wie  die  die  Bruchenden  aussen  umschliessende  Kapsel,  doch  mit  dem  Unterschied,  dass  die  Umwandlung  i 
Knochensubstanz  in  diesem  sog.  innern  Callus  ungleich  rascher  vor  sich  geht.  Derselbe  erscheint  am  obei 
wie  am  untern  Bruchstück.  Diese  innere  neugebildete  Knochenniasse  ist  übrigens  ihrer  Menge  und  Ausdehnim 
nach  verschieden;  sie  erstreckt  sich  bald  so  weit  gegen  das  Gelenkende  des  Knochens,  wie  die  ausserhal 
abgelagerte  Schichte,  bald  bleibt  sie  auf  nur  geringe  Entfernung  von  den  Bruchrändern  beschränkt.  Sie  i 


9 


unächst  den  Bruchrändern  am  dicksten  und  verdünnt  sich  nach  der  entgegengesetzten  Seite  entweder  allmälig, 
der,  nachdem  sie  durchweg  fast  gleiche  Dicke  gezeigt,  hört  sie  oft  mit  einem  rasch  der  innern  Seite  des 
nochens  sich  nähernden  und  fast  rechtwinklig  auf  ihn  treffenden  Rand  auf.  Was  auf  der  andern  Seite  ihr 
erhalten  an  den  Bruchrändern  anbelangt,  so  zeigt  sie  auch  hierin  kein  constantes  Verhältniss,  was  mit  der 
egenseitigen  Lage  der  Bruchendeu  und  deren  Beschaffenheit  selbst  (ob  glatt  oder  gesplittert  u.  s.  w.)  zusam- 
lenzuhängen  scheint.  Es  zeigt  sich  nämlich  das  einemal  — und  diess  vorzugsweise  bei  reinen  Ouerbriichen 
- die  Knochenneubildung  bis  an  den  Bruchrand  sich  erstreckend  und  endigt  hier  in  einer  Ebene  mit  ihm; 
is  andremal  — und  diess  mehr  bei  Verschiebung  der  Bruchenden  und  unebenen  Bruchrändern  — erreicht 
e die  letzteren  nicht  und  hört  in  grösserer  oder  geringerer  Entfernung  davon  auf,  so  dass  hier  also  die 
nere  Seite  der  Bruchenden  unverändert  und  ohne  Auflagerung  erscheint.  — Die  neugebildete  Ivnochensubstanz 
illt  so  entweder  die  .Markhöhle  vollständig  aus,  indem  sie  von  allen  Seiten  in  der  Mitte  zusammentrifft , oder 
sst  sie  einen  weiteren  oder  engeren  Kanal  zwischen  sich.  Die  gegen  das  Centrum  der  Markhöhle  liegende 
iite  dieses  innern  Callus  ist  compakt,  gleichmässig  und  glatt  abgesehnitten , ohne  Hervorragungen  und  Ver- 
dungen, während  auf  der  gegen  den  Knochen  gekehrten  Seite  oft  grössere  und  kleinere  Höhlen  diesem  Tlieil 
hon  ein  spongiöses  Ansehen  geben.  Zuweilen  ist  die  Masse  vom  obern  und  untern  Bruchende  zusammen- 
‘schmolzen,  wenn  nicht  die  öfters  erwähnte  rolhe  Zwischensubstanz  sich  zwischen  sie  gelegt  hat.  Den 
lum,  welchen  dieser  innere  Callus  nicht  ausfüllt,  nimmt  normales  Mark  ein,  oder  jene  blutig  gefärbte  Sub- 
inz,  die  sich  auch  zwischen  den  Bruchenden  findet,  und  deren  Analyse  an  einem  andern  Orte  gegeben  wer- 
n soll.  — Es  ist  demnach  das  Lumen  der  Markhöhle  bald,  wenn  auch  verengt,  doch  offen  und  die  Mark- 
bslanz  beider  Bruchenden  in  Conlinuität,  wo  sich  nicht  die  letztgenannte  Substanz  dazwischengedrängt  hat; 
Id  ist  das  Lumen  verschlossen  und  dadurch  oder  durch  die  erwähnte  Substanz  eine  Scheidewand  zwischen 
in  Marke  beider  Bruchhälften  gegeben. 

Nachdem  auf  die  angeführte  Art  durch  Verknöcherung  sowohl  des  Hussein  als  des  innern  Callus  die  Con- 
idation  der  Fraktur  erfolgt  und  das  Glied  seinen  normalen  Funktionen  wiedergegeben  ist,  kann  damit  der 
ozess  noch  nicht  als  geschlossen  angesehen  werden,  sondern  es  tritt  jetzt  ein  weiteres  und  letztes  Stadium 
•,  welches  indessen  keine  bestimmte  Gränzen  zeigt.  Es  beginnt  nämlich  die  neue  Knochenmasse,  welche  die 
ichenden  aussen  uinschliesst  und  welche  anfangs,  nachdem  aller  Knorpel  verschwunden,  gleichmässig  dicht, 
'ideähnlich  ist,  allmälig  kleine  Höhlen  zu  zeigen,  was  vorzugsweise  um  den  alten  Knochen  herum  beginnt 
1 wieder  in  derselben  Weise,  wie  die  Verknöcherung  von  Innen  nach  Aussen  fortgeschritten  war,  so  auch 
zt,  wenn  gleich  weniger  auffallend,  fti  derselben  Ordnung  vor  sich  geht.  Diese  anfangs  nur  kleinen  Räume 
rden  immer  grösser,  bis  endlich  die  ursprünglich  solide  Masse  ein  spongiöses,  von  wenigen  dünnen  Knochen- 
lellen  durchzogenes  Gewebe  darstellt,  dessen  Räume  mit  röthlichem  Mark  ausgefiillt  sind,  welches  indess  bei 
iben  wenigstens  bald,  nebst  dem  in  der  Markhöhle  selbst  befindlichen  Mark,  gänzlich  verschwindet.  Die 
•ipherie  der  Kapsel  stellt  zuletzt  eine  dünne,  glatte  Schaale,  ähnlich  der  Substantia  dura  spongiöser  Knochen, 
t dieses  weitmaschige  Knochengewebe  dar.  — So  durchläuft  also  diese  neugebildete  Knochensubstanz  die- 
sen Veränderungen,  wie  wir  sie  in  der  Entwicklung  des  normalen  Knochens  sehen. 

Derselbe  Vorgang  zeigt  sich,  nur  ungleich  früher,  innerhalb  der  Bruchenden  in  der  hier  theilweise  oder 
z durch  den  Callus  verschlossenen  Markhöhle.  Hier  beginnt,  selbst  noch  ehe  die  äussere  Kapsel  durchweg 
Knochen  umgewandelt  ist,  auf  gleiche  Weise  ein  Auftreten  von  immer  grösser  werdenden  Markräumen.  Die 
1 Centrum  zugekehrte  Seite  des  innern  Callus  widersteht  am  längsten  dieser  Umwandlung  und  bleibt,  wäh- 
d die  dem  alten  Knochen  zugekehrte  Seite  jene  spongiöse  Natur  angenommen  hat,  noch  am  längsten  als. 
e knöcherne  Schaale  bestehen,  bis  endlich  nur  wenige  Reste  des  innern  Callus  übrig  und  die  .Mark- 
len  beider  Bruchenden  wieder  durchgängig  geworden  sind. 

Aber  wenn  seit  geraumer  Zeit  schon  die  umgebenden  Gewebe  keine  merkliche  Veränderung  mehr  er- 
n hatten  (ausser  etwa,  dass  die  Beinhaut  mehr  und  mehr  ihre  normale  Beschaffenheit  vollständig  wieder- 
ngt  hat) : so  zeigt  sich  jetzt  eine  solche  in  auffallendem  Grad  an  den  Bruchenden  selbst.  Die  Unterschei- 
g zwischen  alter  und  neuer  Kuochensubstanz  hatte  anfangs  bei  der  andern  Färbung,  dem  grossem  Glanz, 
ie  der  Längenrichtung  der  Markkanälchen  im  alten  Knochen  durchaus  keine  Schwierigkeit.  — Um  die  Zeit 

2 


10 


nun,  wo  die  neugebildete  Knochensubstanz  spongiös  wird,  doch  mitunter  viel  früher  schon  und  zu  einer  Zeit 
wo  der  Callus  noch  lange  nicht  verknöchert  ist,  zeigt  sich  ein  ähnliches  Schwinden  des  Gewebes  im  altei  i 
Knochen,  soweit  er  von  der  neuen  Auflagerung  bedeckt  ist;  es  treten  da  und  dort  gleichfalls  Höhlungen  h 
ihm  auf,  die  in  ihrer  Richtung  den  .Markkanälen  folgen,  und  nur  eine  dünne  Lamelle  behält  zuletzt  den  ur ; 
sprünglichen  Charakter  der  Substantia  dura  bei,  und  selbst  deren  Continuität  ist  häufig  durch  grössere  Maschen  n 
räume  unterbrochen.  Da  nun  unterdessen  das  Gewebe  des  neugebildeten  Knochens  die  vollständige  Festigkei : 
der  ausgebildeten  Knochensubstanz  erreicht  hat,  so  ist  nunmehr  auf  dem  Durchschnitt  die  Gränze  zwischen 
alter  und  neuer  Knochensubstanz  in  keiner  Weise  mehr  wahrzunehmen,  höchstens  dass  man  etwa  an  der  Ge 
stall  und  Richtung  der  Markräume  noch  erkennen  kann,  welche  Theile  ursprünglich  dem  alten  Knochen  an; 
gehörten.  1 b 

Die  Bruchränder  endlich,  wenn  sie  nicht  von  der  neugebildeten  Knochensubstanz  umschlossen  wurden  n 
erscheinen  um  diese  Zeit  meist  etwas  abgerundet,  dann  und  wann  durch  knöcherne  Stränge  mit  dem  mascliigeif.1 
Gewebe  des  äussern  oder  innern  Callus  verbunden.  Sie  zeigen  übrigens  noch  immer  deutlich  die  Umrisse  de  « 
Zacken  und  Spitzen,  welche  sie  von  Anfang  an  besassen.  ef 

Der  ganze  durch  den  Callus  um  den  Bruch  gebildete  knöcherne  Ring  nimmt,  während  die  genannten 
Veränderungen  vor  sich  gehen,  mehr  und  mehr  an  Umfang  ab,  so  dass  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit  de af 
Durchmesser  des  Knochens  an  der  Stelle,  wo  sich  der  Callus  befindet,  wenig  von  dem  des  übrigen  abweichlik! 

Noch  hat  eines  Punktes  Erwähnung  zu  geschehen , nämlich  der  Schicksale  jener  mehrfach  erwähnte)  s 
rothen  Substanz  zwischen  und  um  die  Bruchenden;  wenige  Worte  reichen  hin,  darüber  Auskunft  zu  geben i» 
Diese  Substanz,  die  anfangs  gelatinös,  blutroth  war,  wird  allmälig  fester,  dunkler  gefärbt,  und  lässt  sich  spätei  er 
wenn  sie  sich  überhaupt  vorfindet,  noch  als  fine  braune,  trockene,  ziemlich  fest  zusammenhängende  3Iasse  au  In» 
dem  durchschnittenen  Knochen  mit  Leichtigkeit  herausnehmen;  von  einem  organischen  Zusammenhang  mit  deif; 
Bruchenden  war  in  den  von  mir  untersuchten  Fällen  nirgends  etwas  wahrzunehmen.  ijg 

Obige  Darstellung  des  Heilungsprozesses  gebrochener  Knochen  per  priruam  intentionem  begreift  nm  i 
aber  durchaus  nicht  alle  vorkonnnendeu  Fälle;  es  überwiegt  im  Gegentheil  die  Zahl  derjenigen  Fälle,  welch i 
mit  dem  eben  geschilderten  Hergang  in  direktem  Widerspruch  zu  stehen  scheinen,  und  welche  im  Voranstellen  r 
den  noch  keine  Berücksichtigung  fanden. 

Da  sich  uns  aber  in  den  folgenden  Abschnitten  die  Nothwendigkeit  ergeben  wird,  diese  und  keine  an  au 
dere  Art  der  Callusbildung  anzunehmen,  da  wir  im  weitern  Verlauf  dieser  Abhandlung  die  Ueberzeugung  gen, 
winnen  werden,  dass  alle  selbst  noch  so  widersprechend  scheinenden ‘Fälle  von  Callusbildung  auf  diese  sic  ^ 
zurückführen  lassen,  so  erschien  es  zweckmässig,  dieselbe  voranzustellen,  wenn  schon  die  Beweise  für  di  ji 
Richtigkeit  dieser  Aulfassungsweise  erst  später  geliefert  werden  können.  Um  indess  die  Abweichungen  von 
dieser  Art  der  Callusbildung  schärfer  herzorzuheben,  mag  eine  kurze  Wiederholung  des  Obigen  hier  Platz  findet 
Fassen  wir  in  Kürze  nochmals  die  wesentlichsten  Punkte  der  Callusbildung  zusammen,  so  ergibt  sic  3 
daraus  Folgendes  als  Typus  der  Heilung,  welchem  die  schematische  Figur  1.  Tafel  1.  entspricht.  Zwische  fr 
den  Bruchenden  und  der  auf  verschieden  grosse  Strecke  von  ihnen  losgelösten  Beinhaut  tritt  allenthalben  ei b 
Exsudat  auf,  das  allmälig  wächst  und  dadurch  die  Beinhaut  immer  mehr  erhebt  und  von  den  Bruchenden  em 
fernt.  Ohne  Zweifel  wird  durch  die  nicht  auf  einmal  erfolgende  Exsudation  die  Beiuhaut  noch  etwas  mel  i« 
vom  Knochen  losgelöst,  als  diess  im  Momente  des  Bruchs  selbst  geschah.  Das  Exsudat  durchläuft  in  kürzt  i* 
Zeit  verschiedene  Stadien , es  wandelt  sich  zuerst  in  Knorpelsubstanz  um.  Es  wird  so  eine  Kapsel  gebilde  u 
in  welcher  die  Bruchenden,  ohne  selbst  irgendwie  vorerst  Antheil  zu  nehmen , in  mehr  oder  weniger  normal«  1 
Richtung  gegen  einander  befestigt  werden.  — Ebenso  tritt,  wenn  auch  nicht  in  allen  Fällen,  in  der  Markhöhts! 
eine  Exsudation  von  meist  viel  geringerer  Ausdehnung  auf,  die  indess  ungleich  rascher  die  verschiedenen  En  ti 
wicklungsstadien  durchläuft.  Beide  Exsudate,  das  äussere  wie  das  innere,  erstrecken  sich  auf  verschiedei  it 
Weite  gegen  die  Bruchränder  hin,  und  es  bleiben  so  entweder  inneres  und  äusseres  von  einander  getrent  a 
wie  in  den  allermeisten  Fällen,  oder  aber  fliessen  sie  zusammen  und  es  erscheint  dann  der  Bruchrand  in  dt 
Exsudat  fest  eingegossen.  * 

A ...  - 0 iltu  - Ü 


11 


So  kann  es  kommen,  dass  sämmtliches  Exsudat  sowohl  von  der  äusseren  Seite  der  Bruchenden,  als 
ich  das  aus  der  Markhöhle  des  oberen  und  unteren  Fragmentes  zusammenfliessen  und  die  Bruchenden  in  eine 
eichmässige  Exsudatinasse  eingesenkt  erscheinen,  wie  diess  in  Fig.  6.  Taf.  1.  der  Fall  ist  (wo  indess  das 
isudat  schon  durchweg  verknöchert  ist).  Diess  kann  indess  nicht  als  das  gewöhnliche  Vorkommen  bezeichnet 
i erden , sondern  meist  ist  zwischen  den  Bruchrändern  und  auf  grössere  oder  geringere  Strecke  über  diese 
uaus  eine  lockere  röthliche  Substanz  zu  finden  (Fig.  1.  g.)  — An  der  Stelle  nun,  wo  Beinhaut  und  Knochen 
■ )ch  in  Berührung  geblieben  sind,  tritt  zuerst  die  Umwandlung  des  knorpligen  Exsudats  in  Knochenmasse  auf, 
i eil  dort  einerseits  die  Gefässe  der  benachbarten  Beinhaut  rascher  die  nöthige  Menge  Afaterial  zur  weiteren 
ntwicklung  des  Exsudats  liefern  können,  andererseits  die  Exsudatschichte  daselbst  geringen  Durchmesser  he- 
tzt (d).  Ungünstiger  in  beiderlei  Beziehungen  sind  die  Verhältnisse  an  den  von  den  Bruchenden  weiter  eut- 
* ;rnten  Stellen;  die  Exsudatschichte  ist  ungleich  dicker  und  eine  Durchdringung  derselben  in  ihrer  ganzen 
■'icke  mit  weiterer  Exsudatflüssigkeit  ist  erschwert.  Erst  dann,  wenn,  wie  in  anderen  Exsudaten  diess  zu 
eschehen  pflegt,  Gefässneubildung  in  dem  Exsudat  statt  gefunden  hat,  wodurch  eine  Communication  mit  den 
efässen  der  Beinhaut  eröflnet  wird,  kann  eine  Weiterentwicklung  des  nur  bis  zur  Stufe  des  Knorpels  ent- 
ickelten  Exsudates  eintreten.  Wir  sehen  solche  üefässe  von  der  inneren  Peripherie  der  knorpligen  Kapsel 
i ifangs  als  zarte,  etwas  dunklere  Streifen  (0  gegen  die  Beinhaut  hin  verlaufen,  wobei  sie  die  letztere  anfangs 
icht  erreichen,  aber  bald  vollständig  bis  dahin  zu  verfolgen  sind.  Um  diese  Gefässe  nun  tritt  zuerst  die 
erknöcherung  des  Exsudats  ein,  die  daran  erkennbar  ist,  dass  die  genannten  Streifen  weisse  Farbe  annehmen, 
wie  sie  sich  auch  unter  dem  Messer  rauh  zeigen.  Diese  Erscheinung  beginnt  wieder  zuerst  an  der  innern 
eripherie  der  knorpligen  Kapsel,  woselbst  die  weisseu  Streifen  am  breitsten  sind  und  bald  zu  einer  dünnen 
i äöckrnen  Lamelle  zusammenfliessen  (e),  während  sie  gegen  die  Beinhaut  hin  spitz  endigen  und  nur  als  jene 
< rsterwähnten  zarten,  kaum  eine  Farbverschiedenheit  zeigenden  Streifen  gegen  die  Beinhaut  sich  fortsetzen  (f). 

iese  dünnen  knöchernen  Streifen  fliessen  von  jener  ersten  knöchernen  Lamelle  (e)  aus  immer  mehr  zusammen, 

:i  > dass  also  die  Verknöcherung  immer  weiter  gegen  die  Beinhaut  vorschreitet  und  zwar  im  ganzen  innern 
mfang  der  Kapsel,  bis  zuletzt  aller  Knorpel  verschwunden  und  an  seine  Stelle  Knochensubstanz  getreten  ist. 

4 iese  ist  anfangs  ganz  solid,  gleiclmiässig  und  zeigt  kaum  bemerkbare  Markkanälchen,  an  denen  sich  die 
(eiche  Richtung  noch  erkennen  lässt,  welche  die  erwähnten  Streifen  zeigten,  längs  deren  wir  die  Verknöche- 
jug  fortschreiten  sahen  vergl.  Fig.  1.  d.  Diese  Markräume  nehmen  immer  mehr  au  Umfang  zu  und  werden 
ugleich  durch  Zusammenfliessen  von  mehreren  unregelmässig;  der  ganze  Callus  hat  endlich  ein  spongiöses 
i ussehen  angenommen.  Diese  Veränderung  in  dem  verknöcherten  Callus  geht  in  den  einzelnen  Theilen  des 
allus  in  derselben  Reihenfolge  vor  sich,  wie  die  Verknöcherung  desselben.  — Weitere  Veränderungen,  z.  B. 
i den  Bruchenden  selbst,  interessiren  uns  hier  nicht. 

Man  findet  nun  aber  häufig  Fälle;  in  welchen  das  Exsudat  auf  eine  ganz  andere  Weise  die  Bruchenden  Modifikationen  des  Hei- 
u vereinigen  scheint,  indem  mau  hier  unförmlich  dicken.  Wülsten  von  sehr  verschiedenem  Umfang  an  den  lungsprozesses. 
erschiedenen  Stellen  begegnet.  Fälle  dieser  Art  gehen  immer  mit  bedeutender  Verschiebung  der  Bruchenden 
ad  damit  bedeutender  Verkürzung  des  Glieds  einher.  Die  Taf.  1.  gibt  in  den  Fig.  12  — 18  solche  Beispiele  Verhalten  der  Callus- 


us  verschiedenen  Stadien  der  Heilung.  Man  trifft  an  solchen  Fällen  fast  regelmässig  auf  eine  eigentümliche 
< rerschiedenheit  der  Substanz,  welche  den  Callus  zusammensetzt.  Während  man  an  den  Stellen,  wo  der  Callus 
: ;och  mit  den  Bruchenden  zusammenhängt,  eine  bläulich-  oder  röthlichweisse  Masse  von  der  gewöhnlichen 
Cnorpelconsistenz  sieht,  welche  gegen  das  gegenüberliegende  Bruchende  zu  abgerundet  aufhört,  erkennt  man 
wischen  je  2 solchen  knorpligen  Massen  von  verschiedenen  Bruchenden  eine  mehr  gelblich  gefärbte,  weichere 
iubstanz,  die  indessen  ganz  allmälig  und  ohne  nachweisbare  scharfe  Gränze  in  die  vorige  übergeht.  Die  Ver- 
ehiedenheit  dieser  beiden  Substanzen  erweist  sich  auch  unter  dem  Mikroskop.  Jene  erstgenannte,  bläulich- 
veisse,  knorplige  Schichte  zeigt  die  gewöhnlichen  Knorpelelemente,  dagegen  die  weichere,  gelbliche  zeigt  sich 
; ius  lauter  verwaschenen,  spindelförmig  aussehenden  und  dicht  an  einander  gedrängten  Elementen  zusammen- 
gesetzt, die  uns  später  unter  ähnlichen  Umständen  wieder  begegnen  werden.  Durch  die  beiden,  an  einander 
orbeigeschobenen  und  ziemlich  weit  von  einander  entfernten  Bruchenden  und  die  sie  verbindenden  beider- 
eitigen  Callusmassen  wird  eine  Höhle  begränzt,  welche  mit  der  gewöhnlichen  lockeren  röthlichen  Substanz 


bildung  bei  bedeu- 
tender Dislokation 
der  Bruchenden. 


12 


Verhallen  der  Callus- 
bildung  in  Gliedern 
welche  zwei  Kno- 
chen enthalten. 


ausgefüllt  ist,  ohne  dass  diese  mit  den  Umgebungen  der  Höhle  irgendwie  in  Zusammenhang  stände.  Die  gege 
diese  Höhle  gekehrten  Stellen  der  Bruchenden  sind  glatt,  ohne  irgend  welche  Veränderung. 

So  befremdend  diese  Fälle  auf  den  ersten  Blick  erscheinen,  so  sehr  sie  mit  der  seither  gegebenen  Dar 
Stellung  im  Widerspruch  zu  stehen  scheinen,  so  weist  doch  die  nähere  Untersuchung  derselben  und  die  Ver 
gleichung  mit  den  Resultaten  anderer  Versuche  zur  Genüge  nach,  dass  diese  Fälle  nur  anzusehen  sind  al 
durch  besondere  Umstände  hervorgerufene  Modificationen  der  oben  geschilderten  Art  der  Heilung,  was  in  meh 
reren  dieser  Fälle,  z.  B.  Fig.  13,  14,  nicht  zu  verkennen  ist,  und  dass  gerade  sie  keinen  Anspruch  darau 
machen  können,  als  typisch  zu  gelten.  Die  Vergleichung  dieser  Beispiele  zeigt,  dass  sie  darin  übereiltst  immer 
dass  die  Bruchenden  mehr  oder  weniger  bedeutend  dislocirt  sind.  Darin  ist  der  Grund  zu  suchen,  warum  de 
Callus  in  so  unregelmässiger  Gestalt  und  stellenweise  bedeutendem  Umfang  auftritt.  Denn  einerseits  muss  be 
bedeutender  Dislocalion  an  sich  schon  die  Losreissung  der  Beinhaut  durchschnittlich  in  grösserer  Ausdehnuoi 
erfolgen.  Sodann  ist  gerade  durch  die  Dislocation  wieder  Gelegenheit  zu  beständig  neuen  Schädlichkeiten  ge 
geben,  indem  dadurch  die  Bruchenden  durchaus  ihren  Halt  verloren  haben  und  bei  jeder  geringen  Veranlassung 
desshalb  eine  Ortsveränderung  erleiden  müssen.  Die  entzündliche  Exsudation  dauert  darum  bei  diesen  Brttchei 
ohne  Zweifel  ungleich  länger  fort.  Wird  schon  durch  die  Dislocation  überhaupt  stellenweise  für  das  Exsuda 
bedeutender  Raum  gewonnen,  so  mag  durch  die  leichte  Beweglichkeit  der  Bruchenden  der  entzündliche  Prozess 
sehr  in  die  Länge  gezogen  und  Exsudat  auf  Exsudat  gehäuft  werden.  Exsudate  aber  sehen  wir  auch  ander- 
wärts in  der  Art  ihrer  Organisation  durch  äussere  Verhältnisse  wesentlich  bestimmt  werden.  Es  kann  desshalb 
gegen  den  Schluss  nichts  eingewendet  werden,  dass  auch  hier  durch  beständige  Einwirkung  schädlicher  Ein- 
flüsse, wie  Mangel  an  Ruhe,  an  den  Stellen,  wo  dieselben  am  stärksten  einwirkten,  das  Exsudat  Verschieden- 
heiten zeigen  konnte.  Während  dort,  wo  immer  zuerst  Exsudat  auftritt  und  zuerst  verknöchert,  also  an  den 
Enden  des  Callus,  das  Exsudat  auch  in  den  vorliegenden  Fällen  sich  so  verhielt  und  dadurch  die  anfangs  ganz 
lose  Beinhaut  eine  Strecke  weit  an  die  Brechenden  heftete,  war  dadurch  ebendaselbst  die  Bewegung  aufge- 
hoben uud  das  Exsudat  konnte  seine  gewöhnliche  Entwicklung  durchlaufen  und  sich  in  Knorpel-  und  Knochen- 
gewebe verwandeln,  wogegen  an  den  von  den  Bruchenden  entferntesten  Stellen  der  schädliche  Einfluss  der 
dort  fortdauernden  Bewegung  sich  am  längsten  geltend  machte  und  diess  in  der  Weise,  dass  das  Exsudat  auf 
der  niedersten  Organisationsstufe  stehen  blieb,  d.  h.  in  eine  faserige  Masse  sich  umwandelte,  welche  die  Grund- 
lage des  Bindegewebes  bildet.  Uebrigens  mag  da  und  dort  ein  anderer  Umstand  mitgewirkt  haben,  um  die 
genannte  Verschiedenheit  des  Callus  an  seinen  verschiedenen  Stellen  zu  veranlassen.  Ohne  Zweifel  nämlich 
konnte  in  Fällen  dieser  Art  die  Beinhaut  nicht  immer  widerstehen  und  wurde  durch  den  Andrang  der  Bruch- 
enden zerrissen,  wie  denn  nicht  so  selten  bei  derartigen  Brüchen  eines  derselben  später  noch  frei  durch  den 
Callus  hervorragend  gefunden  wird.  Dadurch  müsste  wenigstens  die  Beweglichkeit  der  Bruchenden  vergrössert 
werden,  wenn  nicht  etwa  auch  von  den  die  Beinhaut  umgebenden  Weichtheilen  ein  Exsudat  geliefert  wurde, 
in  dessen  Eigentliümlichkeit  es  an  sich  schon  lag,  dass  es  sich  in  Bindegewebe  umgestaltete. 

Sey  dem,  wie  ihm  wolle,  es  ist  interessant,  unter  ganz  entsprechenden  Umständen  die  sog.  künstlichen 
Gelenke  auftreten  zu  sehen  und  wir  dürfen  vielleicht  in  den  oben  gegebenen  Verhältnissen  die  Bedingungen  * 
und  die  Anfänge  derselben  suchen.  t 

Es  war  bisher  von  der  Heilung  des  Knochenbruchs  die  Rede,  sofern  dieselbe  einen  einzigen  Knochen 
betrifft.  Interessant  ist  nun  aber  das  Verhalten  da,  wo  2 Röhrenknochen  neben  einander  liegen. 

Wirkt  eine  Gewalt  auf  ein  Glied  mit  2 solchen  neben  einander  liegenden  Knochen  ein,  so  ist  der  Erfolg  t 
von  verschiedenen  Umständen  abhängig:  einmal  von  der  Stärke  der  brechenden  Gewalt  überhaupt;  sodann  ta 
von  der  Art  und  Weise  der  Gewalt,  ob  dieselbe  direkt  auf  die  Bruchstelle  einwirkt,  oder  nur  indirekt  und  k 
entfernt  davon;  ferner  von  der  Richtung  derselben,  ob  sie  also  auf  die  neben  einander  liegenden  Knochen  hll 
trifft,  oder  ob  sie  auf  die  hinter  einander  liegenden  Knochen  einwirkt,  so  dass  dadurch  ein  Knochen  gegen  t 
den  andern  getrieben  wird  u.  s.  w.  — Es  zeigt  sich  darnach  ein  sehr  verschiedenes  Verhalten,  sowohl  was 
den  Erfund  unmittelbar  nach  der  Einwirkung  der  Gewalt  anbelangt,  als  auch  in  Bezug  auf  den  weiteren  Ver-  R; 
lauf  der  Heilung.  Was  zunächst  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  findet  man  bald  nur  Einen  Knochen  gebrochen^ 
während  der  andere  durchaus  unverletzt  ist;  bald  ist  der  eine  gebrochen,  der  andere  nur  geknickt;  oder 
endlich  sind  beide  zugleich  gebrochen. 


13 


Man  wäre  nun  aber  sehr  im  Irrlluun,  wenn  man  glaubte,  daraus  für  alle  Fälle  das  Resultat  der  Heilung 
ach  der  oben  gegebenen  Darstellung  des  Bruchs  des  einzelnen  Knochens  a priori  schon  construiren  zu  können, 

, hne  auf  gewisse  Momente  noch  Rücksicht  zu  nehmen , die  hier  von  Wichtigkeit  werden.  Allerdings  sind  die 
, alle  nicht  selten,  dass  die  Heilung  auch  hier  ganz  nach  denselben  Regeln  vor  sich  geht,  dass  beim  Bruch 
äues  Knochens  allein  dieser  durch  einen  Callus  wieder  vereinigt  wird,  ohne  dass  der  andere  Knochen  irgend- 
vie  Antlieil  nimmt,  oder  dass  selbst,  wenn  beide  Knochen  gebrochen  sind,  jeder  Knochen  für  sich  durch  einen 
abgesonderten  Callus  eingekapselt  wird,  ohne  dass  die  beiden  Callusmassen  sich  berühren  oder  in  einander 
ibergehen.  Wohl  häufiger  aber  sind  jene  Fälle,  die  dem  Praktiker  bekannt  genug  sind,  der  wohl  die  Gefahr 
. ennt,  welche  beim  Bruch  auch  nur  des  einen  von  zwei  neben  einander  liegenden  Knochen  dadurch  entsteht,  dass 
er  andere  noch  unverletzte  Knochen  ebenfalls  in  den  Krankheitsprozess  hereingezogen  wird,  sofern  nämlich 
'eide  durch  eine  knöcherne  Brücke  verbunden  und  dadurch  zum  Mindesten  in  ihrer  Beweglichkeit  gestört  wer- 
. en.  War  nämlich  selbst  nur  der  eine  Knochen  gebrochen,  so  mag  es  noch  gut  gehen,  wenn  es  an  der  ent- 
. prechenden  Stelle  des  andern  Knochens  mit  einer  Osteophy tenbildung  entweder  ringsum  oder  nur  auf  der 
,.em  gebrochenen  Knochen  zugekehrten  Seite  sein  Bewenden  hat,  welche  ihren  Grund  darin  lindet,  dass  die 
Jeinhaut  des  unverletzten  Knochens  Antheil  an  der  Entzündung  um  die  Bruchstelle  nimmt.  Gar  leicht  aber 
. (ceschieht  es,  dass  von  beiden  Seiten  diese  Knochenneubildung  zusainmenfliesst  und  durch  eine  grössere  oder 
.kleinere  Knochenbrücke  beide  Knochen  an  einander  lixirt  werden.  Geschieht  diess  aber  schon,  wenn  nur  Ein 
Lnochcn  gebrochen  ist,  so  tritt  dieser  Fall  ungleich  leichter  dann  ein,  wenn  beide  zugleich  gebrochen  sind. 

J Im  Uebrigeu  bedarf  es  keiner  weiteren  Beschreibung  dieser  Fälle,  da  der  Prozess  der  Callusbildung  stets 
derselbe  bleibt.  .Nur  Ein  Punkt  verdient  hier  noch  Berücksichtigung,  welcher  dem  Chirurgen  nicht  minder 
Interesse  gewährt,  als  die  oben  erwähnte  Gefahr  des  Zusammenwachsens  beider  Knochen,  es  betrilft  diess  das 
/erhalten  dieser  Brüche  in  Bezug  auf  Form,  Richtung  und  Länge  des  Glieds  nach  der  Heilung.  Wird  nämlich 
nucli  auf  der  einen  Seite  beim  Bruch  des  einen  Knochens  allein  durch  den  andern  unverletzten  die  Erhaltung 
jler  Länge  und  Richtung  des  Glieds  begünstigt,  so  sind  es  hinwieder  auf  der  andern  Seite  die  Fälle  von  Brü- 
chen beider  Knochen,  welche  in  Bezug  auf  die  genannten  drei  Punkte  am  meisten  Abweichungen  zeigen;  sofern 
liei  ihnen  gerade  Dislocationen  nach  allen  Richtungen  so  häufig  sind,  geben  eben  diese  für  die  Wiederherstel- 
, ung  der  Brauchbarkeit  des  Glieds  die  ungünstigste  Prognose. 

Es  können  aber  selbst  die  zwei  wesentlich  verschiedenen  Formen,  unter  denen  wir  Knochenbrüche  heilen 
sehen,  nicht  als  die  einzigen,  alle  Fälle  in  sich  begreifenden  angesehen  werden;  wir  begegnen  im  Gegentheil 
— und  gerade  bei  Versuchen  über  Heilung  der  Knochenbrüchc  an  Thieren  und  besonders  Vierfüsslem  — so 
bedeutenden  Abweichungen  von  dem  seither  beschriebenen  Verhalten,  dass  manche  solcher  Fälle  auf  keine 
Weise  mit  der  als  typisch  hingestellten  Art  der  Heilung  der  Knochenbrüche  vereinbar  erscheinen.  Die  hiebei 
tu  beobachtenden  Erscheinungen  Hessen  mich  vermuthen,  dass  ich  es  hier  mit  Fällen  zu  thun  hatte,  in  wel- 
chen der  Gebrauch  des  Gliedes  während  der  Heilung  Veranlassung  dazu  geworden  war,  dass  der  noch  in  der 
Bildung  begriffene  Callus  aufs  Neue  gebrochen  wurde.  Diese  Fälle  forderten  mich  auf,  in  einer  Reihe  von 
• besonderen  Versuchen  das  Verhalten  des  neugebrochenen  Callus  zu  untersuchen.  Es  dürfte  nicht  unwillkommen 
seyn,  dem  Seitherigen  eine  Darstellung  dieses  letzteren  beizufügen. 

Der  Erfolg  ist  in  solchen  Fällen  w ieder  von  verschiedenen  Umständen  abhängig,  und  der  Satz,  dass  früher  Verhalten  des  Callus 
gebrochen  gewesene  Knochen  an  jeder  andern  Stelle  eher  wieder  brechen  als  da,  wo  der  erste  Bruch  sich  be-  bei  Störung  der  Hei- 
. fand,  hat  durchaus  keine  so  allgemeine  Geltung.  Bei  Versuchen  an  Tauben  und  Katzen  (denen  dieselbe  Ex-  lun8  durch  einen 
. tremität  zum  zweiten  Mal  erst  dann  gebrochen  wurde,  als  den  übrigen  Erfahrungen  zufolge  jedenfalls  schon  de„se]j,gQUCfl  <UrCh 
i lurch  den  ganzen  Callus  hindurch  Verknöcherung  eingetreten  seyn  musste,)  wollte  es  mir  in  keinem  einzigen 
(Fall  gelingen,  an  einer  andern  als  der  frühem  Bruchstelle  Avieder  zu  brechen,  obschon  diese  Fälle  nichts  we- 
niger als  einander  ähnlich  waren,  indem  der  frühere  Callus  bald  einen  sehr  dicken  Knochenring  darstellte, 

Jbald  äusserlich  kaum  mehr  bemerklich  gewesen  und  nur  auf  dem  Durchschnitt  noch  zu  erkennen  war;  ebenso 
war  das  Alter  des  Callus  in  den  verschiedenen  Fällen  ein  sehr  verschiedenes,  Avie  sich  schon  auf  den  ersten 
(Blick  beim  Durchschnitt  erkennen  Hess.  Obschon  es  nun  einleuchtend  ist,  dass  bei  schiefgeheilten  Brüchen 
lie  meiste  Wahrscheinlichkeit  vorhanden  ist,  dass  eine  neue  Gevvalt  an  der  frühem  Bruchstelle  neuerdings 

2 * 


14 


breclien  muss,  so  geschieht  dasselbe  gleichwohl  selbst  bei  solchen  Brüchen,  die  ohne  irgend  welche  Verschie 
bung  der  Bruchenden  geheilt  waren,  wie  diess  unter  Andern  bei  Fig.  21.  Taf.  I.  offenbar  der  Fall  war. 

Was  nun  die  Veränderungen  betrifft,  welche  der  neuerfolgte  Bruch  durch  den  Callus  hervorruft,  so  sim 
sie  im  Wesentlichen  dieselben,  die  wir  an  erstmals  gebrochenen  Knochen  fanden.  Die  Beinhaut  wird  in  grös 
serem  oder  geringerem  Umfang  wieder  vom  früheren  Callus  und  selbst  über  diesen  hinaus  losgerissen,  und  ii 
gleicher  Weise,  wie  früher,  ergiesst  sich  jetzt  wieder  Exsudat  zwischen  sie  und  zwischen  und  um  die  Bruch 
enden.,  das  erst  knorplig,  hernach  knöchern  wird  in  der  früher  angegebenen  Weise  und  nach  derselben  Ord 
nung.  Desgleichen  kommt  oft  wieder  um  und  zwischen  den  Bruchrändern  dieselbe  röthliche,  gallertige  Substan; 
zum  Vorschein.  Es  ist  jederzeit  sehr  leicht  noch  zu  unterscheiden,  was  dem  älteren,  was  dem  neueren  Calluj 
angehört;  vergleiche  die  eben  genannte  Figur,  wo  sich  auch  wieder,  obwohl  in  beschränktem  Maasse,  cii 
Callus  in  der  Markhöhle  gebildet  hat,  ausserdem  die  Figg.  19,  20  und  folgende. 

Um  einerseits  das  Verhalten  dieser  Art  von  doppelten  Brüchen  selbst  deutlicher  zu  machen,  andererseits 
aber,  um  später  an  einem  geeigneteren  Orte  darauf  verweisen  zu  können,  wo  das  hiebei  beobachtete  Verhalt«; 
von  Wichtigkeit  werden  wird,  mag  hier  die  Beschreibung  einiger  solcher  in  dem  Callus  wieder  gebrochen« 
Knochen  Platz  finden. 

Der  Humerus  einer  jungen  Taube  war  61  Tage  nach  dem  ersten  Bruch  wieder  gebrochen  worden: 
12  Tage  nachher  wurde  das  Thier  getödtet;  der  Durchschnitt  des  wieder  gebrochenen  Knochens  ist  auf  Taf.  I 
Fig.  21.  gezeichnet.  Der  Knochen  ist  in  seiner  Mitte  etwas  schief  durchgebrochen;  die  Bruchenden  sind  be- 
deutend an  einander  vorbeigeschoben,  so  dass  dadurch  der  Knochen  um  ein  Ziemliches  verkürzt  erscheint,  und 
ein  Zwischenraum  von  mehreren  Linien  zwischen  den  beiden  Bruchstücken  sich  findet.  An  beiden  Beuchenden 
erkennt  man  gegen  die  Bruchstelle  hin  ein  mit  vielen  grösseren  und  kleineren  Höhlen  durchsätes  Knochen- 
gewebe auf  den  alten  Knochen  aufgelagert,  das  auf  dem  Durchschnitt  die  Farbe,  Härte  und  den  Glanz  des 
alten  Knochens  zeigt  (a  und  a').  Als  Verbindungsmittel  zwischen  beiden  dislocirten  Bruchenden  legt  sich  einf 
neugebildete  Knochenmasse  von  kreideartigem  Ansehen  (b)  in  Begleitung  einer  bald  da  bald  dort  dazwischer 
sich  eindrängenden  knorpligen  Masse  (c)  brückenartig  fast  querüber.  Dazwischen  findet  sich  eine  ziemlicl 
umfängliche  Höhle  (d),  die  mit  einer  röthlichen  .Masse  erfüllt  ist,  welche  sich  ganz  verhält,  wie  die,  sonst  oft 
zwischen  den  Bruchenden  vorkommende,  vielfach  erwähnte  Substanz.  — Jene  neue  Knochenmasse  ist  auf  den; 
altern  Callus  aber  nicht  allenthalben  aufgelagert,  sondern  nur  an  den  gegen  einander  gekehrten  Seiten  der  ar 
einander  vorbeigeschobcnen  Bruchenden  (a'),  während  auf  den  entgegengesetzten  Seiten  der  beiden  Bruchenden 
der  alte  Callus  (a)  von  aller  neuen  Auflagerung  frei  ist.  Ausserdem  findet  sich,  wie  gewöhnlich,  auch  in  des 
Markhölile  eine  Ablagerung  neuer  Knochensubstanz.  — Die  genannte  neue  Knochensubstanz  (b)  nun  zeigt  eit: 
ganz  eigenthfimliches  Verhalten,  namentlich  auf  der  untern  Seite  der  Figur.  Berücksichtigt  man  die  in  sd 
ungewöhnlicher  Form  auftretende  Verknöcherung  und  fasst  dabei  den  (freilich  in  der  Figur  nicht  wieder  ! 
zugebenden)  Verlauf  der  Markkanälchen  näher  ins  Auge,  wie  derselbe  in  der  neugekildeten  Knoohenmasse  (b; 
sich  darstellt , welche  aus  einer  zusammengefalteten  nachgiebigen  Knochenplatte  zu  bestehen  scheint, 
durch  welche  ganz  in  derselben  queren  Richtung  die  Kanälchen  verlaufen,  wie  A\ir  diess  zum  Theil  früh« 
schon  in  ausgesprochenem  Grad  im  Callus  fanden  (vergl.  Fig.  1.  d.  f.  f.');  erwägt  man  ferner  die  Be 
schaffenheit  der  Oberfläche  des  Callus,  sofern  dieselbe  sehr  uneben  ist  durch  zerstreute,  isolirte,  unregelmässige 
Stücke  neugebildetcr  Knochensubstanz,  Avelche  ringsum  von  Knorpelsubstanz  umschlossen  sind  und  mitunte 
genau  in  eine  Lücke  der  benachbarten,  durch  Knorpel  davon  getrennten,  übrigen  neuen  Knochensubstanz  zi 
passen  scheinen,  so  kann  man  sich  nicht  envebren,  auf  folgende  Weise  diese  so  abAveichenden  Verhältnisse  zi 
erklären.  Es  musste  bald  nach  dem  neuen  Bruch , der  alsbald  eine  bedeutende  Dislocation  setzte , auf  die  ge 
wohnliche  Weise  über  den  früheren  Callus  her  der  neue  sich  gebildet  und  bereits  theflweise  in  Knochensubstan; 
sich  umgewandelt  haben,  übrigens  die  Beinhaut  auf  dem  älteren  Callus  bei  a.  nicht  mit  losgerissen  Avordei 
seyn.  Nun  musste  irgend  wrelche  neue  GeAvalt  das  Glied  getroffen  haben,  die  dünne  Schaale  von  neugebildete 
Knochensubstanz  aber  dadurch  von  dem  einen  Bruchende  losgelöst,  und,  da  sie  noch  dünn  und  nachgiebig  wa* 
zusammen  geknickt  worden  seyn;  dadurch  musste  auch  eine  Loslösung  derselben  von  der  Beinhaut  erfelgei 
aber  die  leeren  Räume,  die  dadurch  ZAvisclien  ihr  und  der  losgetrennten  Knochenplatte  entstanden,  Avurde 
durch  neues  Exsudat  ausgefüllt,  das  eben  jetzt  knorplige  Natur  angenommen  hat. 


15 


Han  vergleiche  mit  diesem  Fall  einen  andern , hei  welchem  übrigens  der  Knochen  nur  einmal  künstlich 
rebrochen  worden  war.  Es  handelt  sich  gleichfalls  um  den  Humerus  einer  jungen,  vor  11  Tagen  gebrochenen 
raube,  dessen  Durchschnitt  in  Fig.  22.  Taf.  I.  abgebildet  ist.  Die  Aehnlichkeit  dieses  Falles  mit  dem  vorher- 
gehenden ist  nicht  zu  verkennen:  Dieselbe  bedeutende  Verschiebung  der  Bruchenden,  derselbe  massenhafte 
Callus  in  demselben  Stadium.  Aber  ein  Verhältnis  besonderer  Art  zeichnet  diesen  Fall  aus.  — Man  erkennt 
auf  der  unteru  Seite  an  beiden  Bruchenden  dicke  Wülste  von  neugebildeter  Knochensubstanz  (b),  welche  in- 
dessen in  der  Mitte  nicht  zusammenlliessen , sondern  durch  eine  noch  nicht  verknöcherte  Schichte  getrennt 
werden  (c).  Vom  Bruchrand  des  obern  Fragmentes  sieht  man  nun  einen,  am  Bruchrand  selbst  noch  den 
grössten  Durchmesser  zeigenden,  dünnen  Streifen  von  neugcbildeter  Knochensubstanz  sich  in  schiefer  Richtung 
aerabziehen  gegen  die  Mitte  des  unteren  Fragmentes;  an  beiden  Endpunkten  ist  dieser  knöcherne  Strang  fest 
»»geheftet.  Nach  oben  bildet  derselbe  die  Grenze  einer  Höhle  (d),  welche  die  gewöhnlich  an  solchen  Stellen 
sich  findende  lockere  Substanz  zeigt;  nach  unten  ist  dieser  Strang  gleichfalls  scharf  abgegränzt  und  ist  zum 
»rossten  Theil  von  den  vorhin  genannten  Wülsten  (bb)  überzogen.  — Auf  der  entgegengesetzten  Seite  beider 
truchenden  erkennt  man  gleichfalls  von  beiden  Gelenkendeu  her  neuaufgelagerte  Knochenmasse,  die,  je  näher 
ler  Bruchstelle,  desto  mehr  an  Durchmesser  zunimmt  (b');  das  obere  Fragment  zeigt  einen  ziemlich  bedeuten- 
len  Wulst,  doch  erreicht  derselbe  den  Bruchrand  nicht,  sondern  eine  kleine  Strecke  des  Knochens  ist  ganz 
frei  von  Callusmasse.  Gleichwohl  zeigt  der  Bruchrand  eine,  wenn  auch  nur  geringe  Menge  von  neuer  Knochen- 
ubstanz  (a'),  die  besonders  hier  mehr  aus  der  Markhöhle  zu  kommen  scheint.  Sie  hat  dieselbe  Richtung  ange- 
»ornmen,  wie  der  dünne  Knochenstreif  (a),  der  von  dem  gegenüberliegenden  Rand  dieses  Bruchendes  sich  in 
ler  erwähnten  schiefen  Richtung  abwärts  zieht.  Zwischen  beiden  ist  nur  eine  enge  Spalte,  welche  die  Mark- 
»ölile  des  obern  Fragmentes  mit  der  zwischen  diesem  und  dem  untern  Fragmente  entstandenen  Höhle  verbindet. 
)as  untere  Fragment,  welches  auf  der  die  Höhle  begrenzenden  Seite  gänzlich  frei  von  aller  Knochenauflagerung 
st  und  diess  auf  eine  nicht  unbeträchtliche  Strecke,  zeigt  auf  der  äusseren  Seite  einen  Wulst  von  Knochen- 
ubstanz,  der  aber  nicht  die  Ausdehnung  besitzt,  wie  die  entsprechende  Seile  des  obern  Fragmentes.  Dagegen 
eigt  sich  am  untern  Fragment  die  neue  Knochenmasse  aus  zwei  Schichten  bestehend,  die  sich  deutlich  von 
Einander  unterscheiden  lassen  und  ungleiche  Dicke  besitzen.  Die  dem  Knochen  zunächst  liegende  (a")  nämlich 
st  dünn,  keilförmig;  die  Basis  des  Keils  ist  gegen  den  Bruch r and  gekehrt,  ohne  ihn  jedoch  zu  erreichen. 
>iese  Schichte  ist  von  einer  zweiten,  ungleich  dickeren  (b')  überdeckt,  und  zwar  in  der  Art,  dass  sie  zwar 
aber  an  dem  Gelenkende  des  Knochens  anfängt,  als  die  unterliegende,  dagegen  auch  früher  wieder  abgerundet 
icgen  den  Bruchrand  hin  aufhört,  so  dass  also  die  unterliegende  dünne  Schichte  darunter  hervorragt. 

Obschon  dieser  in  sehier  Art  einzige  Fall  auf  den  ersten  Blick  ein  charakteristisches  Bild  eines  provi- 
Ewischen  und  definitiven  Callus  zu  geben  scheint,  so  kann  ich  doch  nicht  umhin,  bei  Zusammenstellung  mit 
o vielen  andern  Fällen  eine  Erklärung  dieses  Falles  zu  geben,  welche  denselben  auf  die  früher  geschilderten 
iinfacheren  Verhältnisse  zurückführt. 

Der  Bruch  hatte  sieh  anfangs  fast  als  reiner  Querbruch  verhalten;  die  Beinhaut  war  auf  nur  geringe 
ntfernung  von  den  Bruehrändern  losgetrennt  gewesen,  jedoch  am  untern  Bruchstück  in  weiterem  Umfang, 
s hatte  sich  auf  die  gewöhnliche  Weise  ein  aus  dem  eben  genannten  Grund  wenig  umfangreicher  Callus  ge- 
ildet.  Die  kurze  Zeit  von  1 1 Tagen  vom  Augenblick,  wo  der  Knochen  gebrochen  wurde,  bis  zu  dem  Moment, 
o wir  den  Bruch  in  seiner  jetzigen  Gestalt  sehen,  weist  darauf  hin,  dass  damals  die  Festigkeit  des  in  der 
eilung  begriffenen  Bruchs  keine  grosse  gewesen  seyn  konnte , daher  es  denn  leicht  möglich  war,  dass  eine 
eue  Gewalt  den  Bruch  an  derselben  Stelle  wieder  brechen  konnte.  Eine  soiche  hatte  aber  hier  gewiss  ein- 
ewirkt;  es  wurden  aber  jetzt  die  Bruchenden  dadurch  bedeutend  aus  ihrer  früheren,  ziemlich  normalen  Lage 
etrieben  und  so  über  einander  geschoben,  wie  wir  sie  jetzt  sehen.  Wenn  nun  aber  auch  der  damals  gebildete 
lallus  an  seinen  äussersten  Insertionspunkten  mit  den  Bruchenden  schon  sehr  fest  verbunden  war,  so  besass 
r doch  nicht  Festigkeit  genug,  um  allenthalben  der  Einwirkung  einer  äussern  Gewalt  Widerstand  leisten  zu 
önnen.  Daher  kam  es,  dass  er  zwar  vom  untern  Bruehende  losgerissen  wurde,  aber  immerhin  noch  als  Gan- 
is;  der  dünne  Knochenstreif  (a),  der  vom  obern  Bruchrand  nach  dem  untern  Fragment  schief  herabläuft,  ist 
ben  dieser  losgerissene  Callus,  der  auf  dem  jetzt  von  aller  Auflagerung  freien,  die  Höhle  begrenzenden  Stück 


16 


des  untern  ßruchendes  auflag.  Auf  der  entgegengesetzten  Seite  beider  Bruchenden  (bei  a')  gestalteten  sic 
die  Verhältnisse  ungünstiger.  Da  der  Callus  daselbst  ohnehin  keine  grosse  Ausdehnung  besass,  so  hätte  er  h 
aller  Dehnbarkeit  nicht  vermocht,  das  weit  vorgetriebenc  untere  Fragment  noch  zu  bedecken  und  seinem  Ai 
drang  zu  widerstehen,  und  er  musste  notlnvendig  hier  zcrreissen.  So  kommt  es,  dass  wir  am  Rand  des  ober 
Fragmentes  ein  Stück  (a')  neugebildeter  Knochensubstanz  finden,  welche,  wenn  wir  uns  die  beiden  verschobene 
Bruchenden  in  ihre  normale  Lage  zurückdenken,  genau  an  die  unmittelbar  auf  dem  Knochen  liegende  Schicht 
neuer  Knochenmasse  (a")  der  entsprechenden  Seite  des  untern  Fragmentes  passt,  während  die  entgegengesetzt 
Seite  durch  den  dünnen  Knochenstreifen  (a)  dann  gerade  bedeckt  würde.  — Diess  war  indess  nicht  die  eil 
zige  Folge  der  Einwirkung  neuer  Gewalt.  Wie  in  andern  derartigen  Fällen,  so  wurde  auch  hier  zugleich  t 
Beinhaut  nicht  allein  von  dem  schon  gebildeten  Callus,  sondern  an  den  verschiedenen  Stellen  verschieden  we 
darüber  hinaus  noch  vom  alten  Knochen  losgerissen  und  um  so  mehr,  da  die  Bruchenden  nun  so  bcdeutei 
dislocirt  wurden.  Ohne  Zweifel  war  damit  sogar  Zerreissung  der  Beinhaut  selbst  verbunden.  — Der  Erfo 
der  Lostrennung  der  Beinhaut  vom  alten  Knochen  sowohl  als  vom  schon  vorhandenen  Callus  war  nun  wiedi 
der  gewöhnliche,  schon  bekannte:  es  bildete  sich  neuerdings  ein  Callus,  aber  natürlich  entsprechend  der  grö 
seren  Loslösung  der  Beinhaut  in  grösserem  Umfang,  als  der  frühere  zeigte;  wo  der  neugebildete  Callus  de 
früheren  berührt,  zeigt  er  sich  durch  eine  deutliche,  scharfe  Gränze  von  ihm  geschieden,  wie  die  Figur  zei 
Wir  sehen  den  zweiten  Callus  bereits  wieder  zu  einem  grossen  Tlieil  verknöchert  und  dem  äusseren  Call 
entsprechend  in  der  Markhöhle  des  unteren  Fragmentes  gleichfalls  eine,  wenn  auch  geringe,  Knochenneubildun 
Nicht  minder  interessant  ist  ein  dritter  Fall,  der  die  Tibia  einer  jungen  Katze  betrifft  und  in  Fig.  2 
gezeichnet  ist.  Die  Tibia  samnit  der  Fibula  war  vor  38  Tagen  etwas  über  dem  untern  Dritttheil  gebroch 
worden;  da  letztere  nichts  Besonderes  zeigte,  so  wurde  sie  auf  der  Zeichnung  weggelassen.  Dagegen  zei 
der  Durchschnitt  der  jetzt  unter  einem  stumpfen  Winkel  in  Heilung  begriffenen  Tibia  folgendes  Ausseht 
Etwa  in  der  Mitte  des  obern  Bruchstücks  erhebt  sich  vom  Gelenkende  desselben  her  allmälig  der  verknöchei 
Callus  und  zwar  ringsum  so  ziemlich  in  gleicher  Höhe ; seine  Oberfläche  ist  glatt,  aus  mehr  compakter  Substa 
bestehend.  Auf  der  Seite  von  a nun,  nahe  der  Bruchstelle,  entfernt  sich  am  obern  Fragment  die  Oberfläc 
des  Callus  rascher  vom  Knochen  in  einem  nach  Aussen  convexen  Bogen,  unter  welchem  die  dem  Brüchen 
selbst  zunächst  liegende  Schichte  desselben  etwas  mehr  spongiöses  Aussehen  hat.  In  der  Höhe  des  Bruchrand! 
hört  die  Knochensubstanz  des  Callus  mit  einem,  unregelmässige  Hervorragungen  und  Vertiefungen  zeigende 
Rande  auf.  In  diesen  greift  eine  Lage  von  Knorpelsubstanz  ein,  welche  von  der  Peripherie  des  Callus  od 
von  der  Beinhaut  an  keilförmig  zugespitzt  bis  unter  den  Bruchrand  dieser  Seite  sich  fortsetzt.  Das  Mikrosk 
wies  hier  die  gewöhnlich  im  Callusknorpel  vorkommenden  Knorpelelemente  nach.  — Diese  Knorpelschichte 
nach  unten  in  Verbindung  oder  geht  allmälig  über  in  eine  andere,  dem  untern  Fragment  angehörige,  knöcher 
Callusschichte,  welche  gleichfalls  einen  nach  Aussen  convexen  Bogen,  mit  glatter,  compakter  Oberfläche  u 
darunter  wieder  spongiöser  Substanz,  bildet.  Der  eine,  obere  Theil  dieses  Bogens  ist  gegen  die  eben  genanc 
knorplige  Schichte  gekehrt,  seine  Fortsetzung  gegen  den  Bruchrand  hin  aber  wird  bald  ungleichmässig  u 
spongiös;  die  andere,  gegen  Unten  gekehrte  Seite  des  Bogens  dagegen  gränzt  gleichfalls  wieder  an  eine  ande 
knorplige  Schichte,  welche  ein  unregelmässiges  Dreieck  darstellt,  dessen  Spitze  gegen  das  Bruchende  gekehrt  i 
und  dessen  Basis  von  der  Beinhaut  gebildet  wird.  Den  gegen  Unten  sehenden  Schenkel  dieses  knorpligen  Dreiec 
bildet  der  schmale  Schenkel  eines  andern  Dreiecks,  dessen  Spitze  gegen  das  Gelenkende  des  unteren  Fra 
mentes  gekehrt  ist  und  das  Ende  des  Callus  bezeichnet.  Der  eine  Schenkel  dieses  wieder  aus  Knochensubsta 
gebildeten  dreieckigen  Stückes  liegt  auf  dem  untern  Bruchende  auf,  der  andere  wird  durch  die  Beinhaut  f: 


bildet.  — Aehnlich,  doch  einfacher,  zeigen  sich  die  Verhältnisse  auf  der  entgegengesetzten  Seite  bei  b.  E 


knöcherne  Callus  erhebt  sich  hier  gleichfalls  von  dem  Gelenkende  der  beiden  Fragmente  her,  doch  mit  dt 


Unterschied,  dass  er  am  unteren  erst  viel  näher  der  Bruchstelle  seinen  Anfang  nimmt.  Aber  auch  hier  a 


der  Seite  von  b.  bildet  der  Callus  kein  ununterbrochenes  und  gleichmässiges  Ganze,  sondern  es  hat  sich  au 
auf  dieser  Seite  eine  keilförmig  von  der  Oberfläche  des  Callus  nach  den  Bruchrändern  sich  zuspitzende  knoi 
lige  Schichte  zwischen  den  knöchernen  Callus  gedrängt;  doch  ist  auch  hier  keine  scharfe  Gränze  zwisch 
Knorpel-  und  Knochensubstanz.  Auch  hier  verliert  sich  die  knorplige  Schichte  zwischen  den  beiden  Bruchrände 


teser  Seite.  Wie  auf  der  andern  Seite  ist  übrigens  auch  hier  die  Oberfläche  der  knöchernen  Schichte  glatt, 
lehr  conipakt,  während  sie  je  näher  den  Bruchenden  des  Knochens  desto  spongiöseren  Charakter  anninimt.  — 
ie  Markhöhle  zeigt  nun  gleichfalls  Ablagerung  von  Knochensubstanz,  wodurch  dieselbe  in  der  Nähe  der 
iruchstelle  vollständig  verschlossen  wird.  Dabei  sind  aber  bemerkenswerthe  Verschiedenheiten  der  hier  vor- 
tndigen  Knochenneubildung  nicht  ausser  Acht  zu  lassen.  Zunächst  den  Bruchrändern  nämlich,  die  hier  schief 
«egen  einander  treffen,  erscheint  die  Substanz  conipakter.  Man  kann  deutlich  an  dem  Ende  des  obern  Frag- 
ments eine  im  Halbkreis  gebogene  Schichte  solcher  compakterer  Substanz  erkennen,  welche  sich  um  das  in 
•ie  Markhöhle  des  obern  Bruchstücks  hineingetriebene  Ende  des  unteren  Fragmentes  auf  der  Seite  von  a her- 
.'.mzulegen  scheint  und  im  Verlauf  der  Markkanälchen  auch  entschieden  dieselbe  Richtung  erkennen  lässt.  Die 
leiden  Enden  dieses  Bogens  gehen  allmälig  über  in  die  schon  erwähnten  knorpligen  Parthieen  auf  beiden  Sei- 
t;n.  Die  Convexität  des  Bogens  gränzt  sich  von  der  übrigen,  in  der  Markhöhle  des  obern  Fragmentes  vor- 
»andenen , spongiöseres  Aussehen  zeigenden  Knochenschicht  deutlich  ab,  namentlich  durch  den  in  ihr  dieser 
iegung  — parallel  gehenden  Verlauf  der  Markkanälchen.  Im  unteren  Fragment  ist  diese  Gränze  kaum 
fahrzunehmen  und  der  Uebergang  des  Endes  jenes  Bogens  in  die  übrige  Knochenmasse  der  Markhöhle, 
lie  in  den  hier  eindringenden  Knorpel  ein  ganz  allmäliger.  — Sehr  bemerkenswert!«  für  die  Deutung  dieses 
.talles  ist  endlich  noch  die  Vergleichung  der  äussern  Oberfläche  der  Bruchstelle.  Dieselbe  zeigte,  entspre- 
llend dem  grössten  Durchmesser  des  Callus  zwei  isolirte  Knorpelpunkte,  die  ringsum  von  Knochensubstanz 
inschlossen  waren,  den  einen  bei  a,  den  andern  bei  b;  es  sind  dieselben,  die  sich  auf  dem  Durchschnitt  ein- 
.ioder  gegenüber  zeigen.  Ausserdem  zeigte  sich  ein  dritter  unpaarer  Knorpelpunkt,  von  unregelmässiger  Ge- 
ialt und  gleichfalls  geringer  Ausdehnung  und  ebenso  allenthalben  von  Knochensubstanz  umschlossen;  es  ist 
jjrselbe,  dessen  Durchschnitt  am  untern  Fragment  auf  der  Seite  von  a beschrieben  wurde. 

Leber  die  Art,  wie  dieses  auf  den  ersten  Blick  so  befremdende  Verhalten  zu  deuten  ist,  kann  kaum  ein 

Iiweifel  herrschen,  wenn  die  erwähnten  Momente  zusannnengefasst  werden.  Es  drängt  sich  uns  die  Nothwen- 
igkeit  auf,  hier,  wie  im  vorigen  Fall,  die  Einwirkung  einer  brechenden  Gewalt  während  der  schon  vorge- 
schrittenen Heilung  des  Bruches  anzunehmen,  wozu  ohnedem  bei  einer  frei  und  ohne  Verband  herumlaufenden 
;i atze  leicht  die  Veranlassung  sich  finden  konnte.  Der  Callus,  der  an  allen  Stellen  desselben  Fragments  ziem- 
ch  gleich  weit  sich  erstreckt  hatte,  wurde  durch  die  neueinwirkende  Gewalt  auseinander  gerissen,  wodurch 
ugleich  das  untere  Bruchende  in  das  obere  zum  Theil  hineingetrieben  und  in  seiner  jetzigen  Lage  fixirt  wurde, 
a der  Callus  aber  bereits  verknöchert  war  und  fest  an  den  Bruchenden  haftete,  so  konnte  nur  da  eine 
serreissung  stattfinden,  wo  durch  die  nach  Einer  Richtung  wirkende  Gewalt  die  grösste  Zerrung  statt  hatte 
ud  es  musste  daher  nur  an  zwei  sich  gegenüber  liegenden  Punkten  eine  Ruptur  des  Callus  erfolgen,  die 
■wer  verschieden  ausfallen  musste.  Während  durch  diese  ein  wirkende  Gewalt,  deren  Richtung  noch  jetzt 
:is  der  Stellung  beider  Bruchenden  gegen  einander  ersichtlich  ist,  der  Callus  bei  b einfach  auseinander  wich, 
ausste  bei  a zugleich  eine  Einknickung  statttinden,  daher  die  die  Bruchstelle  des  Callus  dieser  Seite  begrän- 
imde  Oberfläche  desselben  nach  einwärts  gebogen  und  zugleich  das  Callusbruchstück  des  untern  Fragments 
uch  uuten  zurückgedrängt  werden  musste,  indem  es  sich  theilweise  vom  Knochen  loslöste.  Vielleicht  fand 
ine  solche  Loslösung  des  Callus  in  der  nächsten  Umgebung  der  Bruchränder  auch  an  andern  Stellen  statt ; 

keinem  Falle  war  dieselbe  von  Bedeutung.  Zugleich  aber  mit  der  Ruptur  des  Callus  musste  an  dem  un- 
arn  Fragmente  auf  der  Seite  von  a nothwendig  die  Beinhaut  wieder  auf  eine  weitere  Strecke  losgerissen 
werden.  — Von  jetzt  an  begegnet  uns  wieder  Bekanntes.  Wir  sehen  wie  gewöhnlich  unter  der  Beinhaut  ein 
Lxsudat  auftreten,  das  eben  jetzt  knorpliche  Natur  angenommen  hat;  dasselbe  hat  alle  durch  den  neuen 
[iruch  entstandenen  Zwischenräume  ausgefüllt,  und  wie  gewöhnlich  hat  dasselbe  dort,  wo  die  Beinhaut  mit 
jefim  Knochen  in  Berührung  geblieben  ist,  vom  Gelenkende  des  untern  Fragments  bei  a bereits  wieder  ange- 
amgen , in  Verknöcherung  überzugehen , daher  dort  jene  keilförmig  gestaltete  Schichte  neuer  Knochensub- 
anz,  die  also  dem  ersten  Auftreten  von  Knochensubstanz  in  den  gewöhnlichen  Fällen  entspricht.  — Da  durch 
Tpn  neuen  Bruch  auch  zwischen  den  Bruchenden  hindurch  Zerreissung  des  innern  Callus  erfolgte,  so  ergoss 
:ich  auch  in  die  dadurch  entstandene  Spalte  das  Exsudat,  das  wir  um  die  Bruchränder  zum  Theil  schon 
•iieder  verknöchert  finden,  indem  die  oben  erwähnte , sich  bogenförmig  um  das  untere  Fragment  bei  a her- 

3 


18 


Knocltcnnenbildung 
nach  Resektion. 


umlegende,  aus  compakterer  Substanz  bestehende  Knochenlamelle  wohl  als  bereits  verknöcherte  Parthie 
ses  Exsudats  anzusehen  ist. 

Es  gewinnt  die  Deutung  der  soeben  ausführlicher  beschriebenen  Fälle,  wovon  die  beiden  letzteren  a 
dings  nicht  absichtlich  wiedergebrochen  worden  waren,  noch  an  Wahrscheinlichkeit,  wenn  man  damit 
Figg.  23  und  24  zusammenstellt,  welche  absichtlich  zum  zweiten  Mal  gebrochen  wurden,  deren  nähere 
Schreibung  aber  um  so  eher  unterlassen  werden  kann,  da  in  den  genannten  Beispielen,  welche  Fig.  21. 
und  25  abbildet,  auf  die  diese  Ansicht  begünstigenden  Verhältnisse  aufmerksam  gemacht  worden  ist.  U( 
gens  sind  Fälle,  welche  den  vorangehenden  sich  anreihen,  eben  nicht  selten,  wenn  sie  auch  weniger  auj 
fällig  ihre  Entstehung  erkennen  lassen. 

Es  ist  mir  immer  auffallend  gewesen,  dass  Miescher’s  Darstellung  der  Callusbldung , welche  er 
die  typische  bezeichnet,  und  in  seinen  Abbildungen,  Taf.  I.  Fig.  X.  XI,  Taf.  II.  Fig.  II.  — V.  versinnli 
so  wenig  mit  meinen  früher,  zu  Anfang  des  Iten  Abschnittes  mitgetheilten  Beobachtungen  übereinstimmten, 
nachdem  ich  die  zuletzt  erwähnten  Versuche  angestellt  hatte,  wurde  es  mir  deutlich,  dass  das  Verhalten 
Callus  in  den  von  Mi  es  eher  abgebildeten  Fällen  nur  so  erklärt  werden  kann,  dass  wir  annehmen,  es 
hier  der  in  der  Bildung  begriffene  Callus  noch  einmal  gebrochen  worden.  Gerechtfertigt  wird  diese  Mein 
durch  die  Vergleichung  seiner  Fälle  mit  dem  oben  beschriebenen  Verhalten  des  wieder  gebrochenen  Ca 
insbesondere  aber  mit  den  3 soeben  ausführlicher  beschriebenen  Fällen,  und  noch  wahrscheinlicher  gern 
wird  sie,  wenn  wir  berücksichtigen,  dass  die  von  ihm  beschriebenen  Fälle  die  Extremitäten  von  Vierfüss 
angehen , Avelche  vorzugsweise  leicht  während  der  Heilung  neu  einwirkenden  mechanischen  Gewalten  ausges 
seyn  müssen.  Eine  bestimmtere  Entscheidung  hierüber  könnte  jedoch  nur  eine  genaue  histologische  Untersuch 
der  verschiedenen  Substanzen  geAvähren,  welche  sich  in  der  Masse  des  Callus  vereinigt  finden.  Es  ist  dess 
zu  bedauern,  dass  uns  eine  darauf  bezügliche  Belehrung  fehlt. 

Wenn  es  nun  anerkannt  ist,  dass  es  oft  gerade  die  indirekten  Versuche  sind,  welche  dadurch, 
sie  auf  verschiedenem  Weg  dasselbe  Resultat  geAvähren,  grossen  Werth  erlangen,  Avelche  nicht  selten  si 
allein  über  eine  schwebende  Frage  vollständigen  Aufschluss  zu  geben  im  Stande  sind:  so  findet  diess  s 
volle  Amvendung  auf  den  Vorgang  bei  der  Heilung  der  Knochenbrüche,  und  es  überrascht  die  Uebereins 
mung  desselben  mit  dem  Prozess  der  Heilung  resezirter  Knochen.  Obschon  gegemvärtig  die  Resektion  der  I 
dien  bereits  allenthalben  in  ihrer  Wichtigkeit  erkannt  ist  und  für  die  Zukunft  die  Erhaltung  manches  Gli 
in  Aussicht  stellt,  Avelches  sonst  der  Amputation  anheim  gefallen  Aväre,  so  rechtfertigt  sich  hier  gerade  di 
diese  Analogie  eine  genauere  Angabe  des  Heilungsprozesses  resezirter  Knochen. 

Um  Fälle  der  Knochenneubildung  nach  Resektionen  zu  einer  solchen  Vergleichung  benützen  zu  kön: 
machte  ich  folgende  Versuche. 

1.  Einer  jungen  Taube  wurde  auf  der  rechten  und  linken  Seite  aus  dem  Radius  ein  etAva  y2  Zoll 
ges  Stück  des  Knochens  resezirt,  Avobei  der  bekannte  Grundsatz  bei  dieser  Operation,  dass  die  Beinhaut  n 
liehst  zu  schonen  und  der  Knochen  erst  nach  vollständiger  Loslösung  derselben  zu  entfernen  sey,  bef 
Avurde;  nachdem  die  Operation  vollendet,  wurde  die  Wunde  möglichst  genau  durch  blutige  Hefte  vereir 
und  die  Heilung  erfolgte  per  primam  intentionem  Am  8ten  Tag  Avurde  die  Taube  getödtet.  Der  Radius  1 
an  der  Stelle,  avo  das  Knochenstück  entfernt  Avorden  Avar,  einen  bedeutenden  Wulst  erkennen;  derselbe  ze 
sich , nachdem  er  von  der  Ulna  losgelöst  Avar  (die  keine  Spur  von  Osteophytenbildung  erblicken  liess)  gei 
an  der  Stelle  des  Wulstes  elastisch  biegsam.  Der  Durchschnitt  des  Präparates,  Avelches  nach  Entfernung 
Muskeln  auf  Taf.  I.  in  der  Fig.  11.  abgebildet  ist,  zeigte  nun  folgendes  Aussehen.  Der  obere  Theil,  fast 
Hälfte  des  Knochens,  Avar  erhalten,  dagegen  war  von  der  untern  Hälfte  nur  ein  kleiner  Theil  zunächst 
Gelenke  noch  geblieben.  Der  Raum  zwischen  und  um  beide  resezirte  Knochenenden  Avar  durch  eine  Subs 
von  knorpelähnlichem  Aussehen  und  Consistenz  ausgefüllt.  Dieselbe  zeigte  sich  indess  nicht  allenthalben  gle 
mässig  in  ihrer  Masse,  sondern  es  begegnet  uns  hier  dieselbe  Verschiedenheit  der  Exsudatmasse,  deren  < 
schon  bei  Gelegenheit  der  Beschreibung  der  mit  Dislocation  heilenden  Brüche  Envähnung  geschah, 
beiden  Seiten  des  obern  Fragmentes  nämlich  erstreckt  sich  eine  mehr  bläulich  gefärbte,  grössere  Consis 
zeigende  Schicht  von  gleicher  Dicke  in  Form  ZAveier  Wülste  (a  und  a')  über  die  Ränder  der  Resectionss 


49 


mlich  weit  hinaus,  diese  kommen  zuletzt  gegen  einander  und  jedes  endigt  daselbst  mit  einem  abgerundeten 
ld.  Ehe  diese  zwei  Wülste  an  einander  treffen,  lassen  sie  zwischen  sich  und  der  Resectionsstelle  des  Knochens 
en  Zwischenraum  (d),  der  mit  derselben  Substanz  ausgefüllt  ist,  wie  oft  der  Raum  zwischen  und  um  die  Bruch- 
derbei Frakturen.  Diese  Höhle  setzt  sich  längs  der  einen  Seite  des  obern  Fragments  fast  bis  zu  der  Stelle  hinauf  fort, 
dieser  Wulst  sich  vom  Knochen  zu  erheben  beginnt;  dieser  Raum  ist  mit  derselben  Substanz  erfüllt,  die 
1 also  hier  zwischen  den,  eine  ganz  glatte  Oberfläche  zeigenden  Knochen  und  den  knorpligen  Wulst  (a)  als 
leidewand  gedrängt  hat.  Eben  dieser  Wulst  (a)  zeigt  ausserdem  noch  ein  bemerkenswerthes  Verhalten.  An 
1er  innern  Peripherie,  welche  den  gedachten  Zwischenraum  begränzt,  zieht  sich  vom  Anfang  des  Wulstes 
in  die  Gegend  der  Resectionsstelle  ein  dünner  Streifen  neugebildeter  Knochensubstanz  (c)  herunter,  auf  wel- 
;n  von  der  Beinhaut  her  viele  zarte  Linien  in  senkrechter  Richtung  treffen.  — Auf  der  andern  Seite  liegt 
regen  der  knorplige  Wulst  (aQ  auf  dem  Knochen  auf,  soweit  dieser  reicht.  Der  Anfang  dieses  Wulstes 
»t  sich  gleichfalls  verknöchert ; und  wie  auf  der  andern  Seite , so  treffen  auch  hier  eine  Menge  feiner  Streifchen 
i der  äussern  Oberfläche  des  Wulstes  senkrecht  auf  dessen  innere  Peripherie ; sie  sind , je  näher  der  letz- 
en, desto  deutlicher.  — Beide  Wülste  zeigten  in  Bezug  auf  die  histologischen  Bestandtheile  die  gleiche  Zu- 
nmensetzung  wie  der  Knorpel  des  Callus  bei  Brüchen;  die  feinen  Streifen,  die  wir  senkrecht  beide  Wülste 
Menge  durchsetzen  sehen,  begegneten  uns  gleichfalls  schon  oben,  als  vom  Beginn  und  Fortschreiten  der 
•knöcherung  des  Callus  die  Rede  war;  sie  erweisen  sich  als  nichts  anderes,  denn  als  (ohne  Zweifel  neuge- 
lete)  Gefässe,  um  welche  zuerst  Verknöcherung  auftritt,  daher  wir  die  Streifen  in  den  angeführten  Fällen, 
die  Entwicklung  weiter  vorgeschritten  ist,  weiss  finden,  d.  h.  schon  fertige  Knochensubstanz  um  die  Gefässe,  vergl. 
1.  — An  jene  abgerundeten  Enden  der  knorpligen  Wülste  nun  schliesst  sich  unmittelbar  und  ohne  ganz  scharfe 
inze  eine  Substanz  (b)  an,  welche  weniger  Consistenz  und  mehr  gelbliche  Farbe  besitzt  als  jene.  Entspre- 
nd  dieser  mit  blosem  Auge  sichtbaren  Verschiedenheit  zeigte  diese  Parthie  auch  unter  dem  Mikroskop  Ab- 
icliungen,  indem  sie  sich  als  eine  gelbliche,  feinkörnige,  mit  kurzen,  feinen,  meist  parallelen  Streifen  ver- 
ene  Masse  zeigte,  welche  wir  früher  schon  fanden  und  die  wir  später  als  die  Grundlage  eines  Fasergewe- 
; wiederfinden  werden.  — Etwas  unter  der  Mitte , deutlich  getrennt  von  dem  knorpligen  Wulst  (a'),  erkennt 
n einen  vereinzelten  Knochenpunkt  (e),  von  dem  übrigens  dahin  gestellt  bleiben  muss,  ob  er  wirklich  als 
ürt  auftretender  Knochenpunkt  anzusehen  ist,  oder  ob  derselbe  nicht  ein  aus  seiner  Continuität  mit  dem 
igen  Callus  durch  die  Richtung  des  Schnittes  zufällig  getrenntes  Stück  desselben  ist.  — Die  letztgenannte 
bliche  und  weichere  Parthie  geht  nach  Unten  allmälig  wieder  in  eine  consistentere  über,  die  wieder  mehr 
i Charakter  des  wahren  Knorpels  trägt,  was  auch  wieder  die  mikroskopische  Untersuchung  nachwies.  Es 
en  in  dieselbe  zwei  nach  Oben  spitzig  aufhörende  Knochenstreifen  (c)  herein,  welche  von  den  Seiten  des  un- 
;n  Fragmentes  über  die  Resectionsstelle  hinaus  sich  erstrecken.  Dieses  untere  Fragment  des  Radius  hat 
e schiefe  Richtung  gegen  das  obere;  die  beiden  oben  erwähnten  Streifen  von  neuer  Knochensubstanz,  die 
en  Oben  sich  zuspitzend  aufhören,  haben  die  Richtung  dieses  Fragmentes  verlassen,  und  sind  beide  nach 
entgegengesetzten  Seite  gebogen,  um  in  gerader  Richtung  gegen  das  obere  Fragment  zu  verlaufen.  — Zu 
ähnen  ist  nun  noch,  dass  hier,  wie  bei  gebrochenen  Knochen,  eine  Ablagerung  verknöcherten  Exsudates 
li  in  der  Markhöhle  des  obern  und  des  untern  Fragmentes  stattgefunden  hat. 

Dieser  Fall  bietet  in  mehrfacher  Beziehung  grosses  Interesse.  Da  bei  Vergleichung  desselben  mit  in 
Heilung  begriffenen,  gebrochenen  Knochen  auf  den  ersten  Blick  die  Uebereinstimmung  beider  ins  Auge 
ingt,  so  wäre  es  überflüssig,  darauf  im  Einzelnen  noch  besonders  aufmerksam  zu  machen.  Ich  begnüge 
ch,  noch  einen  Punkt  hervorzulieben,  nämlich  die  gleichfalls  oben  gefundene  Verschiedenheit  der  den  Cal- 
constituirenden  Substanzen,  der  eigentlich  knorpligen  und  der  mehr  gelblich  gefärbten,  weicheren,  die  zwi- 
en  der  vorigen  eingeschoben  ist.  Der  Grund  des  Auftretens  dieser  zweierlei  Substanzen  scheint  in  dem 
:n  geschilderten  Fall  ein  ganz  ähnlicher  zu  seyn,  wie  der,  welchen  wir  bei  jenen  Brüchen  mit  bedeutender 
location  aufzustellen  uns  veranlasst  sahen,  und  es  scheint  eben  dieser  vorliegende  Fall  zugleich  eine  Bestä- 
ung  für  die  dort  ausgesprochene  Ansicht  zu  enthalten,  dass  nämlich  durch  die  beständige  Bewegung  des 
Folge  der  Continuitätstrennung  alles  Haltes  entbehrenden  Glieds  das  Exsudat  au  den  Stellen,  welche  dieser 
lädlichen  Einwirkung  am  meisten  ausgesetzt  sind,  nur  eine  niedere  oder  die  niederste  Organisationsstufe  zu 


20 


erreichen  vermag,  während  es  an  den  minder  ungünstigen  Stellen  sich  in  Knorpelgewehe  umgestalten  kam 
Da  hier  die  Beinhaut  durchweg  erhalten  blieb,  aber  durch  die  Entfernung  eines  nicht  unbeträchtlichen  Stii 
ckes  aus  dem  Knochen  beide  Fragmente  der  Gewalt  der  daselbst  sich  inserirenden  Muskeln  ganz  preisgegebe 
waren,  unerachtet  der  Radius  an  der  noch  unversehrten  Ulna  eine  Stütze  hatte,  so  lässt  sich  diese  Erschei 
nung  kaum  anders  erklären,  als  dass  wir  annehmen,  dass  in  diesem  Fall  eben  unter  dem  Einfluss  wiederhol 
ter  Bewegung  diese  Verschiedenheit  der  Organisation  eines  und  desselben  Exsudates  entstand.  Aus  der  Riet 
tung  des  unteren  Fragmentes  und  der  dünnen,  in  Verknöcherung  übergegangenen  Lamellen  des  demselben  an 
gehörigen  Callus  ergibt  sich  zur  Genüge,  dass  längere  Bewegung  dieses  unteren  Fragmentes  wirklich  vorhau 
den  gewesen  seyn  musste. 

2.  Ein  zweiter  Versuch  wurde  gleichfalls  an  dem  Radius  einer  jungen  Taube  gemacht.'  Die  Beinhai 
wurde,  soweit  es  möglich  war,  vom  Knochen  losgelöst  und  möglichst  vollständig  entfernt;  ausserdem  wurd 
an  dem  einen  Radius  ein  Stück  des  so  entblösten  Knochens  resezirt,  im  Uebrigen  die  Wunde  wieder  durc 
Hefte  vereinigt.  — r Als  am  zehnten  Tage  untersucht  wurde,  zeigte  an  den  Stellen,  wo  die  Beinhaut  entfern 
worden  war,  der  Knochen  weissere  Farbe,  aber  seine  gewöhnliche  glatte  Oberfläche,  welche  letztere  durchau 
in  keinem  organischen  Zusammenhang,  aber  allenthalben  in  unmittelbarer  Berührung  mit  den  umgebende] 
Muskeln  stand.  Dagegen  zeigte  sich  gegen  die  Gelenkenden  hin,  wo  die  Beinhaut  nicht  hatte  entfernt  wrerdei 
können,  sowohl  auf  der  äussern  Oberfläche  des  Knochens,  als  auch  an  den  entsprechenden  Stellen  in  de 
Markhöhle  eine  beträchtliche  Menge  neuer  Knochensubstanz  aufgelagert,  so  dass  die  auf  der  äusseren  Ober 
fläche  des  Knochens  befindliche  schon  von  aussen  als  ziemlich  dicker  Wulst  durchzufühlen  war. 


II. 


Histologische  Verfolgung  der  Callusbildimg. 


W enn  schon  nicht  in  Abrede  zu  stellen  ist,  dass  manche  der  Vorgänge  im  ihierischen  Organismus  schon 
auf  dem  Sektionstisch  ihre  Erledigung  finden,  wie  sich  eben  oft  ganz  zufällig  Material  dazu  bielet;  so  gibt  es 
loch  hinwieder  genug  andere,  welche  nur  mittelst  langer  Reihen  von  Versuchen  und  in  Begleitung  genauer  mikrosko- 
pischer Forschungen  sich  studiren  lassen.  Unter  die  Zahl  der  letzteren  gehört  auch  das  vorliegende  Thema, 

Jessen  bisher  zu  mangelhafte  Bearbeitung  in  der  angegebenen  Richtung  wohl  die  Schuld  davon  trägt,  dass  die 
gewonnenen  Resultate  so  wenig  befriedigend  ausgefallen  sind,  ja  dass  sie,  wie  sich  im  weitern  Verlauf  noch 
ergeben  wird,  in  Hauptpunkten  geradezu  der  Natur  widersprechen,  obschon  sie  fast  von  allen  Seiten  angenom- 
nen  wurden.  — Ich  habe  mir  die  Aufgabe  gestellt,  bei  Verfolgung  der  Callusbildung  an  einer  möglichst  gros- 
sen Zahl  von  gebrochenen  Knochen  durch  die  verschiedensten  Stadien  stets  das  Mikroskop  zu  Rath  zu  ziehen 
nid  durch  anderweitige  dahin  einschlagende  Versuche  die  Resultate  zu  sichern. 

Die  Erfolge  dieser  Untersuchungen  wurden  tlieils  oben  bereits  gegeben,  soweit  schon  ohne  Beihülfe  op- 
ischer Instrumente  ein  Blick  in  derartige  Vorgänge  gestattet  ist,  theils  sollen  sie  im  Folgenden  dargelegt  wer- 
len,  unterstüzt  durch  eine  Reihe  von  Zeichnungen,  die  ich  möglichst  getreu  der  Natur  nachzubilden  mich  be- 
strebt habe.  Zugleich  dürfte  es  kein  geringes  Interesse  bieten,  der  Entwicklung  eines  organisationsfähigen 
ixsudats  Schritt  für  Schritt  zu  folgen  und  die  auf  pathologischem  Wege  zustandkommende  Knochenbildung  mit 
ler  normalen  zn  vergleichen. 

Es  ist  schon  oben  gezeigt  worden , welche  Veränderungen  im  Verlauf  der  Dauer  des  Heilungsprozesses 
on  Knochenbrüchen  schon  dem  blosen  Auge  sichtbar  sind;  Avie  entzündliche  Exsudation  in  den  verschiedenen 
[heilen  auftritt,  Avie  nur  der  Knochen  selbst  an  einer  solchen  keinen  Antheil  zu  nehmen  scheint,  wie  man  denn 
mch  — um  es  hier  zum  Voraus  zu  sagen  — unter  dem  Mikroskop  selbst  keine  Veränderung  von  irgend  Avel- 
liem  Belang  in  demselben  naclnveisen  kann.  Die  folgende  Untersuchung  hat  einerseits  darauf  Bedacht  zu  neh- 
iien,  Avelches  die  Veränderungen  sind,  Avelchc  die  normalen  Gewebe  selbst  in  dieser  ganzen  Zeit  erleiden, 
ndrerseits  die  Umwandlungen  des  Exsudats  nachzuAveisen , wie  es  sich  an  den  A'erscliiedenen  Stellen  gestaltet. 

Wie,  schon  laut  der  früheren  Darstellung  der  Veränderungen  in  Folge  einer  Fraktur,  die  Weichtheile  Veränderungen  in  den 
usserhalb  der  Beinhaut  verhältnissmässig  weniger  betlieiligt  erscheinen,  wie  sie , -zwar  anfangs  gesclmollen, 
onsistenter,  doch  bald  Avieder  in  den  normalen  Zustand  zurückkehren;  so  weist  auch  die  Untersuchung  mit 
iülfe  des  Mikroskops  verhältnissmässig  unbedeutende  Veränderungen  daselbst  nach.  Man  erkennt  kurze  Zeit 
iacli  der  Fraktur  in  dem  extra vasirteai  Blut  zwischen  den  Theilen  die  geAVölmlichen  Fibringerinnungen,  grosse 
lengen  von  mehr  oder  Aveniger  veränderten  Blutkörperchen,  desgleichen  Fetttropfen  von  den  verschiedensten  Grössen, 
iclit  selten  zertrümmerte  Muskelfasern,  und  endlich  an  verschiedenen  Stellen  eigenthündiche,  bald  grössere  bald 
leinere,  blasse  Kugeln,  Avelche  einen  verschiedenen  Inhalt  zeigen;  entweder  nämlich  sind  darin  in  verscliiede- 
er  Menge  kleinere  und  grössere,  mit  einem  ziemlich  breiten,  dunkeln  Rand  versehene  und  in  der  Mitte  einen 
ehr  lichten  Punkt  umschliessende  Bläschen  enthalten,  die  sich  in  keiner  Weise  von  Fetttropfen  unterscheiden 
tssen;  oder  es  sind  in  diesen  Kugeln  bald  einzeln,  bald  in  -mehrfacher  Anzahl  deutliche  Blutkörperchen  einge- 

3 * 


Weichtheilen  bis  zum 
Auftreten  des  den 
Gallus  bildenden  Ex- 
sudats. 


22 


Organisation  des  den 
Callus  bildenden  Ex- 
sudats in  Knorpel  und 
Knochen. 


schlossen:  — kurz  es  sind  jene  Formen  von  pathologischen  Elementen,  die  man  unter  dem  Namen  Entzündung? 
kugeln  oder  Exsudatkugeln  zusammenfasst,  und  deren  welche  auf  Taf.  II.  in  Fig.  1.  gezeichnet  sine 
Je  längere  Zeit  seit  der  Fraktur  verflossen  ist,  um  so  mehr  treten  diese  zurück  und  verschwinden  endlich  samm 
dem  flüssig  gebliebenen  Tlieil  des  Exsudats  wieder  ganz,  während  die  betreffenden  Theile  auch  die  für  da 
unbewaffnete  Auge  und  das  Gefühl  wahrnehmbaren  Abweichungen  vom  Normalzustand  mehr  und  mehr  wiede 
verlieren.  Anderweitige  Veränderungen  konnte  ich  bei  der,  zwar  häufig,  doch  nicht  mit  gleicher  Consequen 
wie  bei  der  Beinhaut  verfolgten  Entwicklung  des  Exsudats  in  den  Weichtheilen  ausserhalb  der  Beinhaut  nich 
finden;  ob  und  wie  sich  das  Exsudat  daselbst  etwa  höher  organisirt,  muss  ich  desshalb  dahin  gestellt  seyi 
lassen,  da  die  Verfolgung  desselben  an  diesen  Stellen  zu  unwesentlich  erscheint,  um  zu  weitläufigeren  Unter 
suchungen  aufzufordern. 

Wenn  nun  aber  im  Folgenden  die  mikroskopische  Analyse  der  Elemente  des  Exsudats  zwischen  Beinhau 
und  Knochen  von  seinem  ersten  Auftreten  an  bis  zur  vollendeten  Verknöcherung  gegeben  wird,  so  kann  au 
eine  vollständige  Angabe  der  Erfunde  an  den  einzelnen  Stellen  der  Präparate  aus  den  verschiedenen  Zeiträu 
men  hier  wenigstens  darum  Verzicht  geleistet  werden,  weil  an  einem  und  demselben  Präparat  sowohl,  als  ai 
solchen  aus  den  verschiedensten  Perioden  frühere  und  spätere  Entwicklungsstadien  des  Exsudats  Vorkommen 
was  zu  beständigen  Wiederholungen  führen  müsste,  ohne  das  Verständnis  des  Prozesses  wesentlich  zu  fördern 
Die  Ordnung,  in  welcher  das  Exsudat  seine  Metamorphosen  erleidet,  wurde  zum  Theil  in  dem  früheren  Ab 
schnitte  schon  angegeben,  soweit  dies  schon  mit  blosem  Auge  erkennbar  ist;  indem  daselbst  gezeigt  wurdfl 
dass  an  der  Innenfläche  des  Callus  zuerst  Verknöcherung  auftritt,  und  von  hier  aus  nach  Aussen  fori 
schreitet.  Diese  Reihenfolge  wird  sich  auch  im  Verlauf  der  folgenden  Darstellung  ferner  erweisen.  — Ic 
ziehe  vor,  überhaupt  die  Entwicklung  des  in  Folge  der  Fraktur  gesetzten  Exsudats  vom  ersten  Anfang  an  b 
zu  dem  Zeitpunkt  zu  schildern , wo  in  der  neugebildeten  Knochensubstanz  keine  weiteren  Veränderungen  mel 
sichtbar  sind.  Uebrigens  muss  bei  dieser  Schilderung  der  Entwicklung,  wie  sich  dieselbe  nach  vielfachen  Unte 
suchungen  auf  einander  folgend  darstellt,  zum  Voraus  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dass  keineswefi 
überall  alle  sofort  zu  erwähnenden  Stufen  in  gleich  ausgesprochenem  Grad  vorhanden  sind,  sondern  dass  o 
eine  oder  die  andere  Stufe  übersprungen  zu  werden  scheint.  Es  scheint  in  Bezug  auf  solche  Verschiedenhe 
des  Verhaltens  sowohl  Zeit  als  Ort  in  der  Art  von  Einfluss  zu  seyn,  dass  da,  wo  die  Umwandlung  am  rasch» 
sten  vor  sich  geht,  die  einzelnen  Stadien  nicht  immer  so  scharf  ausgeprägt  sind,  und  selbst  einzelne  ganz  z 
fehlen  scheinen.  An  den  Stellen,  wo  zuerst  die  Organisation  des  Exsudats  auftritt  und  am  ehesten  ihre  Voll 
endung  erreicht  hat  und  daher  (wie  wir  diess  an  der  öfters  besprochenen  Stelle  sehen,  wo  die  Beinhaut  noc 
mit  dem  Knochen  zusammenhängt)  schon  sehr  frühe  Verknöcherung  sich  findet,  ist  auch  die  Ausbildung  all» 
einzelnen  Stufen  der  Organisation  keine  so  vollständige,  als  diess  später  der  Fall  ist.  Die  am  schönsten  au: 
gebildeten  Formen  von  Knorpelzellen  z.  B. , deren  später  näher  erwähnt  werden  wird,  waren  an  den  Stelle 
des  Callus  besonders  zu  finden,  wo  unter  der  Beinhaut  die  letzten  Reste  von  Knorpel  der  Verknöcherung  not 
nicht  anheimgefallen  waren,  woran  vielleicht  das  vermöge  des  allmälig  erloschenen  Exsudationsprozesses  wen 
ger  reichlich  gelieferte  Material  die  Schuld  trägt,  wodurch  langsamere,  aber  vollständigere  Ausbildung  der  eii| 
zelnen  Entwicklungsstufen  des  Exsudats  möglich  wurde. 

Das  entzündliche  Exsudat  zwischen  Beinhaut  und  Knochen  erscheint  bald  nach  seinem  ersten  Entsteh» 
unter  dem  Mikroskop  als  eine  undeutlich  feinkörnige  Masse  von  leicht  gelblicher  Färbung,  indess  ohne  alle  b 
stimmte  Formelemente,  ausser  den  sehr  zahlreich  vorhandenen,  allenthalben  eingestreuten  Fetttröpfchen  v» 
jeder  Grösse.  Allmälig  jedoch  werden  in  dieser  Grundmasse  bestimmte  Formelemente  sichtbar;  es  zeigen  si> 
nämlich,  gemischt  mit  Fetttröpfchen,  zerstreute,  kleine,  unregelmässig  rundliche  Körperchen,  welche  sich  duM 
dunkler  gefärbte  Umrisse  von  der  umgebenden  Grundmasse  abgränzen.  Dieselben  zeigen  sich  in  ihrem  Innei 
nicht  gleichförmig,  sondern,  von  einem  hellen  Hof  umgeben,  befindet  sich  darin  noch  ein  kleiner  Kern,  der  si 
entweder  als  ein  verwaschener  dunkler  Fleck  oder  als  ein  solcher  mit  einem  lichten  Punkt  in  der  Mitte  da) 
stellt;  dieser  Kern  liegt  bald  in  der  Mitte,  bald  am  Rand.  — Häufig  lassen  sich  diese  Körperchen  isolirt 
der  dem  Präparat  zugesetzten  Flüssigkeit  schwimmend  erkennen.  Sie  sind  auf  Taf.  II.  in  Fig.  6.  gezeichn| 
sowie  auf  der  untern  Seite  der  Fig.  10.,  woran  sich  sofort  die  Figg.  7.  und  8.  anschliessen  und  die  übrig  | 


23 


arthieen,  von  Fig.  10.  Was  die  Grösse  derselben  anbelangt,  so  zeigen  sie  sich  bedeutend  kleiner  als  Blutkör- 
erchen, wie  sich  aus  der  Vergleichung  der  Fig.  6.  mit  den  kleineren  Exemplaren  von  Fig.  1.  ergibt. 

Aus  der  Verfolgung  der  Entwicklung  des  Exsudats  ergibt  sich,  dass  diese  Körper  als  die  Kerne  der 
iinftigen  Knorpelzellen  anzusehen  sind.  Für  ihre  Bedeutung  als  Kerne  spricht  noch  der  Umstand,  dass  sie 
ei  Zusatz  von  Essigsäure  in  keiner  Weise  verändert  werden. 

Diese  Kerne  scheinen  nicht  aus  einer  homogenen  Substanz  gebildet,  sondern  hohl  zu  seyn:  es  ist  dies 
enigstens  aus  der  Verschiedenheit  ihres  Verhaltens  zu  schliessen,  indem  man  häufig  alle  Kerne  durchsichtig, 
•harl'begränzt,  und  mit  deutlichen  Kernkörpern  versehen  antrifft,  wie  eben  in  den  genannten  Figuren,  während 
e in  andern  Fällen  in  ihrem  Innern  eine  grössere  oder  geringere  Menge  einer  granulirten  Substanz  zeigen, 
>rgl.  Taf.  II.  Fig.  9.  und  Fig.  11.,  durch  welche  der  Kernkörper  mehr  oder  weniger  verdeckt  wird,  so  dass 
: erst  in  späterer  Entwicklung,  wenn  der  Kern  lichter  geworden  ist,  zum  Vorschein  kommt,  vergl.  Taf.  II. 
ig.  14.  Uebrigens  lassen  sich  keineswegs  in  allen  Kernen,  auch  wenn  diese  vollkommen  durchsichtig  sind, 
ernkörper  erkennen,  vergleiche  Taf.  III.  Fig.  1. 

Nach  und  nach  sieht  man  diese  Kerne  immer  häufiger  werden  und  zugleich  an  Umfang  zunehmen,  sowie 
e auch  allmälig  an  Schärfe  der  Umrisse  gewinnen.  Mit  der  Zunahme  derselben  an  Grösse  treten  zugleich 
je  Fetttröpfchen  mehr  zurück,  so  dass  man  bald  durch  das  ganze  Objekt  kaum  noch  hie  und  da  ein  Fett- 
> üpfcheu  erkennt,  wogegen  bald  die  ganze  Masse  fast  nur  aus  jenen  Kernen  zu  bestehen  scheint  und  die 
vischen  diesen  einzelnen  liegende  Zwischensubstanz  mehr  in  den  Hintergrund  tritt,  wie  auf  Taf.  II.  Fig.  12. 
Ind  13. 

Bald  aber,  und  selbst  oft  noch  ehe  die  genannten  ersten  Formelemente  durch  schärfere  Umrisse  von 
nrer  Umgebung  sich  abgränzen,  bemerkt  man  um  sie  einen  etwas  lichteren,  ziemlich  breiten  Hof,  welcher  sicli 
Jach  Aussen  mit  einer  verhältnissmässig  scharfen  Linie  gegen  einen  dunklen  Streif  abgränzt,  der  sich  mit 
t?rwaschenem  Bande  in  die  Zwischensubstanz  verliert,  siehe  Taf.  II.  Fig.  11,  13,  dasselbe  ist  zum  Theil  schon 
tei  Fig.  10.  sichtbar.  Wir  erkennen  hierin  das  erste  sichtbare  Auftreten  der  Knorpelzellen  um  die  vorher  ge- 
bildeten Kerne  und  haben  den  hellen  Hof  um  den  Kern  als  Zellenhöhle  zu  deuten,  deren  umgebende  Wandung 
tan  jetzt  noch  nicht  als  scharf  begränzten  Körper  erkennen  kann.  Oefters  geschieht  es,  dass  in  einem  Theii 
vnes  Präparates  die  Kerne  aus  der  Zelleuhöhle  herausfallen  und  dann  freischwimmend  in  der  Flüssigkeit  an- 
utreflen  sind.  Man  sieht  alsdann  nur  noch  ein  Netzwerk,  dessen  Maschenräume  (die  leeren  Zellenhöhlen)  von 
3r  nicht  für  sich  zu  erkennenden  Wandung  der  Zellen  und  der  Interzellularsubstanz  umschlossen  werden; 
{gl.  Taf.  H.,  Fig.  14,  Taf.  II.  Fig.  13.  (unteres  Ende  des  Präparates),  Taf.  III.  Fig.  1.  u.  s.  w.  Allmälig  tre- 
:n  die  Zellenhöhlen  in  härteren  Formen  hervor  und  sind  alsdann  nur  noch  von  einer  dunklen  Linie  umgeben 
ind  durch  dieselbe  von  der  inzwischen  heller  gewordenen  Zwischensubstanz  abgegränzt,  vergl.  besonder^  Fig. 
i.  auf  Taf.  III. 

Oefters  begegnet  man  Knorpelzellen,  welche  zwei  Kerne  enthalten,  vergl.  Fig.  5.  auf  Taf.  III. ; doch  muss 
ih  es  dahin  gestellt  seyn  lassen,  ob  in  solchen  Fällen  die  beiden  Kerne  ursprünglich  der  Zelle,  in  welcher  sie 
i ch  finden,  augehören,  oder  ob  wir  in  diesem  Vorkommen  eine  Andeutung  einer  Vermehrung  der  Kuorpelzellen 
on  sich  aus  annelunen  dürfen. 

Während  bis  dahin  keine  messbare  Dicke  der  Zellenwandung  zu  erkennen  war,  finden  wir  in  der  letzten 
Entwicklung  der  Knorpelzelle  vor  der  Verknöcherung  eine  Wandung  von  oft  sehr  beträchtlicher  Dicke,  welche 
lieh  durch  eine  mehr  oder  weniger  scharfe  Linie  von  der  Interzellularsubstanz  abgränzt.  Man  findet  nämlich 
:n  einzelnen  Präparateii  in  einer  gleichmässigen  Substanz  vollständige  Ringe  von  unregelmässig  rundlicher  Form 
:nd  leicht  gelblicher  Färbung,  welche  sowohl  nach  Aussen  als  nach  Innen  durch  scharfe  Linien  begränzt  sind 
aid  einen  hellen  Raum  einschliessen,  in  welchem  bald  ein  unregelmässiger  grauulirter  Kern  sich  findet,  bald 
licht.  Solche  Zellen  sind  auf  Taf.  III.  in  Fig.  3.  abgebildet.  An  einzelnen  Stellen  konnte  ich  selbst  frei- 
iihwimmende  Zellen  erkennen,  die  sich  ganz  auf  die  angegebene  Weise  verhielten  und  gleichfalls  bald  einen 
ern  enthielten,  bald  nicht.  Zwei  solcher  isolirter  Zellen  sind  auf  Taf.  III.  Fig.  4.  gezeichnet.  Wo  sich  die  Kerne 
‘och  fanden,  da  erschienen  sie  selten  mehr  mit  feingranulirten  oder  glatten  Rändern  und  gleichförmigem  Inhalt 
m den  Kernkörper  herum  versehen,  welcher  letztere  in  den  wenigsten  Fällen  mehr  zu  unterscheiden  war, 


24 


sondern  sie  waren  unregelmässig  gebuchtet,  wie  geschrumpft,  welches  Ansehen  sofort,  wie  bald  weiter  gez* 
werden  soll,  mehr  und  mehr  zuuimmt. 

Die  letzterwähnte  Metamorphose  der  Knorpelzelle  ist  indess  durchaus  kein  nothwendiges  Moment  für 
Verknöcherung,  indem  man  häufig  auch  Knorpelzelleu  den  Verknöcherungsprozess  eingehcn  sieht,  ohne  d 
dieselben  die  beschriebene  Verdickung  ihrer  Wandung  erfahren  hätten. 

Es  gehen  nämlich  die  Knorpelelemente  nunmehr  unmittelbar  in  Knochenelemente  über.  Dieser  Ueberga 
ist  jedoch,  wie  gesagt,  keineswegs  an  ein  bestimmtes  Entwicklungsstadium  der  Knorpelzelle  gebunden,  sondi 
kann  früher  oder  später  eintreten.  Die  Bedingungen  für  ein  früheres  oder  späteres  Eintreten  lassen  sich  zi 
Theil  wenigstens  deutlich  nachweisen.  Man  findet  die  Knorpelzelle,  ohne  dass  sie  den  zuletzt  geschildert 
Grad  der  Ausbildung  zeigte,  an  den  Stellen  bereits  in  den  Prozess  der  Verknöcherung  übergegangen,  wo  ei 
reichliche  Zufuhr  von  Bildungsmaterial  stattfindet.  Daher  zeigt  sich  die  Knorpelzelle  selbst  in  einem  frühe 
Stadium  schon  in  der  unmittelbaren  Umgebung  eines  Gefässes  verknöchert;  es  erscheint  die  Verknöchern 
des  Knorpels  in  seiner  ganzen  Masse  daher  da  am  frühesten,  wo  zahlreiche  Gefässe  vorhanden  sind,  seyen 
ältere,  oder  neugcbildete,  von  welchen  aus  der  Knorpel  nach  allen  seinen  Richtungen  mit  einer,  zu  seiner  w 
tern  Umwandlung  das  Material  liefernden  Flüssigkeit  durchdrungen  wird.  So  kommt  es  daher  auch,  dass  i 
wohl  in  der  vielbesprochenen  Ecke  des  Callus  zwischen  Beinhaut  und  Knochen,  wo  die  Exsudatschichte  düi 
daher  von  den  alten,  hier  noch  unverletzten  Gefässen  der  Beinhaut  aus  leicht  mit  Flüssigkeit  zu  durchdring 
ist,  als  auch  in  der  gefässreichen  Markhöhle  so  sehr  frühe  schon  Verknöcherung  zu  finden  ist.  An  den  Stell 
eines  gebrochenen  Knochens  dagegen,  wo  vollständige  Loslösung  der  Beinhaut  vom  Knochen  mit  Zerreissui 
der  Gefässe  stattfand,  also  namentlich  im  ganzen  Umfang  der  Bruchränder,  wo  ein  organisirles  Exsudat  v< 
beträchtlichem  Umfang  auftritt,  (wie  eben  hier  der  Callus  einen  bedeutenden  Durchmesser  zeigt,)  da  findet  au 
viel  später  erst  Verknöcherung  statt,  womit  übrigens  zugleich  Gefässneubildung  angelrofien  wird,  welci 
letztere  aber  der  neuen  Metamorphose  des  knorpligen  Exudats  ohne  Zweifel  vorangehen  musste.  Ein  rasehj 
Fortschreiten  der  Verknöcherung  an  den  von  den  Bruchenden  entferntesten  Stellen  wird  aber  auch  dadun 
noch  aufgehaltcn,  dass  mit  dem  allmäligcn  Erlöschen  der  Entzündung  die  Lieferung  von  plastischem  Exsudj 
fast  bis  zum  physiologischen  Niveau  herabsinkt.  Diess  hat  dann  wohl  auch  zur  Folge , dass  die  einzeln* 
Elemente  Zeit  finden,  ihre  höchste  Ausbildungsstufe  zu  erreichen,  Avie  Avir  diess  an  den  letzten  Resten  vi 
Knorpelsubstanz  in  dem  sonst  durclnveg  verknöcherten  Callus  fanden.  Dasselbe  gilt  auch  für  die  weiteren  Ve 
Änderungen  der  Knorpelzelle,  wenn  sie  in  den  Verknöchern ngsprozess  eiugeht.  Hand  in  Hand  mit  der  längs 
meren  oder  rascheren  Verknöcherung  geht  der  Grad  der  Ausbildung  der  einzelnen  Stadien  im  Verlauf  des  Ve 
knöcherungsprozesses.  Man  sucht  darum  an  Stellen,  avo  die  genannten  Bedingungen  eine  rasche  EntAvicklui 
der  Elemente  begünstigen , nicht  allein  vergebens  nach  jener  hohen  Ausbildung  der  Knorpelzelle , sondern  ms 
findet  auch  nicht  leicht  Gelegenheit,  die  Anfangsstadien  des  Verknöcherungsprozesses  nachzuAveisen,  oder  übe 
haupt  in  schöner  Reihenfolge  alle  die  Formen  neben  einander  zu  sehen,  welche  in  den  folgenden  Abschnitt* 
beschrieben  Averden.  Belege  für  das  hier  Ausgesprochene  finden  sich  übrigens  auch  noch  andenvärts  und  n 
mentlich  gibt  solche  die  vergleichende  Untersuchung  verknöchernder  Rippenknorpel,  Kehlkopfkuorpel  des  Me 
sehen  an  die  Hand,  avovoii  in  den  beigegebenen  Tafeln  Abbildungen  aufgenommen  sind. 

Wir  sahen  früher,  dass  nicht  allein  an  den  Stellen  Verknöcherung  auftritt,  avo  die  knorplige  Calluska 
sei  unmittelbar  auf  dem  Knochen  aulliegt,  sondern  auch  von  demselben  entfernt  dasselbe  stattfindet ; Avir  lande 
dass  diese  Verknöcherung  immer  zuerst  an  der  innern  Peripherie  des  Callus  auftritt,  selbst  Avenn  fremdarti; 
Substanzen  sich  ZAvischen  Callus  und  Bruchenden  auf  eine  Aveite  Strecke  hin  eingeschoben  haben,  z.  B.  Bh 
koagulum,  was  bei  mehreren  der  vorliegenden  Kuochenbrüche  und  bei  Fig.  11.  Taf.  I.  der  Fall  Avar;  es  Avur 
ferner  gezeigt,  Avie  von  der  soeben  envähnten  zuerst  verknöcherten,  innern  Fläche  des  Callus  nach  der  äusse 
Wand  desselben,  also  gegen  die  Beiiihaut  zu,  gleichfalls  feine  Streifen  von  neugebildeter  Knochensubstanz  vt 
laufen  Avelche  mit  breiter  Basis  auf  der  schon  verknöcherten,  innern  Wand  des  Callus  aufsitzen  und  gegen  t 
Beinhaut  hin  allmälig  sich  zuspitzen  und  vcrschAvinden,  vergleiche  die  Figg.  3.  4.  u.  s.  av.  auf  Taf.  I.  Fass 
A\ir  diese  Punkte  ins  Auge,  so  bedürfen  wir  hier  Avenigstens  zur  Erklärung  des  Verknöcherungsprozesses  nie 
jenes  von  Vogel  aufgestelllen  Gesetzes  der  analogen  Bildung,  und  wir  anerkennen  in  dem  Verknöcherimgspi 
zess  nur  eine  Aveitere  EntAvicklungstufe  der  Knorpelzelle. 


25 


Die  Veränderungen  nun,  welche  mit  der  Knorpelzelle  ferner  vor  sich  gehen  bis  zur  vollendeten  Ver- 
knöcherung, sind  folgende: 

Man  entdeckt  zunächst  an  der  innern  Wandung  der  Membran  der  Knorpelzelle,  und  zwar  oft  nur  auf 
t Einer  Seite  der  Zellhöhle,  eine  anfänglich  ganz  geringe  Anzahl  von  feinen  Körnern,  welche  erst  nur  mit  Mühe 
als  solche  kenntlich  sind,  wie  auf  Taf.  III.  Fig.  7.,  welche  aber  bald  dunklere  Ränder  zeigen.  Durch  das 
:|  l'eberhandnehmen  dieser  Körnchenmasse  verliert  die  innere,  der  Zellhöhle  zugekehrte  Seite  der  Zellwandung 
i ihren  glatten  Rand  und  erscheint  nunmehr  körnig,  während  die  äussere,  wenn  sie  überhaupt  zu  unlerscheiden 
4 ist,  sich  noch  glatt  zeigt.  — Die  Zellhöhle  erscheint  durch  diesen  Beschlag  von  feinen,  dunkeln  Körnchen 
’j  gleichfalls  fast  schwarz.  Indem  jetzt  auch  in  der  Interzellularsubstanz  solche  Körnchen  auftreten,  lässt  sich 
1 bald  äussere  und  innere  Wandung  der  Zellmembran  nicht  mehr  unterscheiden , und  man  erkennt  nun  nur  in 
'einer  dunkeln  körnigen  Masse  noch  dunkler  gefärbte,  mehr  oder  weniger  regelmässige  Kreise,  welche  den 
4 Rändern  der  Zellhöhlen  entsprechen,  in  welchen  meist  die  Kerne  noch  enthalten  sind.  Die  Fig.  8,  welche 
I zwar  nach  einem  Präparat  aus  einem  verknöcherten  menschlichen  Schildknorpel  gezeichnet  ist,  die  ich  aber 
:der  vollständigen  Uebereinstimmung  halber  gerne  aufnahm,  gibt  ein  treues  Bild  dieses  Stadiums,  welches  wir 
=f in  der  Fig.  9 (welche  nach  einem  Präparat  aus  dem  äussern  Callas  einer  Taube  gezeichnet  ist,)  bereits  et- 
J was  weiter  vorgeschritten  finden.  Dieser  Anfang  der  Verknöcherung  der  Knorpelzellen  findet  sich  auch  bei 
Knochen  junger  Katzen  in  dem  zwischen  Epiphysen  und  Diaphysen  liegenden  Knorpel.  Der  hier  beschriebene 
; Prozess  der  Verknöcherung  scheint  also  nicht  blos  in  pathologisch  auftretender  Verknöcherung  zu  beobachten 
"zu  seyn,  sondern  als  allgemein  gültiger  angenommen  werden  zu  müssen.  — Fügt  man  diesen  Präparaten  Salz- 
Säure  zu,  so  verschwindet  die  feinkörnige  Masse  gänzlich,  das  Objekt  wird  wieder  hell  und  zeigt  dann  noch 
"'ganz  dasselbe  Verhalten  wie  die  noch  knorpligen  Stellen  in  der  Umgebung. 

Wie  aber  bei  diesem  ersten  Stadium  schon  die  Höhle  der  Zelle  es  ist,  welche  die  ersten  augenfälligen 
"Veränderungen  zeigt,  so  treten  auch  die  folgenden  Erscheinungen  eben  dort  wieder  am  frühesten  auf.  Dicht 
‘neben  Knorpelzellen,  welche  das  eben  geschilderte  Verhalten  zeigen,  erkennt  man  die  Zellhöhlen  nicht  mehr 
4 mit  einem  feinkörnigen  Beschlag  ausgekleidet,  sondern  an  der  Stelle  der  feinen  Körnchen  sieht  man  jetzt 
“•grössere,  unregelmässig  gestaltete  Körner  (Fig.  9.  Taf.  III.),  welche  an  Zahl  bedeutend  geringer,  gleichfalls 
'sehr  dunkle  Ränder  zeigen  und  bei  verschiedener  Einstellung  des  Mikroskops  gestreift,  wie  aus  über  einander 
'gelegten  Platten  zusammengesetzt  erscheinen  und  überhaupt  viele  Aehnlichkeit  in  ihrem  optischen  Verhalten 
"'mit  den  kleinen  Krystallen  zeigen,  welche  in  kalkhaltigem  Wasser  so  oft  durch  ihre  Gegenwart  lästig  fallen. 
‘(Vergl.  Taf.  IV.  Fig.  1.)  Diese  Ablagerung  im  Umfang  der  Zellhöhlung,  welche,  A\ie  sich  aus  dem  Angeführten 
^ergibt,  nothwendig  schon  eine  Verengerung  dieser  Höhle  bewerkstelligen  muss,  kann  anfangs  bestehen,  ohne 
"dass  die  ZAvischen  den  einzelnen  Zellhöhlen  befindlichen  Substanzbrücken  irgend  Avelchen  Antheil  nehmen.  So 
'kommt  es  denn,  dass  man  am  Verknöcherungsrand  des  Knorpels  oft  vollständige  Ringe  findet  (Taf.  V.  Fig.  2.), 
'welche  eine  Höhle  umgeben  und  aus  lauter  an  einander  gereihten  Körnern  gebildet  sind.  — Dieselben  Ver- 
wunderungen, A\ie  in  den  Zellhöhlen,  sieht  man  nun  auch  bald  in  der  ganzen  Masse  auftreten,  Avelche  ZAvischen 
"den  einzelnen  Zellhöhlen  liegt.  Auch  hier  sind  an  die  Stelle  der  feinkörnigen  Masse  Avenigere,  aber  grössere 
Körner  getreten,  Avelche  sich  von  den  in  den  Zellhöhlen  vorfindigen  in  Vichts  unterscheiden.  Mit  dem  Auftreten 
Solcher  grösserer  Körner  durch  das  ganze  Objekt  wird  dasselbe  Avieder  heller  und  durchsichtiger,  als  diess 

"'zuvor  aa  ährend  der  Ablagerung  jener  vielen  feinen  Körnerder  Fall  Avar.  Vergl.  Fig,  9.  Taf.  III.,  Fig.  1.  Taf.  IV. 

Aber  schon  jetzt  nimmt  eine  Erscheinung  unsere  Aufmerksamkeit  in  Anspruch,  Avelche  sich  in  der  Folge 

Ammer  deutlicher  charakterisirt  und  Avesentlichen  Einfluss  auf  die  spätere  Gestaltung  der  Objekte  erlangt.  Es 

^sind  nämlich  die  eben  erwähnten  unregelmässigen  Körner  nicht  in  der  Art  fest  an  einander  gedrängt,  dass  sie 
'"Eine  Masse  bildeten,  sondern  die  einzelnen  erscheinen,  Avenn  auch  nicht  nach  allen  Seiten,  von  einander  ge- 
'Vrennt;  es  entstehen  also,  zudem  begünstigt  durch  die  unregelmässige  Form  der  Körner,  allenthalben  ZAvischen- 
^räume,  Avelche  sich  häufig  ZAvischen  den  einzelnen  Körnern  hindurch  als  zusammenhängend  unter  einander 
'Verfolgen  lassen.  Zunächst  und  am  augenfälligsten  Avieder  zeigen  sich  diese  ZAvischenräume  im  Umfang  der 
“4zellhölile , avo,  Avie  Avir  sahen,  zuerst  die  Körner  ringsum  als  Auskleidung  der  Zellhöhle  erscheinen.  Durch- 
schnitte zeigen  hier  einen  Ring  von  Körnern , Avelche  meist  eine  abgerundet  viereckige  Gestalt  besitzen, 

4 


26 


welche  aber  einander  nicht  unmittelbar  berühren,  sondern  sehr  deutlich  einen  Zwischenraum  zwischen  sic! 
lassen;  man  erkennt  so  im  ganzen  Umfang  der  höhle  von  dieser  aus  zwischen  den  Körnern  je  nach  der  vei 
schiedeneu  Einstellung  des  Mikroskops  dunkle  oder  lichte  Linien,  welche  radial  nach  allen  Richtungen  hi; 
verlaufen  und  von  den  dunkeln  scharfen  Konturen  der  Körner  begränzt  werden.  Da  sich  aus  dem  Folgende] 
ergeben  wird,  dass  dieselben  nichts  anderes  seyen,  als  die  Anfänge  der  im  ausgebildeten  Knochen  als  Ca  na 
liculi  chalicophori  von  J.  Müller  bezeichneten  Kanälchen,  so  sollen  sie  fortan  der  Kürze  halber  al 
Kanälchen  bezeichnet  werden. 

Diese  Verhältnisse  sind  auf  den  beiliegenden  Tafeln  wiedergegeben.  Fig.  7,  8 und  9.  Taf.  III.  zeigt  nebei 
einander  erst  die  feinkörnige  Ablagerung  iu  die  Höhle  der  Knorpelzelle,  sowie  auch  die  Uebergangsform  zu  dei 
nächsten  Figuren,  indem  schon  in  Fig.  9.  grössere  Körner  an  die  Stelle  der  vielen  kleineren  getreten  sine 
In  ausgesprochenerem  Grade  aber  zeigt  das  Betreffende  die  Fig.  1.  auf  Taf.  IV.,  wo  sich  bereits  durch  da! 
ganze  Objekt  der  zuletzt  beschriebene  Bau  zeigt.  Man  erkennt  um  die  Zellhöhlen  noch  jene  Ringe  von  Kör 
Hern,  zwischen  welchen  Körnern  Kanälchen  gegen  die  Interzellularsubstanz  hinziehen,  welche  letztere  abe 
gleichfalls  schon  mit  Körnern  derselben  Art  sich  durchsäet  zeigt.  Zugleich  gibt  diese  Figur  einen  Beleg  fiii 
den  oben  ausgesprochenen  Satz,  dass  die  Reihenfolge  in  der  Verknöcherung  des  Knorpels  nicht  immer  di< 
angegebene  ist,  oder  dass  Avenigstens,  auf  was  oben  im  Allgemeinen  hingewiesen  Avurde,  nicht  überall  all« 
Stufen  so  deutlich  ausgeprägt  sind,  wie  sie  in  dieser  Darstellung  der  EntAvicklungsgeschichte  gegeben  Averdei 
muss;  deim  man  erkennt,  Avährend  die  eine  Seite  des  Präparats  noch  Knorpel  zeigt,  die  andere  bereits  in  den 
Verknöcherungsprozess  begriffen,  aa eiche  indessen,  mit  Ueberspringung  des  ersten,  gleich  das  ZAveite  der  ge| 
schilderten  Stadien  zeigt.  Aehuliche  Belege  geben  ferner  Taf.  UI.  Fig.  6.,  Taf.  IV.  Fig.  3. 

In  der  Folge  sieht  mau  nun  auf  den  ersten  Blick  schon  das  Bild  verändert;  das  ganze  Objekt  erscheini 
heller,  Aveil  die  vorenvähnten  Körner  ihre  breiten  dunklen  Ränder  meist  verloren  haben ; die  Körner  erscheinet! 
bald  auch  grösser  und  es  hat  den  Anschein,  als  Avären  manche  derselben  zusammengeflossen;  kaum  lasset! 
sich  noch  einzelne  Körner  isolirt  und  scharf  begränzt  unterscheiden;  eben  so  wenig  gelingt  es  jetzt  noch  zi 
erkennen,  Avas  der  einen,  Avas  der  andern  Zelle  angehört;  jener  Ring  um  die  Zellhöhle  ist  nicht  mehr  zi 
unterscheiden.  Auch  hier  sind  es  aber  Avieder  die  Kanälchen,  Avelche  gleich  ins  Auge  fallen.  Traten  dieselbei 
auch  bisher  aa  eiliger  deutlich  henor,  so  bedarf  es  doch  jetzt  nur  eines  oberflächlichen  Blickes,  um  sie  alt 
solche  zu  erkennen.  Nach  allen  Richtungen  hin  entdeckt  man  solche  Kanälchen  verlaufend,  aber  meist  nut 
auf  eine  kurze  Strecke  lässt  sich  das  einzelne  verfolgen  und  verliert  sich  dann  in  eine  venvischte,  dunkli 
Linie,  die  sich  in  den  verschiedensten  Krümmungen  fortsetzt  und  an  einer  andern  Stelle  Avieder  als  deutliche; 
Kanälchen  zum  Vorschein  kommt.  Bei  verschiedener  Einstellung  des  Mikroskops  sieht  man,  Avie  eigentlicl 
sämmtliche  Kanälchen  gleich  einem  NetZAverk  unter  einander  Zusammenhängen,  in  der  Nähe  der  Höhlen  abe: 
sämmtlich  die  Richtung  gegen  diese  hin  nehmen  und  in  diese  einmünden.  Die  Fig.  2.  auf  Taf.  IV.,  Avelcln 
einem  in  Verknöcherung  begriffenen  menschlichen  Rippenknorpel  entnommen  und  genau  nachgebildet  ist,  is 
bestimmt,  das  Angegebene  deutlicher  zu  machen. 

Von  hier  aus  ist  nur  ein  kleiner  Schritt  zu  dem  Stadium,  das  in  Fig.  4.  Taf.  IV.  gezeichnet  ist.  Imme: 
mehr  scheint  die  [zAvischen  den  einzelnen  Zellhöhlen  befindliche  Körnermasse  in  Eines  zusammengeflossen  zi 
seyn,  nirgends  erkenut  man  mehr  einzelne  Körner ; damit  haben  aber  hier  die  Kanälchen  an  Anzahl  bedeuten« 
abgenommen  und  zeigen  zugleich  eine  bestimmtere  Richtung  gegen  die  Zellhöhle  hin.  Wo  sich  nämlich  solch« 
Kanälchen  finden,  da  verlaufen  sie  in  der  Hauptrichtung  sämmtlich  gegen  das  Centrum  der  Höhle  hin ; sie  sin« 
dabei  auf  bedeutend  längere  Strecke  hin  deutlich  sichtbar,  als  diess  früher  der  Fall  Avar,  und  ihr  frühere 
sehr  geschlängelter  Verlauf  ist  mehr  gestreckt  geworden.  Verfolgt  man  die  einzelnen  Kanälchen  Aveiter,  s« 
findet  man  sie  häufig  nicht  einfach,  sondern  sie  spalten  sich  in  mehrere,  nach  verschiedenen  Richtungen  ver 
laufende,  namentlich  aber  entdeckt  man  auch  jetzt  noch,  wie  die  einzelnen  Kanälchen,  welche  von  benachbarte] 
Höhlen  kommen,  ununterbrochen  in  einander  übergehen.  — Die  Zellhöhlen  zeigen  jetzt  ebenfalls  ein  Aeränderte 
Aussehen:  statt  dass  sie  seither  der  runden  Form  mehr  oder  Aveniger  nahe  kamen,  höchstens  Avährend  de 
zuletzt  geschilderten’Sludien  durch  die  ringförmig  um  sie  gelagerten  Körner  an  den  Wandungen  uneben  ge 
Avorden  AAareu,  zeigen  sie  jetzt  entschieden  eckige  Formen.  Diese  Ecken  aber  gehen  unmittelbar  über  in  di 
erwähnten  Kanälchen,  Avelche  trichterförmig  sich  enveiternd  in  die  Zellhöhle  einmünden.  — Zugleich  aber  mit  diese 


27 


i estaltveränderimg  hat  sich  auch  die  Zellhöhle  verengt,  während  in  gleichem  Maasse  die  zwischen  den 
•inzeluen  Zellhöhleu  befindlichen  Substanzbrücken  an  Durchmesser  zugenommen  haben. 

Um  diese  Zeit  gelingt  es  zuweilen,  die  auf  die  angeführte  Weise  in  den  Verknöcherungsprozess  einge- 
langenen  ehemaligen  Knorpelzellen  isolirt  und  bald  mehr  bald  weniger  vollständig  erhalten  zu  bekommen, 
•ig.  3.  auf  Taf.  IV.,  aus  einem  menschlichen  Schildknorpel,  zeigt  am  Verkuöcherungsrand  mehrere  solche 
ierknöcherte  Knorpelzellen  nur  an  wenigen  Stellen  unter  einander  zusammenhängend.  Fig.  5.  gibt  mehrere 
eispiele  von  vollständig  isolirten  Knochenzellen.  Fig.  5 a.  zeigt  in  ausgesprochenem  Grad  jenes  Stadium,  wo 

Inerst  zwischen  grösseren,  noch  die  dunklen  Ränder  zeigenden  Körnern  die  Anfänge  der  Kalkkanälchen  zu 
rkennen  sind,  deren  Lumen  sich  im  Grund  der  Höhle  in  Form  kleiner  heller  Ringe  darstellt.  Dasselbe  zeigt 
ig.  5 b.,  welche  einem  weiteren  Stadium  angehörig,  obwohl  nur  Bruchstück,  gleichwohl  mit  der  bisherigen 

ichilderung  übereinstimmt.  Ebenso  findet  auf  die  Figg.  5 c.  und  d.  das  bisher  Gesagte  mit  wenigen  unwe- 
intlichen  Abweichungen  seine  Anwendung. 

Aehnliche  isolirte  Knochenzellen  aus  verschiedenen  Stadien,  nebst  grösseren  und  kleineren  Haufen  unter 
juander  zusammenhängender,  fand  ich  im  Verlaufe  dieser  Untersuchungen  auch  in  einem  Exsudat  auf  der 
leien  Oberfläche  der  Araclmoidea  eines  Menschen.  — Ich  ergreife  diese  Gelegenheit  zu  bemerken,  dass  von 
L*n  mancherlei  Verknöcherungen,  welche  man  pathologischerweise  in  den  verschiedensten  Geweben  antrifft 
lud  welche  man  gegenwärtig  gewohnt  ist,  als  Vermengung  der  Gewebtheile  mit  in  unorganischer  Form  ab- 
gelagerten Kalksalzen  anzusehen,  viele  wohl  wirkliche  Knochenbildung  in  der  einfachen  Form  vereinzelter  oder 


truppenweise  gestellter  Knochenzellen  dürften  erkennen  lassen,  wenn  auch  zwischen  denselben  entschieden 
iaorganisirte  Ablagerungen  sich  vorzufinden  scheinen.  Ich  werde  hiezu  veranlasst  durch  das  Resultat  ver- 
Fhiedener  Untersuchungen  über  solche  Verknöcherung,  insbesondere  z.  B.  an  Verknöcherung  in  der  Schilddrüse, 
labe  jedoch  bis  jetzt  zu  wenig  Material  hierüber  sanuneln  können , als  dass  ich  mich  bestinnnter  aussprechen 
Her  ein  allgemeines  Gesetz  hierüber  aufstellen  möchte.  Ich  behalte  mir  desswegen  vor,  bei  einer  späteren 

Ielegenheit  diesen  Punkt  auf's  Neue  zu  besprechen *  1 * 3). 

1)  Anmerkung.  Eine  auffallende  Aehnlichkeit  zeigen  diese  Formen  mit  einer  Art  von  Zellen,  welche  ich  mich  früher 

i bei  Untersuchung  pllanzlicher  Objekte  in  den  Früchten  verschiedener  Pyrusarlen  gefunden  zu  haben  erinnerte  und 
welche  ich  der  interessanten  Parallele  wegen  hier  aufnehme.  Die  harten  Körner  nämlich,  welche  im  Fleisch  solcher 
Früchte  oft  zu  grösseren  Massen  vereinigt  sind,  bestehen  aus  lauter  dickwandigen  Zellen  ohne  eine  bestimmte  Form, 

I deren  einige  in  Fig.  6.  Taf.  IV.  abgebildet  sind.  Auch  hier  finden  sich  dieselben  dicken  Wandungen,  welche  eine 
unregelmässige  Höhle  umschliessen,  deren  Zacken  in  feine,  oft  wieder  verästelte,  Kanälchen  auslaufen,  die  nach  allen 
Richtungen  hin  gegen  die  Peripherie  ausstrahlen.  Obgleich  die  hier  gezeichneten  Zellen  grösser  sind  als  die  der  Fig.  5. 
u.  s.  w.,  so  ist  diese  Abweichung  in  der  Grösse  doch  keineswegs  bei  allen  zu  linden,  und  man  sieht  neben  einander 
eben  sowohl  Zellen , welche  gegen  die  Fig.  5.  an  Grösse  zurückstehen,  als  auch  solche , welche  noch  grösser  als  die 
in  Fig.  6.  gezeichneten  sind.  Selbst  in  Bezug  auf  Anordnung  stimmen  diese  Pflanzenzellen  um  so  vollständiger  mit 
den  obigen  Formen  überein,  als  auch  hier  die  Kanälchen  zweier  benachbarter  Zellen  fast  regelmässig  auf  einander 
treffen,  wovon  eben  eine  der  beigefügten  Figuren  ein  Beispiel  gibt.  Der  einzige  Unterschied  zwischen  diesen  so 

3 ähnlichen  Formen,  der  indessen  erst  nicht  allenthalben  so  scharf  wie  in  der  Figur  hervortritt,  wäre  etwa  der,  dass  bei 
diesen  pflanzlichen  Zellen  die  Zahl  der  Kanälchen  eine  grössere  ist,  und  dass  bei  den  letzteren  alle  Verhältnisse  viel 
schärfer  und  typischer  ausgesprochen  sind. 

Die  Vergleichung  von  Vielen  derselben  wies  aber  auch  in  der  Entwicklungsgeschichte  eine  merkwürdige  Ueber- 
einstimmung  nach.  Wie  wir  oben  erst  eine  runde  Höhle  und  verhältnissmässig  dünne  Wandungen  fanden,  welche 
letztere  sich  auf  Kosten  der  Höhle  mehr  und  mehr  verdicken , wie  wir  zugleich  die  Höhle  unregelmässig  und  ausge- 
zackt werden  sehen,  so  begegnet  uns  dasselbe  auch  bei  diesen  Pflanzenzellen. 

Das  natürlich  ganz  abweichende  chemische  Verhalten  dieser  Zellen  geht  uns  hier  nichts  an. 
r*  Die  Pflanzenanatomie  lehrt  uns  in  den  beschriebenen  Zellen  Zellen  mit  sog.  Tüpfelkanälen  erkennen.  Da  wir 

>»  nun  in  der  Entwicklung  der  Knochenelemente  und  der  genannten  Zellen,  sowie  in  dem  ausgebildeten  Zustand  beider 
g die  vollständigste  Analogie  antreffen,  so  dürfen  wir  kein  Bedenken  tragen,  die  sog.  Kalkkanälchen  der  Knochen  als 
Tüpfelkanäle  anzusprechen,  welche  die  Reste  der  Höhlen  benachbarter  Zellen  (die  sog.  Knochenkörperchen)  unter 
ä einander  verbinden,  wenn  auch  vielleicht  eine  Abweichung  in  der  Analogie  sich  darin  heraussteilen  könnte,  dass  in 

* den  pflanzlichen  Zellen  die  ursprünglichen  Zellwandungen  immer  noch  als  Scheidewände  zu  den  Tüpfelkanälen  anzu— 

Ü1  treffen  sind,  während  diese  in  dem  Verknöcherungsprozess  untergegangen  zu  seyn  scheinen. 


cl 


28 


Theorie  der  Knochen- 
elemente. 


Die  Veränderungen  nun,  denen  wir  im  ferneren  Verlauf  der  Verknöcherung  noch  begegnen,  sind  folgend 
"Während  das  ganze  Objekt  mehr  und  mehr  hell  wird,  indem  die  zwischen  den  einzelnen  Zellhöhlen  befindlich 
Substanzbrücken  immer  gleichmässiger  und  compakter  werden,  findet  man  die  Zellhöhlen  immer  mehr  von  ibj 
frühem  rundlichen  Form  sich  entfernend;  sie  nehmen  immer  unregelmässigere  und  tiefer  ausgezackte  Gesti 


an,  verlieren  aber  zugleich  immer  mehr  an  Grösse,  so  dass  das  Verhältnis  des  Durchmessers  der  Höhlen 


dem  der  zwischen  ihnen  befindlichen  Masse,  das  anfangs  bei  den  Höhlen  bedeutend  Uberwiegte,  sich  je 
gerade  umgekehrt  hat.  Gleichzeitig  damit  gränzen  sich  die  Ränder  der  Höhlen  immer  schärfer  ab  und  ti 
teu  auch  die  trichterförmigen  Einmündungsstellen  der  Kanälchen  schärfer  hervor.  Wir  sehen  darin  jetzt  d£ 
was  man  Knochenkörperchen  zu  nennen  übereingekommen  ist.  Die  Kanälchen  selbst  treten  gleichfa 
deutlicher  hervor  und  mau  findet  noch  wue  früher  häufige  Anastomosen  mit  von  benachbarten  Höhlen  herkoi 
menden  Kanälchen;  nicht  selten  findet  man  ihre  Durchschnitte  als  zerstreute  kleine  Ringe  in  der  sog.  FIj| 
linsubstanz  und  kann  auch  deren  Ursprung  in  den  Höhlen  (den  Knochenkörperchen)  deutlich  in  ähnlicher  b 
stalt  erkennen. 

Ist  dieses  Stadium  der  Ausbildung  erreicht,  so  zeigt  sich  keine  wesentliche  Veränderung  mehr  im  Objel 

Selten  mag  es  um  diese  Zeit  noch  gelingen,  eine  Gränze  zwischen  den  einzelnen  ursprünglichen  Zell 
zu  unterscheiden.  Doch  ist  es  interessant,  wie  selbst  in  diesem  letzten  Stadium  noch  wenigstens  in  Eim 


Falle  regelmässig  und  in  ausgezeichnetem  Grade  eine  Trennung  derselben  sich  zeigt,  nämlich  in  den  Thi« 


zähnen.  Die  Figur  4.  Taf.  V.  gibt  dieses  Verhalten  wieder,  das  sich  an  der  Stelle  findet,  wo  Cäment  u 
Schmelz  an  einander  gränzen.  Was  wir  oben  auf  Taf.  IV.  in  Fig.  5 a.  b.  c.  d.  aus  einem  früheren  Stadii 
sahen,  das  finden  wir  hier  wieder,  nachdem  die  Verknöcherung  die  letzte  Stufe  erreicht  Fiat,  die  sie  überhai 


erreichen  kann,  und  wir  müssen  die  in  dem  vorliegenden  Präparat  wenigstens  zum  grössten  Tlieil  isolirt 


rundlichen  Körper  als  dieselben  Formen  anerkennen,  d.  h.  als  eigentliche  Knochenzellen. 


:c. 


Um  ohne  Unterbrechung  die  wesentlichsten  Punkte  hervorheben  zu  können,  welche  bei  der  Umwandlu 
der  Knorpelzelle  bis  zum  Stadium  der  vollendeten  Verknöcherung  von  Interesse  sind,  musste  in  dem  Seitherig 
die  Verfolgung  der  Schicksale  der  Kerne  der  Knorpelzellen  ausgeschlossen  bleiben.  Die  Veränderungen,  Avek 
sich  in  dieser  ganzen  Zeit  an  denselben  erkennen  lassen,  können  in  wenigen  Worten  zusammengefasst  werdtl 
obschon  keineswegs  in  allen  Fällen  dieselben  gleich  sind.  Während  man  nämlich  auf  der  einen  Seite  sch 


im 


frühe,  selbst  ehe  der  erste  Anfang  der  Verknöcherung  zu  erkennen  ist,  die  Kerne  der  Knorpelzellen  in  eim 


lei 

1 


Zustand  findet,  der  keinen  Zweifel  darüber  lässt,  dass  dieselben  beginnen  sich  zuriickzubildeii  uud  zu  v< 
schrumpfen,  (wofür  die  Fig.  3.  Taf.  III.  ein  Beispiel  gibt,)  erkennt  man  auf  der  andern  Seite  an  einzeln 
Präparaten  die  Kerne  der  Knorpelzellen  selbst  bis  zum  letzten  Stadium  der  Verknöcherung  noch.  Belege  au 
hiefür  enthalten  mehrere  der  schon  genannten  Figuren. 

Insoweit  ich  nach  meinen  gelegentlich  gemachten  Beobachtungen,  nicht  consequent  in  dieser  Riclitu 
durchgeführten  Untersuchungen,  zu  Schlüssen  berechtigt  bin,  scheint  auch  diese  Verschiedenheit  des  Vorkommt 


äl 

!»[ 


von  der  rascheren  oder  langsameren  Verknöcherung  überhaupt  abhängig  zu  seyn,  und  zwar  in  der  Art,  dt 


bei  langsamer  Entwicklung  der  Elemente  die  Kerne  schrumpfen  und  schwinden,  ehe  es  zu  den  späteren  o( 
selbst  früheren  Stadien  der  Verknöcherung  kommt,  dass  bei  rascher  Verknöcherung  dagegen  die  Ivnorpelze 
alle  Stadien  der  Verknöcherung  durchlaufen  hat,  ehe  noch  der  Kern  Zeit  fand,  der  Resorption  zu  unterlieg 
Im  Allgemeinen  lässt  sich  nur  soviel  darüber  sagen,  dass  die  Kerne  der  Knorpelzellen  um  die  Z 
ungefähr,  wo  sich  die  Anfänge  von  Verknöcherung  zeigen,  sich  zurückzubilden  beginnen,  so  dass  sie  na 
Vollendung  derselben  verschw  unden  sind.  In  keinem  Fall  jedoch  spielen  die  Kerne  w ährend  der  Verknöcheru 
irgend  eine  Rolle,  welche  für  die  letztere  von  Bedeutung  wäre,  es  müsste  denn  seyn,  dass  man  auf  sie 


Bezug  auf  ihre  besondere  Form  an  gewissen  Stellen  insofern  Werth  legen  wollte,  als  sie  die  von  weiter 


Folgen  begleitete  Formverschiedenheit  der  Zelle  überhaupt  ausdrücken,  wovon  später. 

Wenn  wir  das  Bisherige  zusammenfassen,  so  knüpfen  sich  daran  mehrfache  Bemerkungen  über  E 


ff! 

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Ifc 

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Hfl 


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ioei 


Stellung  und  Deutung  dessen,  was  man  im  fertigen  Knochen  unter  dem  Mikroskop  erkennt. 

Was  zuerst  die  sog.  Knochenkörperchen  betrifft,  so  weist  uns,  obschon  es  ausser  Zw'eifel  gestellt  i 
dass  dieselben  Höhlen  sind,  (was  sich  unter  Anderm  auch  bei  schiefen  Durchschnitten  derselben  zeigt,  Avelc 


E;f 

laiin 


29 


mail  zuweilen  an  den  Rändern  feiner  Präparate  erhält)  die  seither  Schritt  für  Schritt  verfolgte  Entwick- 
lungsgeschichte der  Verknöcherung  der  Knorpelzelle  unumstösslich  nach,  dass  eben  diese  Höhlen  nichts  an- 
ders sind,  als  die  Reste  der  Höhlen  der  früheren  Knorpelzellen. 

Zugleich  ergibt  sich  aber  auch  daraus,  welche  Deutung  wir  der  sog.  Hyalinsubstanz  beizulegen  haben. 
Es  muss  nämlich  dieselbe  angesehen  werden  als  ursprünglich  aus  drei  Faktoren  gebildet,  nämlich  aus  der 
mit  Knochenerde  durchdrungenen  Interzellularsubstanz,  wenn  nämlich  die  Knorpelzellen  sich  nicht  unmittel- 
bar berührten,  aus  der  ins  Innere  der  Knorpelzellen  abgelagerten  Substanz  und  der  im  ausgebildeten  Kno- 
chen nicht  mehr  erkennbaren  Membran  der  Knorpelzelle,  welche  dieselben  Veränderungen  wie  die  Interzcl- 
lularsubstanz  erlitten  hat. 

Es  liegt  nicht  im  Bereich  der  Aufgabe  dieser  Abhandlung,  auf  die  chemische  Zusammensetzung  dieser 
Ablagerung  näher  einzugehen,  welche  die  Verknöcherung  bedingt.  So  weit  jedoch  die  gewöhnlichen  chemi- 
schen Hiilfsmittel  des  Mikroskopikers  darüber  Aufschluss  zu  geben  im  Stande  sind,  ist  der  Schluss  erlaubt, 
dass  dieselbe  nicht  bloss  unorganischer  Natur  seyn  kann,  indem  an  Präparaten,  welche  mit  Salzsäure  behan- 
delt werden,  die  sog.  Knochenkörperchen  ihre  frühere  Form  und  Grösse  noch  ganz  unverändert  beibehalten. 
Da  die  Hyalinsubstanz,  wenn  auch  im  Ganzen  etwas  verändert,  doch  bei  Vergleichung  der  einzelnen  Stellen 
unter  einander  keine  Verschiedenheit  derselben  erkennen  lässt,  so  muss  daraus  geschlossen  werden,  dass  je- 
denfalls die  ins  Innere  der  Höhle  der  Knorpelzelle  erfolgte  Ablagerung  noch  eine  organische,  also  ohne  allen 
Zweifel  Knorpelsubstanz  enthält. 

Obige  Entwicklungsgeschichte  der  Verknöcherung  verbreitet  nun  aber  auch  Licht  über  die  Entstehung 
und  Bedeutung  der  von  J.  Müller  als  Canaliculi  chalicophori  bezeichneten  Kanälchen.  Es  drängt  sich  uns 
bei  genauer  Verfolgung  aller  einzelnen  Momente,  welche  die  verschiedenen  Entwicklungsstadien  charakterisi- 
ren  und  welche  auch  die  beiliegenden  Zeichnungen  wiedergeben,  folgende  Ansicht  auf: 

Die  ganze  Masse  des  späterhin  verknöchernden  Exsudats  wird  von  einer,  durch  die  allen  oder  neuge- 
bildeten Gefässe  gelieferten  Flüssigkeit  durchdrungen,  welche  viele  feste  Bestandtheile  aufgelöst  enthält,  die 
in  verschiedener  Weise  Verwendung  finden.  Während  die  Knorpelzelle  aus  dieser  Flüssigkeit  sich  überhaupt 
bildet  und  sofort  daraus  das  Material  zu  ihrer  weitern  Entwicklung  als  Knorpelzelle  entnimmt,  äussert  sich 
bei  der  ausgebildeten  Zelle  der  Einfluss  derselben  Flüssigkeit  in  der  Weise,  dass  aus  letzterer  iii  Form  feiner 
Körnchen  die  festen  Bestandtheile  sich  absetzen,  organische  sowohl  als  unorganische,  und  zwar,  wie  wir 
iahen,  zuerst  an  den  Wandungen  der  Zellhöhle.  Diese  bald  massenweis  auftretenden  Körnchen  nehmen  nun  durch 
fortdauernden  Zufluss  rasch  an  Grösse  zu  und  werden  zum  Tlieil  dadurch  an  einander  gelöthet.  Da  die  jetzt 
' grösseren , gewöhnlich  unregelmässig  gestalteten  Körner  selbst  für  Flüssigkeit  wenig  oder  gar  nicht  mehr 
jermeabel  sind,  so  ist  diese  genötliigt,  sich  zwischen  diesen  Körnern  hindurch  einen  Weg  zu  suchen,  und 
:s  ist  damit,  wenn  wir  uns  den  Mittelpunkt  der  Zellhöhle  als  den  Mittelpunkt  für  alle  ringsum  vorgehenden 
Veränderungen  denken,  der  Zufluss  immer  neuen  Materials  auf  verhältnissmässig  wenigere  Punkte  beschränkt, 
in  welchen  Stellen  die  Membran  der  Knorpelzelle  und  die  Interzellularsubstanz  allmälig  resorbirt  zu  werden 
‘ icheint.  Wenigstens  spricht  für  das  Letztere  der  Umstand , dass  man  an  Präparaten , welche  mit  Salzsäure 
»ehandelt  wurden,  noch  immer  Kanälchen  entdeckt,  welche  von  den  Höhlen  (Knochenkörperchen)  auslaufen  und 
)ft  unter  einander  in  Zusammenhang  stehen.  — So  muss  zwischen  diesen  Körnern  hindurch  ein  zusammen- 
längendes Netz  von  Kanälen  entstehen,  von  welchen  die  Zellhöhle  rings  umschlossen  wird  und  welche  auf 
liese  Weise  mittelbar  oder  unmittelbar  in  letztere  einmünden.  Durch  dieses  Netz  von  Kanälchen  stehen  denn 
' mcli  zwei  benachbarte  Zellhöhlen  und  in  weiterer  Reihe  sämmtliche  Zellhöhlen  unter  einander  in  Verbindung. 
J's  sind  diess  die  Stadien,  welchen  etwa  die  Figg.  1.  2 auf  Taf.  IV.  entsprechen.  — Während  bisher  von 
iner  bestimmten  Anordnung  und  einem  regelmässigen  Verlauf  dieser  Kanälchen  keine  Rede  seyn  konnte, 
ndert  sich  die  Sache  nun  bald  in  der  Weise,  dass  durch  beständige  Absetzung  aus  der  inkrustirenden  Flüssigkeit  im- 
ler  mehr  Körner  unter  einander  verschmelzen,  wodurch  zugleich  auch  viele  der  ursprünglich  so  zahlreichen 
tanälchen  verschlossen  werden,  namentlich  aber  werden  diejenigen  noch  offenen  Durchtrittsstellen  für 
'Bissigkeit  einer  Inkrustation  von  Seiten  letzterer  am  meisten  ausgesetzt  seyn,  welche  eine  von  der  Haupt- 
ichtung  der  eindringenden  Flüssigkeit  abweichenden  Verlauf  haben.  Daher  kommt  es  denn,  dass  einerseits 

n K • 

4 * 


30 


Organisation  des  Exsu- 
dats zu  Zellgewebe, 


die  Zahl  dieser  Kanäle  bedeutend  abnimmt,  andrerseits  dass  die  Richtung  der  noch  offen  gebliebenen  immer 
mehr  eine  bestimmte  und  regelmässige  wild,  dass  sie  nämlich  in  der  Hauptrichtung  in  fast  gerader  Linie 
gegen  das  Centrum  der  Zellhöhle  verlaufen.  — Diese  Zellhöhlen , die  anfangs  rundlich  waren  und  einen 
grossem  Durchmesser  besassen,  als  die  zwischen  ihnen  liegende  Substanz,  erleiden  sowohl  in  Bezug  auf  Um- 
fang als  Gestalt  gleichfalls  Veränderungen , Mährend  sich  die  ebengenannten  Erscheinungen  in  ihrer  Umgebung 
zeigen.  Dadurch  nämlich,  dass  die  genannten  Kanälchen  die  letzterwähnte  Richtung  mehr  und  mehr  anneh 
men  und  gegen  das  Centrum  der  Höhle  zulaufen,  ist  der  fortschreitenden  Ablagerung  fortan  ein  bestimmter 


Ort  vorgezeichnet,  dieselbe  ist  auf  das  Ende  oder  die  Einmündungsstelle  der  Kanälchen  in  die  Höhle  be- 


schränkt. Indem  sich  daselbst  die  Masse  ablagert,  werden  einerseits  die  Kanälchen  verlängert,  andererseits 
ebendadurch  die  Höhle  mehr  und  mehr  verengert  und  in  der  Weise  unregelmässig  gestaltet,  dass  sie  ein  viel- 
eckiges und  zackiges  Aussehen  bekommt,  wobei  die  Zacken  stets  der  trichterförmigen  Einmündungsstelle  dei 
Kanälchen  entsprechen. 

Um  eine  zusammenhängende  Darstellung  der  Umwandlungen  des  Exsudats,  das  in  Folge  von  Knochen 
brüchen  erscheint,  soweit  dasselbe  zur  Bildung  des  knöchernen  Callus  beiträgt,  von  seinen  ersten  bestimm-: 
teren  Formen  an  bis  zur  vollendeten  Verknöcherung  möglich  zu  machen,  erschien  es  passend,  vorerst  abzuse 
hen  von  etwaigen  anderweitigen  Formen,  unter  denen  das  Exsudat  auftritt.  — Wir  begegnen  solchen  in  dei 
Nähe  der  Beinhaut,  und  wir  wenden  uns  zuerst  zur  Untersuchung  der  Veränderungen,  welche  in  dieser  statt 
finden.  Wir  fanden  dieselbe  bald  nach  erfolgter  Fraktur  geröthet,  geschwollen,  gelockert;  sie  scheint  in  ili 
rer  ganzen  Dicke  von  flüssigem  Exsudat  durchdrungen.  Die  mikroskopische  Untersuchung  weist  wenig  Abwei 
chung  vom  normalen  Zustand  nach,  doch  zeigen  sich  auch  in  ihr,  wie  in  den  übrigen  Weichtheilen , d» 
schon  früher  erwähnten  Exsudatkugeln,  Blutkörperchen,  Fetttröpfchen,  welche  man  aber  bald  nicht  mehr  dai 
selbst  zu  finden  vermag.  Von  mehr  Belang  zeigt  sich  indessen  das  Verhalten  der  innersten  Schichte  der  Bein 
haut  sowohl  an  den  Stellen,  an  welchen  die  Beinhaut  aus  der  Continuität,  mit  dem  Knochen  vollständig  ge 
löst  wurde,  als  auch  in  der  Nähe  derselben  noch  da,  wo  die  Beinhaut  mit  dem  Knochen  noch  zusammenhängt fe. 
Während  schon  die  oberflächliche  Untersuchung  daselbst  einen  klebrigen,  gallertigen  Beschlag  zeigt,  erkenm  i 
man  unter  dem  Mikroskop  an  feinen  Schnitten  aus  solchen  Stellen  nicht  mehr  durchweg  das  gewöhnliche  Fa 
sergewebe  der  Beinhaut  gleichmässig,  die  Fasern  haben  nicht  sännntlich  mehr  ihre  scharfen  Umrisse,  sonderi  t?r» 
je  weiter  nach  Innen,  desto  undeutlicher,  verwaschener  erscheinen  sie,  bis  sich  endlich  in  einer  hellere] 
Grundmasse  nur  mit  Mühe  noch  kurze,  zarte,  dunklere  und  unter  einander  parallele  Streifen  noch  erkennen 
lassen,  die  sich  selbst  weiterhin  in  einer  ganz  unbestimmten,  kaum  elwras  feinkörnigen  Masse  verlieren,  verg 
Taf.  II.  Fig.  5.  An  den  Stellen,  wo  die  genannten  kurzen  Längsstreifen  sich  zeigen,  findet  man  an  dei|r  a 
Rändern  der  Präparate  zarte,  zackige  oder  spindelförmige  Hervorragungen , während  zugleich  eine  Meng 
einzeln  oder  in  grösseren  oder  kleineren  Bündeln  zusammenhängender,  frei  in  der  Flüssigkeit  umherschwimfcfc 
inender  Elemente  sichtbar  ist,  welche  in  1,2  oder  3 Spitzen  auslaufen,  in  ihrem  Innern  meist  einen  deutli  ialir 
chen  Kern  erkennen  lassen,  übrigens  aber  nur  äusserst  zarte  Umrisse  zeigen.  Aus  diesen  aneinander  gedräng  bid 
ten  spindelförmigen  Elementarorganen,  welche  in  Fig.  4.  Taf.  II.  wiedergegeben  sind,  besteht  eben  auch  di 
genannte  kurzgestreifte  Schichte  auf  der  inneren  Peripherie  der  Beinhaut , welche  ganz  allmälig  in  di  li 
Schichte  normaler  Fasern  der  Beinhaut  übergeht.  — An  der  Stelle  nun,  wo  die  letzten  Reste  von  bestimmte 
Formen,  wie  wir  sie  eben  noch  fanden,  in  einer  gänzlich  gestaltlosen  Masse  untergegangen  sind:  — als  a F 
am  weitesten  nach  Innen  gegen  den  Knochen  zu  und  am  entferntesten  von  der  eigentlichen  Beinhaut  — tai  «t 
chen  allmälig  dunklere,  wenn  auch  sehr  undeutliche  und  verwaschene  unregelmässige  Figuren  auf,  wrelch 
bald  mit  Bestimmtheit  als  rundliche  Körper  zu  unterscheiden  sind,  die  um  eine  helle  Mitte  zarte  dunklere  Kor  ü. 
turen  erkennen  lassen;  die  immer  bestimmteren  Umrisse  lassen  bald  keinen  Zweifel  mehr,  dass  diese  Forme  sto n 
nichts  anders  sind,  als  die  jungen  Kerne  der  künftigen  Knorpelzellen.  Verfolgt  man  die  Reihenfolge  von  hit  titlii 
aus  weiter,  immer  in  der  seitherigen  Richtung  von  Aussen  nach  Innen  fortschreitend,  so  zeigen  sich  di  | 
Knorpelelemente  in  der  früher  angeführten  Weise  immer  schärfer  ausgeprägt,  und  endlich  wird  die  Reihe  dt 
organisirten  Exsudats  zwischen  Beinhaut  und  Knochen  dadurch  'geschlossen,  dass  am  äussersten  Endpunkt 
vollständige  Verknöcherung  eingetreten  ist,  welche  neugebildete  Knochensubstanz  dem  alten  Knochen  theilweb 


Sl! 


Mi 


31 


• umittelbar  aufliegt  und  fest  mit  ihm  zusammenhängt,  so  dass  nur  durch  abweichenden  Verlauf  der  Markka- 
älchen  (entsprechend  d.  Fig.  1.  Taf.  I.)  eine  Verschiedenheit  beider  noch  nachweisbar  ist. 

bringt  man  in  einer  späteren  Zeit,  wo  schon  sämmtliches  Exsudat  in  der  Organisation  vorgeschritten 
,t , indess  doch  nicht  soweit , dass  schon  sämmtliche  Knorpelzellen  in  Verknöcherung  übergegangen  wären, 
inen  Schnitt  unter  das  Mikroskop,  welcher  die  Beinhaut  und  einen  Theil  des  Knorpels  noch  enthält,  so  er- 
ennt  man  auf  der  einen  Seite  des  Präparates,  der  Reinhaut  entsprechend,  eine  Faserschichte,  welche  in 

• ichts  von  der,  der  normalen  Reinhaut  eigenthümlichen,  sich  unterscheiden  lässt;  auf  der  andern  Seite  dagegen 

• odet  man  die  gewöhnlichen  Knorpelelemente  in  einem  der  vorgerückteren  Stadien  mit  mehr  oder  weniger 
nitlich  getrennter  Zellmembran;  zwischen  diesen  und  der  Reinhautschichte  aber  finden  sich  trotz  der  durch 
is  ganze  Objekt  durchweg  scharf  gezeichneten  Formen  so  allmälige  Uebergänge  zwischen  Fasern  und  Kernen 
er  Knorpelzellen,  dass  es  nicht  möglich  ist,  an  einzelnen  Punkten  sich  zu  entscheiden,  ob  man  sie  für  das 
ine  oder  das  andere  halten  soll,  vergl.  Fig.  6.  Taf.  III.  Ganz,  wie  hier,  verhält  es  sich  auch  z.  R.  im  Schild- 

: norpel  gegen  dessen  Perichoudrium  hin.  Eben  am  Schildknorpel , wenn  derselbe  in  der  Verknöcherung  be- 
rufen ist,  fand  ich  die  feinkörnige  Ablagerung  selbst  noch  in  sehr  langgestreckten  Knorpelzellen  zunächst 


an  Perichoudrium. 

Es  erhellt  aus  dem  Angegebenen,  dass  die  Reinhaut  aus  dem  Heilungsprozesse  gebrochener  Knochen 
cht  unverändert  hervorgeht,  sondern  dass,  während  der  eine  Theil  des  Exsudats  zwischen  ihr  und  dem 
nochen  zu  Knorpel  sich  organisirt,  der  andere  sich  in  ein  Fasergewebe  umgestaltet,  das  sich  in  keiner  Weise 
m dem  der  alten  Beinhaut  unterscheidet.  Uebrigens  bedürfte  es  der  Beihülfe  des  Mikroskops  nicht,  um  eine 
onalune  der  Masse  der  Reinhaut  nachzuweisen,  da  schon  das  blose  Auge  eine  Verdickung  der  von  dem  ver- 
jaöcherten  Gallus  abgezogenen  Reinhaut  in  Vergleichung  mit  andern  Stellen  der  Beinhaut  leicht  entdeckt,  ob- 
ohl  diese  Verschiedenheit  sich  mit  der  Zeit  mehr  und  mehr  ausgleicht. 

Diejenige  Form  des  organisirten  Exsudats,  welche  die  obenerwähnte  Massenzunahme  der  Beinhaut  be- 
ingt , findet  sich  indess  nicht  allein  unmittelbar  zunächst  der  Beinhaut , sondern  es  begegnet  uns  dieselbe 
ich  an  anderen  Stellen  wieder. 

Man  trifft  nicht  selten  durch  den  Knorpel  sich  hindurchziehend  sehr  helle,  dünne,  mehrfach  verästelte 
:jsern,  welche  mit  den  elastischen  Fasern  Übereinkommen,  und  in  ihrer  Hauptrichtuug  meist  parallel  mit  der 
( einhaut  verlaufen ; zwischen  ihnen  erscheinen  die  Kerne  der  Knorpelzellcn  bald  unregelmässig  eingestreut, 
ild  in  fast  regelmässigen  Reihen  angeordnet.  Ein  Beispiel  der  ersteren  Art  gibt  Fig.  2.  Taf.  III.  ln  der 
ihe  der  Beinhaut  finden  sich  diese  Fasern  in  grösserer  Menge  als  weiter  davon  entfernt;  sie  verlaufen  bald 
nzeln , bald  zu  kleinen  Bündeln  vereinigt. 

Man  findet  nun  aber  auch  in  einer  dem  eben  genannten  Verlauf  entgegengesetzten  Richtung  Faserzüge 
• *n  Knorpel  durchsetzend , die  von  grösserer  Wichtigkeit  sind.  Es  kam  schon  im  I.  Abschnitt  eine  cigen- 
ümliche  Erscheinung  zur  Sprache,  dass  man  nämlich  in  der  noch  knorpligen  Calluskapsel  häufig,  wenn 
ich  nicht  immer  sehr  deutlich  zahlreiche,  dieselbe  senkrecht  durchsetzende  und  untereinander  ziemlich  paral- 
. le  Streifen  erkennt,  vergl.  Taf.  I.  Fig.  1.  f. , (welche  gegen  die  innere  Peripherie  des  Callus  oft  Aveisse 
arbe,  Härte,  beim  Darüberstreichen  mit  dem  Messer  Knistern  zeigen).  Diese  Streifen  findet  man  unter  dem 
ikroskop  aus  Faserbündeln  gebildet,  die  mit  der  Beinhaut  in  der  Art  in  Verbindung  stehen,  dass  die  inner- 
en Fasern  der  letztem  umgebogen  und  zu  einem  rechtwinklig  von  ihr  entspringenden  Faserzug  verei- 
gt  erscheinen.  Derselbe  fällt  alsbald  durch  seine  gelbröthliche  Färbung  unter  dem  Mikroskop  auf; 
t dabei  bald  dicker  bald  dünner  und  zeigt  noch  ferner  das  Eigenthiimliche , dass  in  seiner  nächsten  Umge- 
ing  die  Kerne  der  Knorpelzellen  sehr  langgestreckt  sind;  je  weiter  dieselben  aber  davon  entfernt  liegen, 
i *sto  mehr  verlieren  sie  diesen  Charakter,  bis  sich  endlich  wieder  sämmtliche  Dimensionen  dieser  Kerne  aus- 
j ^glichen  und  sie  die  gewöhnlich  unregelmässig  rundliche  Form  angenommen  haben.  Auch  hier  tritt  also  ganz 
isselbe  Verhältuiss  auf,  das  wir  oben  zunächst  der  Beinhaut  fanden  (Fig.  6.  Taf.  III.) 

Die  eben  beschriebenen  Faserbündel  sind  es  aber  auch  gerade,  in  deren  Umfang  die  Elemente  des 
. uorpels  in  Vergleichung  mit  den  übrigen  Parthieen  am  weitesten  in  der  Entwicklung  voran  sind.  Hier  ge- 


de  ist  es.  wo  zuerst  jene  feinkörnige  Ablagerung  auftritt,  welche,  auf  den  ersten  Blick  durch  ihre  dunkle  sudats. 


Zeitfolge  derVerkno- 
cherung  in  den  einzel- 
nen Theilen  des  Ex- 


32 


Farbe  auffallend,  den  Anfang  der  Verknöcherung  bildet.  Verfolgt  man  diese  Faserstränge  immer  weiter  nai 
der  innern  Peripherie  des  Callus  zu,  so  zeigt  sich,  je  weiter  man  in  dieser  Richtung  untersucht,  desto  weit 
die  Umwandlung  der  Kiiorpelzellen  in  Knochenzellen  vorgeschritten,  und  in  desto  grösserem  Umfang  ist  d 
Umgebung  dieser  Stränge  in  den  Verknöcherungsprozess  hereingezogen,  so  dass  gegen  die  innere  Obcrfläcl 
des  Callus  hin  die  Knochenmasse  aller  dieser  Stränge  zusammengeüossen  erscheint  und  dadurch  eine  z 
sammenhängende  knöcherne  Lamelle  bildet,  von  welcher  aus  somit  gegen  die  Beinhaut  hin  die  (in  Fig.  1.  Ti 
I.  gezeichneten)  dünnen  und  spitz  gegen  dieselbe  zu  endenden  Streifen  aus  derselben  Knochensubstanz  au 
laufen.  — Das  angegebene  Verhalten  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass  diese  Faserstränge  als  nichts  ande 
anzusehen  sind,  denn  als  die  Scheiden  neugebildeter  Gefässe. 

Da  in  der  Umgebung  der  Gefässe  ein  Exsudat  durch  immer  neues  Bildungsmaterial  die  Befähigung  e 
hält,  seine  Entwicklungsstadien  viel  rascher  zu  durchlaufen,  als  an  entlegeneren  Stellen,  wo  die  Verhältnis 
in  Bezug  auf  das  Angegebene  ungünstiger  sind,  so  erklärt  sich  daraus,  warum  gerade  an  den  oben  genan 
ten  Stellen  zuerst  Verknöcherung  eintritt.  — Es  erklärt  sich  aber  vielleicht  auch  ferner  aus  der  zuvor  e 
wähnten  Verschiedenheit  der  Form  der  Knorpelelemente,  je  nachdem  sie  nämlich  in  der  unmittelbaren  Umg 
bung  der  Gefässe,  oder  entfernter  davon  sich  finden,  wie  auch  im  fertig  gebildeten  Knochen,  entsprechei 
dieser  Verschiedenheit,  gleichfalls  an  den  entsprechenden  Stellen  eine  ganz  ähnliche  Verschiedenheit  in  d 
Form  der  Knochenkörperchen  angetroffen  wird.  Die  Dimensionen  derselben  sind  nämlich  nicht  bei  a 
len  gleich,  es  zeigen  vielmehr  in  der  Regel  die  um  ein  Gefäss  herumliegenden  eine  mehr  plattgedriickt 
längliche  Form,  so  dass  ihre  breiten  Flächen  gegen  das  Gefäss  einer-  und  die  Peripherie  andrerseits  g 
kehrt  sind.  Auf  einem  quer  durch  ein  solches  Gefäss  geführten  Schnitt  erkennt  man  die  Knochenkörpcrcln 
in  concentrischen  Ringen , indem  sie , je  weiter  davon  entfernt , desto  unregelmässigere  Anordnung  zeigen  ui 
zugleich  in  ihrer  Gestalt  sich  in  der  Weise  verändern , dass  ihre  Dimensionen  sich  immer  mehr  ausgleiche 
Es  ist  also  diess  dasselbe  Verhalten,  das  wir  schon  im  Knorpel  vorgebildet  finden.  Ueberdiess  ist  es  wah 
scheinlich,  da  wir  den  bedeutenden  Einfluss  der  Nähe  der  Gefässe  auf  das  umgebende  Exsudat  anerkennt 
müssen,  dass  in  der  Richtung  vorzugsweise  Verengerung  der  Höhlen  der  Knorpelzellen  durch  die  inkrustlrent 
Flüssigkeit  erfolgt , in  welcher  eben  diese  letztere  ihren  Weg  nehmen  muss,  dass  also  der  gegen  das  Gefäi 
gerichtete  Durchmesser  der  Zellhöhle  durch  Absetzung  von  knochenerdiger  Substanz  immer  mehr  abninmn 
wogegen  die  weiter  entfernt  liegenden  Zellen  dem  Einfluss  des  einen  Gefässes  weniger  direkt  ausgesetzt  sind  un 
durch  benachbarte  andere  Gefässe  derselbe  in  der  Art  mehr  und  mehr  aufgehoben  wird,  dass  die  Ablagerun 
in  die  Zellhöhlen  von  allen  Seiten  mehr  gleichmässig  stattfindet,  daher  im  fertigen  Knochen  die  Knochei 
körperchen  an  solchen  Stellen  eine  mehr  rundliche  Form  zeigen. 

Der  Vollständigkeit  halber  muss  nun  auch  derjenigen  Veränderungen  noch  gedacht  werden,  dene 
wir  in  der  Markhöhle  gebrochener  Knochen  begegnen.  Es  ist  darüber  wenig  zu  sagen,  zumal  da  die  Callu; 
bildung  daselbst,  wenn  eine  solche  überhaupt  vorhanden  ist,  im  Wesentlichen  dieselbe  ist,  wie  ausserhalb  de 
Bruchenden;  Abweichungen  wurden  schon  anderwärts  berücksichtigt  und  auch  erwähnt,  dass  sich  die  Marl* 
Substanz  mitunter  durch  die  ganze  Höhle  durchaus  gleichmässig  und  normal  zeigt.  Hier,  wie  ausserhalb  d< 
Bruchenden  zwischen  den  Weichtheilen,  sind  die  zahlreichen  Exsudatkugeln  die  einzigen  Repräsentanten  pi 
thologischer  Vorgänge. 

Substantia  intermedia.  Am  undankbarsten  erweist  sich  die  Untersuchung  der  als  Substantia  intermedia  bezeichneten  Masst 

Dieselbe  geht  oft  allmälig  und  ohne  dass  man  eine  Gränze  anzugeben  im  Stande  wäre,  in  die  gesunde  Mark 
Substanz  über,  und  diess  namentlich  da,  wo  zugleich  der  innere  Callus  wenig  oder  gar  nicht  entwickelt  ist 
wie  diess  z.  B.  bei  dem  Bruch  des  einen  von  zwei  neben  einander  liegenden  Knochen  vorkommt.  Wo  si< 
deutlich  zu  erkennen  ist,  zeigt  sie  unter  dem  Mikroskop  in  einer  unbestimmt  körnigen  gelblichen  Masse  vic 
les  Fett  in  grösseren  und  kleineren  Tröpfchen  bald  isolirt,  bald  auf  verschiedene  Weise  gruppirt  in  zusam 
menhängenden  Reihen  und  Haufen  wie  in  Fig.  3.  Taf.  H.,  sowie  die  verschiedenen  Formen  von  Exsudatkugel) 
und  Blutkörperchen;  da  und  dort  findet  man  in  geringer  Anzahl  Fasern.  — Eine  Verfolgung  der  Untersuchuni 
dieser  Substanz  in  verschiedenen  Altern  gibt  keine  befriedigenderen  Resultate  und  muss  zu  der  Ueberzeuguni 
führen,  dass  diese  Substanz  nichts  anders  seyn  kann,  als  das  Blut,  welches  im  ganzen  Umfang  der  Bruch 


33 


stelle,  soweit  Gefässe  zerrissen  wurden,  sich  ergoss,  untermischt  mit  Trümmern  von  Marksubstanz , wo  sol- 
che vorhanden,  und  vielleicht  theilweise  mit  entzündlichem  Exsudat  der  verschiedenen  in  Entzündung  versetz- 
ten Theile,  mit  welchem  dasselbe  manchfach  in  Berührung  kommen  musste,  aus  dessen  Organisation  vielleicht 
das  Vorkommen  der  wenigen  Fasern  darin  zu  erklären  ist,  wenn  diese  nicht  etwa  aus  der  zerrissenen  Mark- 
substanz stammen  oder  der  Organisation  des  Blutfaserstofl's  ihre  Entstehung  verdanken.  — 

Diese  Deutung  der  Substantia  intermedia  erhält  um  so  mehr  Wahrscheinlichkeit , da  man  an  denselben 
Stellen  in  späteren  Zeiten  der  Heilung  eine  ähnliche,  jedoch  dunklere  und  trockenere  Masse  wiederfindet,  die 
noch  immer  ohne  organischen  Zusammenhang  mit  den  Bruchrändern  geblieben  ist. 


i 


3 


Theorie  der  Callusbildung. 


llachdem  in  den  vorhergehenden  Abschnitten  theils  von  den  bis  jetzt  über  die  Heilung  der  Kno- 
chenbrüche gehegten  Ansichten  die  Rede  Avar,  theils  eine  Reihe  neuer  direkter  und  indirekter  Untersuchung« 
über  denselben  Punkt  mitgetheilt  wurde,  ist  es  die  Aufgabe  dieses  vorliegenden  Abschnittes,  die  Resultat« 
dieser  letzteren  als  Maasstab  für  die  seitherigen  Ansichten  anzuwenden. 

Obschon  es  jetzt  allgemein  angenommen  ist , dass  die  Heilung  gebrochener  Knochen  durch  einen  Callm 
geschieht,  welcher  aus  einem  Exsudat  entsteht,  das  in  Knorpel-  und  Knochensubstanz  sich  umwandelt,  obschoi 
es  jetzt  als  ausgemacht  angesehen  wird,  auf  welche  Art  diess  geschieht,  und  welches  die  bei  diesem  Prozes 
betheiligten  Organe  sind,  so  sind  doch  die  Abweichungen  eigener  Untersuchungen  von  den  bisherigen  s< 
manchfach  und  so  wichtig,  dass  eine  Zusammenstellung  dieser  Punkte  gerechtfertigt  erscheinen  muss. 

Rei  Vergleichung  der  im  I.  Abschnitt  geschilderten  Fälle  musste  sich  schon  die  Ueberzeugung  aufdrängen 
dass  seither  die  verschiedenen  Formen,  unter  denen  die  Rriiche  auftreten  können,  nicht  genug  auseinande: 
gehalten  wurden.  Es  wurde  bei  Gelegenheit  der  Beschreibung  derselben  darauf  hingewiesen,  wie  diese  of 
auffallenden  Verschiedenheiten  unter  sonst  ganz  gleichen  äusseren  Umständen  auftreten;  es  wurde  erwähnt 
dass  gerade  eine  gewisse  Gruppe  von  Fällen  unverhältnissmässig  häufig  auftritt,  die  keineswegs  geeignet  erscheint 
über  das  Wesentliche  des  Hergangs  Aufschluss  zu  geben ; ja , es  kann  nicht  geläugnet  werden , es  sind  die  Fäll  10 
geradezu  sehr  selten,  welche  diesen  zu  geben  im  Stande  sind,  und  es  scheinen  selbst  Fälle,  welche  die  Figg.  3 
4.  abbildet,  noch  nicht  rein  typisch  zu  seyn  *)•  Erwägt  man,  dass  die  Knochenbrüche  bei  Menschen  verhält  11 
nissmässig  selten  in  einem  Zustand  zur  Untersuchung  kommen,  wo  sie  noch  geeignet  sind,  Aufschluss  über 
den  ganzen  Hergang  zu  geben , bedenkt  man  die  mangelhaften  Hülfsmittel , der  Sache  durch  Versuche  a ^ 
Thieren  auf  den  Grund  zu  kommen,  bei  welchen  es  kaum  gelingt,  einen  ordentlichen  Verband  anzulegen  un  ^ 
vor  Allem  grösste  Ruhe  des  Gliedes  zu  erzielen;  — so  kann  es  unter  solchen  Umständen  keine  Verwunderun 
erregen,  dass  so  lange  Zeit  schon  die  widersprechendsten  Ansichten  über  diesen  Gegenstand  herrschten,  bcls 
sonders  wenn  man  sich  noch  erinnert , dass  oft  selbst  die  Heilung  der  Brüche  per  secundam  intentionem  mi 
der  per  primam  zusammen  geworfen  wurde,  bis  endlich  Dupuytren’ s Theorie  eines  provisorischen  und  dt  ,(*a 
finitiven  Callus  die  Widersprüche  zu  vereinigen  strebte.  Wem  erschiene  auch  dieselbe  nicht  plausibel,  Avenn  e a- 


i)  Anmerkung.  Bei  den  Figg.  3.  4.  13.  14.  Taf.  I.  zieht  sich  durch  den  noch  knorpligen  Callus  ein  feiner  KnochenstreJ  Mt 
parallel  der  Beinhaut  von  einem  Bruchende  zum  andern.  Bei  der  sonst  so  häufig  ausgesprochenen  Neigung  der  Brüi  diei 
che  , zu  wiederholten  Malen  durch  äussere  Areran!assung  neues  Exsudat  auftreten  zu  lassen , kann  ich  nicht  umhiij  j t 
auch  diese  Fälle  als  unter  gleichem  Einfluss  entstanden  anzusehen  , indem  ich  die  innerhalb  des  Knochenstreifs  gelej1(|r 
gene  Exsudatschichte  als  die  ältere  betrachte,  über  welcher,  ehe  noch  Gefässe  in  ihr  sich  zu  bilden  oder  mit  de 
Gefässen  der  Beinhaut  in  Arerbindung  zu  treten  Zeit  fanden,  neuerdings  eine  Exsudatschichte  abgelagert  wurde,  wel  ll 
che,  bei  der  grösseren  Nähe  der  Ernährungsgefässe  der  Beinhaut,  der  älteren  Schichte  in  der  Entwicklung  voraneilei 
und  an  der  Glänze  gegen  das’ältere  Exsudat  bereits  in  Verknöcherung  übergehen  konnte.  P 


35 


B.  die  Fig.  22  ins  Auge  fasst?  Und  doch  dürfen  wir,  soferne  wir  Belege  für  eine  andere  Art  der  Ent- 

ehung  solcher  Fälle  haben,  und  sofern  gewiss  ein  einziger  Fall,  wie  der,  welchen  Fig.  3,  4 abbildet,  un- 

lleich  beweisender  ist  als  viele  andere,  gerade  auf  Fälle  wie  Fig.  22  keine  Ansicht  gründen  über  den  Hergang 
i Allgemeinen. 

Wir  wären  bei  dieser  Sachlage  kaum  im  Stande,  mit  Bestimmtheit  aus  dem,  was  mit  blosem  Auge 
chtbar  ist,  einen  Schluss  auf  die  Natur  des  ganzen  Prozesses  zu  ziehen.  Nur  die  mikroskopische  Untersu- 

mng  konnte  uns  die  Mittel  dazu  an  die  Hand  geben,  nur  durch  diese  warde  es  möglich,  den  Gesichtspunkt 

i finden,  von  welchem  aus  das  vorhandene  Material  zu  betrachten  ist,  und  wurde  es  möglich,  dasselbe  zu 
ndern  und  das  Wesentliche  vom  Zufälligen  zu  unterscheiden.  Auf  den  Grund  dieser  Nachweisungen  durch 
is  Mikroskop  wurde  daher  die  obige  Darstellung  der  Art  des  Heilungsprozesses  zu  Anfang  des  I.  Abschnittes 
s typisch  vorangestellt,  von  welcher  alle  andern  als  durch  zufällige  Umstände  entstandene  Modificationen  an- 
isehen  sind. 

Wenn  wir  nun  im  Folgenden  das  durch  eigene  Untersuchungen  gebotene  Material  und  die  daraus  sich 
•gebenden  Resultate  mit  der  bisherigen  Theorie  der  Heilung  der  Knochenbrüche  per  primam  intentionem  zu- 
mimenstellen , so  ergeben  sich  dabei  zwei  Hauptpunkte,  in  welchen  ich  mich  gegen  die  seitherige  Theorie 
issprechen  muss,  sie  betreffen  den  Ursprung  des  Gallus  und  seine  Bildungsweise.  Es  stellen  sich  uns  dem- 
ach  zwei  Fragen,  die  indessen  eigentlich  zusammcnfallen , die  aber  zweckmässiger  abgesondert  behandelt 
erden : 

1.  Von  welchen  Theilen  geht  die  Bildung  des  Gallus  aus? 

2.  Ist  die  Callusbildung  als  Ein  Akt  zu  betrachten  oder  ist  die  Unterscheidung  eines  provisorischen 
und  definitiven  Callus  gerechtfertigt? 

■ 

I. 

Es  soll  hier  zunächst  besprochen  werden,  von  welchen  Theilen  aus  die  Bildung  des  Callus  Ursprung  des  verknö- 
eschehe.  , chernden  Exsudats. 

Die  Ansicht,  dass  der  Callus  durch  Verknöcherung  der  den  Bruch  umgebenden  Weichtheile  gebildet 
I erde , kann  füglich  bei  der  Erörterung  dieser  Frage  übergangen  werden , indem  die  völlige  Grundlosigkeit 
. erselben  sich  aus  dem  früher  Gesagten  schon  ergibt  und  in  dem  Späteren  noch  deutlicher  hervortreten  wird, 
s ist  desshalb  auch  gar  nicht  nothwendig,  dass  darauf  aufmerksam  gemacht  werde,  wie  sehr  eine  solche 
nsicht  im  Widerspruch  stehe  mit  den  seitherigen  pathologisch-histologischen  Erfahrungen , welche  uns  darüber 
jelehren,  dass  niemals  bereits  fertig  gebildete  Elementartheile  in  andere  überzugehen  vermögen.  Dass  der 
p allus  vielmehr  nur  verknöcherndes  Wundexsudat  sey,  ist  aus  dem  Früheren  nicht  zu  verkennen,  und  es  kann 
.ialicr  nur  noch  gefragt  werden,  ob  die  Masse  des  verknöchernden  Exsudats  ihren  Ursprung  aus  den  Gefässcn 
.es  Knochens  oder  denen  der  Beinhaut  herleitet. 

fC 

Wenn  Mi  es  eher  sagt:  „Maxima  cum  veri  similitudine  statuere  possumus,  materiem  inflammatione  ex- 
l?udatam  ea  priraum , qua  exorta  est,  in  structuram  sibi  propriam  abire  : at  vero  eam  semper  in  superficie 
ssis  veteris  in  veram  cartilaginem  osseamque  substantiam  abire  videmus,  ut  primo  etiam  ex  osse  exsudatam 
sse  merito  concludere  possimus.”  — so  lassen  sich  gegen  diesen  Satz  gewichtige  Gründe  geltend  machen. 

Es  erscheint  auf  den  ersten  Blick  allerdings  am  ungezwungensten , die  neue  Knochenbildung  vom  älteren 
Wochen  herzuleiten.  Es  scheint  dafür  der  Umstand  zu  sprechen,  dass  dieselbe  zuerst  auf  dem  Knochen  er- 
ixheint , dass  sie  so  fest  mit  dem  alten  Knochen  zusammenhängt,  dass  der  Verlauf  der  Markkanälchen  in  ihr 
-in  derartiger  ist,  welcher  eine  Ansicht,  es  seyen  die  Gefässe  des  alten  Knochens  mit  denen  der  neugebildeten 
^nochensubstanz  in  ununterbrochenem  Zusammenhang  und  setzen  sich  unmittelbar  in  letztere  fort,  leicht  kann 
:ntstehen  lassen. 

Wenn  wir  aber  annehmen,  dass  der  Knochen  das  Exsudat  liefere,  so  muss  es  höchst  auffallend  er- 

:c! 

cheinen,  dass  die  von  der  Beinhaut  entblösten  Bruchenden  in  Bezug  auf  Menge  und  Ausdehnung  der  aufge- 


36 


lagerten  Knochenneubildung  sich  so  verschieden  verhalten.  Während  wir  bei  fast  reinen  Querbrüchen  c 
Knochenauflagerung  durchweg  bis  an  die  Bruchräuder  sich  erstrecken  und  selbst  über  diese  hinausragen  u 
mit  dem  aus  der  Markhöhle  kommenden  innern  Callus  zusammenfliessen  sehen,  sind  dagegen  bei  Brüchen  n 
bedeutender  Dislocation  namentlich  die  einander  zugekehrten  Seiten  der  Bruchenden  oft  total  frei  von  all 
Auflagerung  und  zeigen  eine  ganz  mit  dem  normalen  Knochen  übereinstimmende  glatte  Oberfläche,  währe 
den  leeren  Raum  zwischen  den  aneinander  vorbeigeschobenen  Bruchenden  nur  eine  lockere  röthliche  Mas 
ausfüllt.  Auf  gleiche  Weise  verhalten  sich  auch  die  Bruchenden  bei  dislozirteu  Knochen,  wenn  eines  oder  c 
andere  durch  den  Callus  hervorragt  und  in  die  Weichtheile  eingedrungen  ist,  wo  gleichfalls  dasselbe  auf  ei 
weite  Strecke  unverändert  und  frei  von  aller  Auflagerung  erscheint. 

Es  könnte  in  diesen  Fällen  der  Einwurf  gemacht  werden,  dass  bei  solchen  dislozirten  Bruchenden  t 
Beinhaut  auch  in  der  Regel  auf  eine  grosse  Strecke  vom  Knochen  abgerissen  werden  muss,  dass  darum  < 
Ernährung  des  Knochens,  je  näher  den  Bruchrändern,  desto  mehr  Notli  leiden,  mithin  auch  die  Exsudati 
neuer  Knochenmasse  an  solchen  entlegenen  Stellen  sehr  beschränkt  werden  muss.  Dass  man  sich  diesen  Ei) 
wurf  gemacht , beweist  die  Art  und  Weise , wie  die  Neueren  den  knöchernen  Callus  an  den  Stellen  sich  bildj 
lassen , wo  die  Beinhaut  nimmer  im  Zusammenhang  mit  dem  Knochen  steht.  Es  sollte  ja  die  Substantia  int» 
media  dazu  bestimmt  seyn,  zwischen  den  Bruchenden  die  Gefässkommunikation  herzustellen;  erst  wenn  di< 
geschehen  war,  sollte  sich  dort  der  knöcherne  Callus  bilden  können.  Man  übersah  aber  dabei,  dass  siel: 
zu  keiner  Zeit  die  Blutzirkulation  in  den  Bruchenden  aufgehört  haben  kann , indem  ja  die  Capillargefässe  dur: 
den  ganzen  Knochen  ein  continuirliches  Netz  bilden  und  desshalb  die  Gefässe  des  Bruchendes  stets  von  d 
Gefässen  des  übrigen  Theils  des  Knochens  aus  angefüllt  werden  müssen.  Beweisend  dafür  ist  die  Art  d 
Veränderung,  welche  die  Bruchenden  oft  schon  frühe  erleiden,  indem  ihre  Jlarkräume  sich  erweitern  und  i 
kompakte  Knochensubstanz  immer  mehr  der  spongiösen  sich  nähert,  w as  doch  nur  möglich,  wenn  noch  Gefässtlj 
tigkeit  vorhanden  ist.  Uebrigens  muss  ein  Blick  auf  die  Taf.  I.  und  die  Vergleichung  der  Fig.  4,  wo  £ 
grosse  Entfernung  die  Beinhaut  losgetrennt  ist,  aber  der  Callus  sich  doch  bis  an  den  Bruchrand  fortsetzt,  z.j 
mit  Fig.  16,  wo  der  Callus  schon  so  frühe  aufhört,  diesen  Einwurf  gleichfalls  zurückweisen  und  zur  Genüj 
zeigen,  dass  der  Grund  der  Verschiedenheit  dieser  Fälle  irgend  ein  anderer  seyn  muss. 

Wir  sind  gewohnt , bei  Entzündung  der  verschiedensten  Gewebe  Ablagerung  des  entzündlichen  Exsudi 
überall  da  zu  finden,  wo  eine  solche  überhaupt  stattfinden  kann.  Wenn  wir  annehmen,  dass  der  Callus  ( 
Exsudat  des  Knochens  ist,  so  sind  wir  berechtigt,  auch  in  der  Substanz  des  Knochens  selbst  entsprechen 
Veränderung  durch  Ablagerung  zu  suchen.  Dass  aber  eine  Veränderung  des  Knochens  durch  knochenerdi 
Ablagerung  möglich  ist,  beweisen  die  nicht  seltenen  Fälle  von  Sklerose  derselben,  die  unter  den  verschiede 
sfcep  Umständen  vorkonnnt.  Wir  finden  aber  nirgends  bei  Brüchen  eine  Sklerosirung  der  Bruchenden,  im  C 
gentheil  finden  wir  sehr  frühe  schon,  ehe  noch  der  Callus  verknöchert  ist,  die  Markräume  der  Bruchend 
vergrössert  und  dieselben  mehr  und  mehr  den  spongiösen  Knochen  sich  nähernd,  was  auf  einen  der  Entzündu 
entgegengesetzten  Prozess  schliessen  lässt. 

Wenn  wir  aber  immer  nur  an  solchen  Stellen  Callus  finden,  wo  sich  auch  die  Beinhaut  in  der  unmf 
telbaren  Nähe  findet,  so  müssen  wir  uns  zu  der  Frage  veranlasst  sehen,  ob  die  Entstehung  des  verknöchen 
den  Exsudats  nicht  vielmehr  in  näherer  Beziehung  zu  der  Beinhaut  stehe  ? — Um  diese  Frage  zu  entscheid; 
und  zu  gleicher  Zeit  zu  erkennen,  ob  nicht  etwa  doch  der  Knochen  das  fragliche^ Exsudat  liefern  körn 
müssen  wir  solche  Fälle  untersuchen,  in  welchen  nur  eines  der  beiden  in  Rede  stehenden  Elemente  (Beinhe, 
oder  Knochen)  zur  Entstehung  eines  Callus  mitgewirkt  haben  kann. 

Zu  diesem  Behufe  wurden  die  zweierlei  oben  beschriebenen  Versuche  angestellt,  die  sich  gegenseil! 
ergänzen , indem  in  dem  einen  Versuch  der  Knochen  mit  möglichster  Schonung  der  Beinhaut  aus  dieser  htj 
ausgelöst  und  resezirt,  in  dpm  andern  Fall  dagegen  mit  Hinterlassung  des  Knochens  die  ßeinhaut  entfer 
Avurde.  In  dem  einen  wie  im  andern  Fall  fand  Knochenneubildung  statt,  aber  mit  dem  Unterschied,  dt. 
dort,  wo  die  Beinhaut  Aveggenommen  wmrden  Avar,  nur  an  den  den  Gelenken  zunächstgelegenen  Stellen,  a 
die  Beinhaut  noch  zurückgeblieben  Avar,  eine  Ablagerung  neuer  Knochensubstanz  stattfand,  wogegen  in  de 
andern  Fall,  avo  die  Beinhaut  erhalten  worden  Avar,  der  ganze  Raum,  den  das  resezirte  Knochenstück  ei 


37 


enommen  hatte,  durcli  eine  bereits  in  Verknöcherung  begriffene  Knorpelmasse  ausgefüllt  war,  und  überhaupt 
js  ganze  Verhalten  mit  dem  bei  Brüchen  vorkommenden  die  grösste  Aehnlichkeit  hatte.  Gerade  dieser 
tztere  Fall  (Taf.  I.  Fig.  11.)  war  es,  in  welchem  man  zwischen  der  innern  Oberfläche  des,  dem  Callus  der 
räche  entsprechenden  und  hier  noch  grösstentheils  aus  Knorpelsubstanz  bestehenden,  Wulstes  (a)  und  dem 
tern  Knochen  einen  nicht  unbedeutenden  Zwischenraum  (d)  erblickt , aber  gleichwohl  an  der  innern  Wan- 
mg  dieses  knorpligen  Wulstes  zuerst  die  Umwandlung  des  knorpligen  Exsudats  in  Knochensubstanz  (c)  sieht. 
- Beide  Fälle  aber  lassen  nicht  daran  zweifeln , dass  die  Beinhaut  eine  wesentliche  Bedingung  für  die  Bildung 
js  verknöchernden  Exsudats  ist.  — Doch  brauchen  wir  nicht  einmal  auf  künstlichem  Wege  solche  Verhält- 
isse  hervorzurufen.  Es  lässt  uns  ein  anderes  Beispiel  keinen  Zweifel  über  die  wichtige,  ja  selbst  ausschliess- 
che  Rolle  der  Beinhaut  bei  Knochenneubildung.  Es  ist  bekannt,  dass  die  Kopfblutgeschwulst  bei  Neugebornen 
ch  gerade  durch  Knochenneubildung  zu  erkennen  gibt,  welche  zuerst  in  Form  des  sogen.  Knochenrings  die 
wischen  Schädel  und  Pericranium  silzende,  durch  Bluterguss  gebildete  Geschwulst  umgiebt  (ähnlich  wie  wir 
eim  Callus  der  Brüche  zuerst  an  der  Stelle  Verknöcherung  auftreten  sehen,  wo  Knochen  und  Beinhaut  noch 
i Berührung  miteinander  stehen);  dass  ferner  im  weiteren  Verlauf  die  Geschwulst  ihre  weiche  Beschaffenheit 
?rliert  und  beim  Druck  pergamentartig  knittert,  was  von  einer  die  innere  Oberfläche  des  Pericranium  ausklei- 
enden  dünnen  Knochenlamelle  herrührt,  die  also  vom  Schädel  durch  das  Blutextravasat  getrennt  ist.  Wir 
•kennen  hierin  also  dasselbe  Verhalten , wie  in  dem  eben  angeführten  Fall  von  Resection  des  Knochens  mit 
rhallung  der  Beinhaut,  Hier  wie  dort  konnte  nur  die  Beinhaut  das  Exsudat  geliefert  haben,  wenn  man 
cht  annehmen  will , dass  von  einer  kleinen  Stelle  des  Knochens  aus  längs  der  ganzen  innern  Oberfläche  der 
einhaut  ein  vom  Knochen  selbst  ausgehendes  Exsudat  hergewachsen  sey , was  dann  nur  etwa  auf  die  von 
etit  angenommene  Weise  geschehen  könnte.  Doch  braucht  über  die  Unhaltbarkeit  einer  solchen  Annahme 
»in  Wort  verloren  zu  werden. 

Geht  nun  aus  dem  Bisherigen  schon  hervor,  dass  wir  als  einzige  Quelle  des  verknöchernden  Exsudats 
e Beinhaut  ansehen  müssen,  so  werden  wir  uns  in  dieser  Ansicht  noch  bestärkt  fühlen  müssen,  wenn  wir 
!e  gleich  anzuführenden  Thatsachen  in  Erwägung  ziehen , indem  durch  dieselben  hinlänglich  bewiesen  wird, 
iss  eine  Entzündung  der  Beinhaut  wirklich  ein  verknöcherndes  Exsudat  liefern  kann. 

Wir  finden  in  der  Leiche  nicht  selten  Auflagerungen  zwischen  Beinhaut  und  Knochen,  welche  auf 
tzterem  fest  haften  und  von  der  verschiedensten  Form  und  Ausdehnung  sind,  vom  einfachen  Osteophyt  bis 
ir  umfangreichen  Exostose.  Man  findet  auf  der  innern  Seite  der  Beinhaut  und  namentlich  öfters  auf  der 
issern  Seite  der  die  Beinhaut  vertretenden  harten  Hirnhaut  Knochenproduktionen,  die  durchaus  nicht  oder 
ir  lose  am  Knochen  haften  und  nur  erst  später  in  innigem  Zusammenhang  mit  ihm  treten.  Wir  sind  oft 
cht  im  Stande,  in  der  Leiche  noch  ihre  Ursachen  nachzuweisen,  aber  sehr  häufig  muss  man  eine  gemeinschaft- 
•he  Ursache  derselben  anerkennen,  d.  h.  eine  solche,  welche  im  Stande  ist,  Hyperämie  oder  Entzündung  der 
linhaut  hervorzurufen.  Man  sieht  darum  an  Knochen,  welche  oberflächlich  und  unter  Geschwüren  liegen, 
teophytbildung  auftreten.  Daher  ist  es  zu  leiten,  dass  bei  veralteten  Luxationen,  wo  der  Gelenkkopf  die 
änne  ganz  verlassen  hat,  nach  und  nach  eine  neue  Gelenkpfanne  an  der  Stelle  sich  bildet,  wo  der  Gelenk- 
pf  jetzt  aufsteht ; die  durch  beständige  Reizung  entzündete  Beinhaut  spielt  hier  dieselbe  Rolle , wie  im  vo- 
;en  Fall,  und  gibt  zur  Bildung  einer  wallartig  den  Gelenkkopf  umschliessenden  Knochenablagerung  Veran- 
;sung.  Dasselbe  ist  der  Fall  in  der  Nähe  von  Knochenbrüchen,  wenn  derselbe  nur  den  einen  von  zwei  neben 
uander  liegenden  Knochen  betrifft.  Wir  fanden  eine  Auflagerung  von  neugebildeter  Knochensubstanz  auf 
m unverletzten  Knochen  und  zwar  nur  sehr  beschränkt,  nämlich  auf  der  dem  gebrochenen  Knochen  zuge- 
ijhrten  Seite.  Fälle  dieser  Art  fand  ich  sowohl  unter  den  von  mir  künstlich  gebrochenen  Knochen,  als  auch 
verschiedenen,  der  Züricher  Sammlung  angehörigen,  Präparaten. 

Es  gelingt  überdiess  leicht,  künstlich  eine  Ablagerung  neugebildeter  Knochensubstanz  hervorzurufen, 
;i|ne  den  Knochen  selbst  zu  verletzen.  Brachte  ich  einen  fremden  Körper,  z.  B.  kleine  Knochenstückchen 
tischen  die  Beinhaut  und  den  Knochen,  so  traf  ich  bald  eine  mehr  oder  weniger  umfängliche  Knochen- 
ibildung  im  Umkreis,  welche  den  fremden  Körper  eng  umschloss,  während  sie  zugleich  fest  an  dem  Kno- 
een  haftete,  wodurch  der  feste  Körper  und  Knochen  in  feste  Verbindung  unter  einander  gebracht  wurrfen, 

5* 


3S 


gerade  so , wie  wir  oben  mitunter  ganz  losgerissene  Knochensplitter  in  Callusmasse  ringsum  eingegossen  sahen 
Es  wird  hierdurch  zu  gleicher  Zeit  die  Möglichkeit  gezeigt,  wie  der  Callus  die  Bruchenden  eng  umschliesse: 
nnd  dadurch  vereinigen  kann,  ohne  dass  desswegen  eine  Nothwendigkeit  da  wäre,  dass  der  Knochen  selbst  de) 
Callus  gesetzt  hätte. 

Die  bisher  angeführten  Beobachtungen  und  Versuche  zeigen,  dass  eine  entzündete  Beinhaut  ein  vei 
knöcherndes  Exsudat  liefert,  und  dass  ein  solches  Exsudat  verschiedene  Theile,  mit  welchen  dasselbe  in  Be 
Führung  tritt,  eng  umschliessen  und  dadurch  ursprünglich  Getrenntes  mittelbar  verbinden  kann.  Sie  beweise 
ferner,  dass  die  Knochenenden  an  einer  Bruchstelle  kein  verknöcherndes  Exsudat  liefern.  Es  wird  sich  dem 
nach  der  ganze  Heilungsprozess  gebrochener  Knochen  darauf  zurückführen  lassen , dass  die  durch  Verwundun 
in  Entzündung  gesetzte  Beinhaut  ein  verknöcherndes  Exsudat  liefert,  welches  die  Bruchenden  umschliesst  ufl 
dadurch  gewissermassen  zusammenlöthet.  — Wollte  man  das  Vorkommen  des  innern  Callus  gegen  meine  An 
sicht  als  Beweis  für  die  Entstehung  des  verknöchernden  Exsudats  aus  dem  Knochen  anführen , so  habe  ic! 
dagegen  einzuwenden,  dass  das  Vorkommen  eines  innern  Callus  nicht  constant  ist.  Wäre  aber  der  vom  Kno 
eben  gelieferte  Callus  das  wesentliche  Moment  in  der  Heilung,  so  dürfte  ein  solches  unbeständiges  Vorkomme 
des  innern  Callus  nicht  gefunden  werden.  Als  Quelle  des  innern  Callus  glaube  ich  die  Markhaut  annehmen  z 
dürfen,  welche  das  zur  Bildung  desselben  dienende  Exsudat  in  ähnlicher  Weise  liefert,  wie  di 
Beinhaut  das  Exsudat  für  den  äusseren  Callus.  — Obige  Ansicht  wird  noch  eine  sicherere  Begründung  findet 
wenn  das  Verhalten  der  Theile  während  der  Heilung  eines  Knochenbruchs  mit  derselben,  übereinstimmt.  Das 
die  Bruchenden  keine,  aus  einer  Entzündung  und  Exsudation  herzuleitende,  Veränderung  erfahren,  wurde  gezeig 
Dagegen  haben  wir  in  der  früheren  Darstellung  der  Entwicklung  der  Elemente  des  Callus  gesehen,  dass  di 
Beinhaut  in  der  Umgegend  des  Bruchs  in  Entzündung  versetzt  wird.  Diese  Entzündung  charakterisirt  sic 
durch  Anschwellung  und  Röthung  derselben.  In  dem  noch  nicht  vollständig  verknöcherten  Callus  finden  w 
Elementartheile  der  verschiedensten  Alter  zu  gleicher  Zeit  nebeneinander,  nämlich  unbestimmt  umschrieben 
Kerne  von  Knorpelzellen,  bestimmter  umschiebene  Kerne,  junge  Knorpelzellen,  ältere  Knorpelzellen,  in  Verknöcheruni 
begriffene  Knorpelzellen,  ausgebildete  Knochenelemente.  Die  weniger  entwickelten  dieser  Elemente  liegen  der  Beinhau 
näher,  die  weiter  entwickelten  ferner.  Es  ist  sicher,  dass  ceteris  paribus  die  weiter  entwickelten  Elemente  auf  eine  älter 
Exsudatschichte,  die  weniger  entwickelten  auf  eine  jüngere  hinweisen.  Wenn  wir  demnach  die  jüngere  Schichte  zunächs 
der  Beinhaut  liegen  sehen  (vergl.  Taf.  II.  Fig.  5,  Taf.  III.  Fig.  6.),  so  ist  der  Schluss  erlaubt,  dass  die  Beinhai) 
die  Quelle  des  Exsudats  gewesen,  und  mit  dem  Fortschreiten  des  Exsudats  von  der  älteren  Schichte  desselbe 
zurückgedrängt  wurde.  Auf  ähnliche  Weise  sehen  wir  auch  die  jüngeren  Epidermisschichten  zunächst  d«1 
Oberfläche  der  Lederhaut,  die  älteren  entfernter  von  derselben.  — Was  diese  Meinung  noch  wesentlich  untei 
stützen  muss,  ist  der  Umstand,  dass  wir  an  die  unentwickeltste  Knorpelschichte  angereiht  eine  Schichte  vo 
Exsudat  finden,  welche  in  fibröses  Gewebe  übergeht  (vergl.  die  eben  erwähnten  Figuren). 

Musste  ich  früher  schon  die,  zu  Anfang  des  I.  Abschnittes  weitläufiger  geschilderte,  Reihenfolge  in  de 
Bildungsweise  des  Callus  als  typisch  bezeichnen , weil  an  dieser  Gruppe  von  Fällen  die  einfachsten  Verhältniss 
sichtbar  sind  und  keine,  wenigstens  keine  bedeutendere,  störende  Einflüsse  eingewirkt  zu  haben  schienen,  s 
kann  ich  jetzt,  gestützt  auf  das  eben  Erörterte,  jene  Behauptung  nur  mit  grösserer  Bestimmtheit  wiederhole 
und  muss  wiederholt  in  allen  andern  Arten  der  Callusbildung  Abweichungen  von  dem  Typus  erkennet 
Durch  welche  Einwirkung  welcher  Einflüsse  die  Entstehung  dieser  Abweichungen  zu  erklären  sey,  ist  it 
Früheren  schon  dargestellt  worden.  Ich  muss  desshalb  alle  auf  solche  unreine  Fälle  gegründeten  Ansichte 
von  der  Callusbildung  als  unhaltbar  zurückweisen,  und  es  betrifft  dieses  namentlich  die  Miesch er’sche 
Fälle.  ii 


Ist  ein  provisorischer 
und  definitiver  Gallus 
zu  unterscheiden? 


Gibt  es  einen  provisorischen  und  definitiven  Callus? 

Wenn  gleich  aus  dem  in  den  früheren  Abschnitten  und  zuletzt  noch  bei  Gelegenheit  der  Erörtern»  ij 
der  Frage  über  den  Ursprung  des  Callus  Besprochenen  hervorgeht,  dass  die  Callusbildung  als  Ein  Akt  anzus«  od 


39 


en  ist,  als  das  Resultat  der  durch  eine  einmalige  Gelegenheitsursache  hervorgerufenen  Entzündung  der  Belft- 
aut  um  die  Bruchstelle,  — so  darf  demungeachtet  bei  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  eine  wiederholte 
esprechung  dieser  Frage  nicht  unterlassen  bleiben  und  es  sollen  im  Folgenden  nur  die  Punkte  hoch  beSohL 
ers  hervorgehoben  werden,  welche  die  Unstatthaftigkeit  der  Annahme  eines  provisorischen  und  definitiveh 
allus  ausser  allen  Zweifel  zu  setzen  im  Stand  sind. 

Wenn  wir  auf  die  nähere  Erörterung  dieser  Frage  eingehen,  so  sind  es  zwei  Verhältnisse,  auf  die 
abei  Bedacht  zu  nehmen  ist,  einerseits  nämlich  überhaupt  das  Verhalten  der  Tlieile , Welche  bei  dem  ganzen 
’rozess  in  Thätigkeit  gesetzt  werden  sollen,  andererseits  aber  die  Zeitmomente,  in  welche  die  verschiedenen 
kte  zu  fallen  hätten.  — Wir  rufen  uns  zuerst  das  Verhalten  der  Organtheile  ins  Gedächtniss  zurück. 

Was  die  Weichtheile  belrill't,  so  fanden  wir  sie  kurze  Zeit  nach  erfolgter  Fraktur  schon  geschwollen 
nd  mit  Entzündungsprodukt  durchdrungen.  Das  Mikroskop  wies  uns  daselbst  besonders  Entzündungskügeln 
ich,  nicht  selten  bei  Splitterbrüchen,  Brüchen  mit  bedeutender  Dislncation  u.s.w.  Blutkoagulum.  Wir  fanden, 
jss  die  Weichtheile  (mit  Ausnahme  der  Beinhaut)  keine  Rolle  spielen,  welche  irgend  von  Belang  wäre,  sie 
ehren  frühe  schon  in  den  normalen  Zustand  zurück.  Anders  verhält  es  sich  mit  der  Beinhaut;  dort  fanden 
ir  gleichfalls  Verdickung  und  Röthung.  Im  Vorhergehenden  aber  wurde  zur  Genüge  liächgeiviesen , eineslheils, 
iss  die  Beiühaul  überhaupt  das  Exsudat  liefert,  welches  den  Callus  constituirt,  anderntheils , wie  sich  dieses 
ssudat  orgauisirt.  Wir  fanden  nämlich  , dass  sich  das  Exsudat  der  Beinhaut  theilweise  in  jene  spindelförmi- 
en  Elemente  umwandelt,  die  in  Fasern  überzugehen  scheinen  und  so  eine  Vermehrung  der  Substanz  der 
nnhaut  bedingen , dass  sich  aber  ein  anderer  Theil  des  Exsudats  der  Beinhaut  in  Knorpelgewebe  umgestaltet, 
is  weiterhin  zu  Knochensubstanz  wird.  Wir  sahen , dass  die  ganze  Callusniasse  aus  diesem  Knorpel  entsteht, 
id  dass  der  später  verknöcherte  Callus  allenthalben  von  Beinhaut  umschlossen  ist. 

Was  nun  ferner  den  Autheil  des  Knochens  an  der  Callusbildung  anbelangt,  so  sind  auch  darüber  im 
orhergehenden  bei  Gelegenheit  der  Frage  über  die  Entstehung  und  den  Ursprung  des  Callus  die  nöthigen 
otizen  gegeben.  Eine  Erscheinung  ganz  eigenthümlicher  Art  aber  ist  es,  die  noch  bei  dieser  Heilung  der 
nochenbrüche  angenommen  wird,  nämlich  die,  dass  der  Knochen  zweimal  in  Entzündung  versetzt  werden 
dl.  Angenommen  auch,  es  habe  mit  der  ersten  Entzündung  seine  Richtigkeit , welche  also  den  provisorischen 
allus  bilden  hälfe,  so  muss  es  doch  in  der  That  abentheuerlich  klingen,  zum  zweitenmal  — und  nothwendig 
n ein  Ziemliches  später  als  das  erstemal  — ein  Auftreten  der  Entzündung  anzunehmen  zu  einer  Zeit,  wo 
ich  gewiss  die  Ursache  der  Entzündung  längst  aufgehört  hat  zu  wirken.  Es  Sollen  nun  freilich  verschiedene 
:ellen  seyn,  an  welchen  zu  verschiedener  Zeit  die  Entzündung  auftritt:  diejenige  Parthie  der  Bruchenden 
inilich,  die  am  weitesten  von  den  Bruchrändern  entfernt  ist,  soll  sich  zuerst  entzünden,  diejenige  dagegen, 
eiche  den  Bruchrändern  zunächst  liegt,  so  wie  diese  selbst,  soll  sich  erst  später  entzünden.  Da  aber  die 
^fässcommunication  an  letzteren  Stellen  aufgehoben  scheint,  so  sollen  sie  dadurch  in  den  Stand  gesetzt  wer- 
;n  sich  zu  entzünden,  dass  die  Substantia  intermedia  Gefässe  in  sich  entwickelt  Und  mit  den  Bruchrändern 
•rwächst,  wodurch  die  Communication  dann  hergestellt  ist.  Zugegeben,  dass  Alles  das  (Knocheüentzündung, 
erhalten  der  Substantia  intermedia  u.  s.  av.)  richtig  wäre , woher  jetzt  wieder  eine  Entzündung  ? Denn  ohne 
itzündung  liesse  sich  doch  nicht  avoIi!  denken,  dass  eine  plastische  Exsudätion  von  einem,  dem  definitiven 
tllus  zugeschriebenen  Umfang  stattfände.  Es  stände  wohl  dieser  Fall  als  der  einzige  da,  dass  eine  Entzün- 
tng  eines  Theils  nach  so  langer  Zeit  erst  und  dann  gänzlich  ohne  neue  Veranlassung  regelmässig  aufträte. 

Sollten  wir  aber  auch  Alles  das  zugeben,  so  begegnen  Avir  jetzt  doöh  Avieder  neuen  Sclnvierigkeiten. 
s wurde  gleichfalls  schon  erwähnt,  dass  beliebige  Exsudate,  Avenn  sie  sich  otganisiren , an  eine  bestimmte 
Umwicklung  gebunden  sind  und  dass  aus  dem  jeAveiligen  Verhalten  derselben  gefolgert  werden  kann,  von 
’elchem  Alter  sie  sind.  So  müsste  auch  in  unserem  gegenwärtigen  Fall  etwas  Aehnliches  nachzuweisen  seyn, 
id  zwar  müsste  sich,  zufolge  der  Annahme  eines  entzündlichen  Exsudats  von  Seiten  der  Bruchenden,  das 
ck  gleichfalls  wie  das  frühere,  schon  organisirte,  in  Knochensubstanz  umgestalten  soll,  — auch  hier  eine 
nn  Alter  parallel  gehende  Verschiedenheit  der  beiden  Exsudate  von  verschiedenem  Datum  aufzufinden  seyn, 
;:y  es  in  Bezug  auf  Farbe,  Härte,  Textur  oder  dgl. , soAvie  eine  Gränze  ZAvischen  beiden,  Avas  Rokitansky 
= ad  Mi  es  eher  auch  Avirklich  annehmen.  Dies  müsste  um  so  eher  der  Fall  seyn,  da  schon  am  dritten  Tag 


40 


zunächst  auf  dem  Knochen  Verknöcherung  des  Exsudats  zu  finden  ist,  welches  doch  jedenfalls  um  die  Ze 
des  allenfallsigen  Erscheinens  des  definitiven  Gallus  schon  die  dem  Knochengewebe  noch  zukommenden  Veräi 
derungen,  von  denen  oben  die  Rede  war,  zum  grössten  Theil  müsste  durchgemacht  haben  und  also  für  d 
Unterscheidung  von  dem  noch  jungen  Exsudat  des  definitiven  Callus  keine  Schwierigkeit  bieten  könnte.  - 
Ich  gestehe  aber,  dass  ich  niemals  Gelegenheit  hatte,  solche  Unterschiede  wahrzunehmen , so  viele  Fälle  i( 
auch  aus  allen  Stadien  der  Heilung  untersuchte;  es  sey  denn,  dass  man  vorzöge,  trotz  der  angeführte 
Gründe  für  die  daselbst  ausgesprochene  Deutung,  einige  der  oben  beschriebenen  Fälle  dahin  auszulegen,  wi 
jedoch  nur  geschehen  könnte,  wenn  man  die  in  den  übrigen  Untersuchungen  gefundenen  Thatsachen  ignoi 
ren  wollte. 

Wenn  es  einmal  um  den  Antheil  des  Knochens  an  der  Callusbildung  sich  handelt,  so  ist  auch  e 
Hauptgegenstand  für  die  Aufmerksamkeit  das  Verhalten  der  Bruchenden  und  Bruchränder.  Kommt  nun  an  d( 
angegebenen  Stellen  und  auf  die  angegebene  Weise,  also  durch  Vermittlung  der  Substantia  intermedia,  ein  zweit 
Callus  zu  Stande,  so  müssen  sich  bei  einigermassen  vorgeschrittener  Heilung  die  Bruchenden  überall  entwedi 
in  eine  neugebildete  Knochenmasse  eingewachsen  finden,  oder  aber  noch  einen  fest  mit  den  Bruchrändern  ve 
Avachsenen  Knorpelüberzug  besitzen.  — Ich  fand  das  Erstere  öfters,  indem  die  Bruchenden  in  eine  bis  unt« 
die  Beinhaut  sich  gleichmässig  zeigende  neue  Knochenmasse  wie  eingegossen  waren.  Wenn  aber  eben  aus  di 
ser  Gleichförmigkeit  des  Callus  geschlossen  werden  muss,  dass  er  nicht  aus  verschiedenen  Zeiten  stamm« 
konnte,  dass  es  daher,  Avenn  man  der  Theorie  eines  provisorischen  und  definitiven  Callus  huldigt,  der  proA 
sorische  oder  frühere  Callus  seyn  müsste,  avo  sollte  sich  der  für  die  Heilung  doch  unerlässliche  definitr 
Callus  bilden,  ohne  dass  der  vorige  Aveggedrängt  Avürde,  Avas  doch  auch  nicht  denkbar;  Aväre  es  aber  auc 
so  träte  doch  Avieder  der  obige  Eimvurf  auf,  dass  sich  denn  doch  Avieder  ZAvischen  älterem  und  jüngerem  Cs 
lus  eine  Gränze  zeigen  müsste.  — Aber  es  sind  durchaus  nicht  überall  die  Bruchenden  auf  die  für  diese  A: 
sicht  von  einem  doppelten  Callus  notliAvendig  anzunehmende  Weise  in  das  verknöcherte  Exsudat  Avie  eingegoi 
sen,  dieselben  finden  sich  gegentheils  nicht  selten  durchaus  unverändert  und  selbst  noch  zu  einer  Zeit,  V 
schon  grössere  Markräume  in  dem  (vorläufig  als  proAisorisch  angenommenen)  Callus  aufgetreten  sind;  es  av 
ren  in  manchen  Fällen  die  äussersten  Bruchenden  und  Bruchränder  noch  in  demselben  Zustand  zu  finden,  du 
andere  in  den  ersten  Tagen  nach  geschehener  Fraktur  zeigten,  frei  von  aller  Auflagerung,  mit  glatter,  glä; 
zender  Oberfläche  und  scharfen,  zackigen  Rändern. 

Miesche r sagt:  »Densitas  autem  atque  durities  telae  osseae  impedit,  quo  minus  materies  exsudati 
in  interstitiis  telae,  uti  in  partibus  mollibus  fit,  congerantur;  unde  ossa  in  inflammationibus  acutis  non  tum 
fiunt,  sed  eorum  superficies  externa  et  interna  materiis  exsudatis  obfunditur.«  Wir  sahen  nun  früher,  da: 
der  innere  Callus  in  seiner  Bildung  dem  äusseren  Aoraneilt,  dass  frühzeitig,  selbst  ehe  der  äussere  Callus  not 
ganz  in  Knochensubstanz  umgeAvandelt  ist,  bereits  dem  alten  Knochen  zunächst  grössere  Markräume  in  den 
selben  auftreten  oder  derselbe  schon  fast  ganz  verscliAvunden  ist.  Wenn  nun  aber  in  Folge  der  durch  d 
Substantia  intermedia  hergestellten  Gefässcommunication  entzündliche  Exsudation  zunächst  den  Bruchrändel 
erfolgen  soll,  so  ist  doch  nicht  einzusehen,  Avarum  nicht  gegen  die  Markhöhle  hin  die  Bruchenden  gleichfal 
Exsudat  schicken,  da  es  doch  hier  eben  nicht  an  Raum  gebräche.  Einen  Nachschub  von  Knochenablagerun 
konnten  Avir  zAvar  gleichfalls  in  einzelnen  Fällen  finden,  aber  mit  dem  Unterschied,  dass  der  neuere,  inner 
Callus  dann  immer  Aveiter  von  den  Bruchrändern  entfernt  auftrat,  als  der  frühere,  da  doch  ein  dem  definit' 
ven  Callus  entsprechender  ZAveiter,  innerer  Callus  natürlich  näher  den  Bruchrändern  zum  Vorschein  komme 
müsste,  als  der  frühere.  Es  Avaren  diess  Fälle,  bei  denen  alle  Umstände  darauf  hinAvieseu,  dass  wiederholt 
GeAvaltthätigkeiten  die  Beinhaut  neuerdings  in  grösserem  Umfang  als  früher  losgerissen  hatten , auf  Avelchi 
Veranlassung  hin  ausserhalb  und  innerhalb  der  Bruchenden  Aviederholte  Exsudation  erfolgte.  Uebrigens  Avurd 
schon  mehrfach  envähnt,  dass  der  innere  Callus  überhaupt  keinesAvegs  beständig,  also  auch  nicht  Avesentlici 
für  den  Heilungsprozess  ist. 

Nachdem  Avir  über  die  Betheiligung  der  Weichtheile  und  des  Knochens  an  der  Bildung  des  provisor: 
sehen  und  definitiven  Callus  gesprochen,  bleibt  uns  noch  übrig,  von  der  Substantia  intermedia  ein  Wort  z 
reden.  Sie  ist  es,  die  bei  der  Annahme  eines  provisorischen  und  definitiven  Callus  eine  Hauptrolle  spielt,  ai 


41 


die  ja  das  Zustandekommen  des  definitiven  Callus  geknüpft  ist.  Dieselbe  soll  bekanntlich  um  die  Bruchenden 
da  sich  unden , wo  dieselben  von  der  Beinhaut  entblüst  sind.  Sie  soll  Gefässe  entwickeln,  welche  an  den  eben 
l erwähnten  Stellen  in  Verbindung  treten  mit  den  Gefässen  des  Knochens,  der  dadurch  befähigt  werde,  eben 
an  diesen  Stellen  Exsudat  zu  liefern,  welches  den  definitiven  Callus  bilde.  — Wenn  die  Substantia  intermedia 
diese  wichtige  Bolle  spielt,  so  muss  sie  sich  vor  allen  Dingen  auch  bei  jedem  Bruch  finden.  Der  genauesten 
Untersuchung  gelingt  es  aber  oft  nicht,  eine  mit  diesem  Namen  bezeichnete  Materie  nachzmveisen.  In  manchen 
i Fällen  fand  ich  die  Bruchenden  in  eine  gleichmässige  Knochenmasse  eingesenkt,  welche  brückenartig  beide 
i Bruchenden  verband,  während  die  Marksubstanz,  häufig  ohne  irgend  eineSpur  von  Veränderung  in  Farbe, 
Consistenz,  durch  die  beiden  Bruchstücke  hindurch  in  ununterbrochenem  Zusammenhang  stand  und  selbst  oft 
i keine  Spur  eines  innern  Callus  aufzufinden  war.  — Gehen  wir  aber  auf  die  Zusammensetzung  der  als  Sub- 
istantia  intermedia  bezeichneten  Substanz  ein,  so  scheint  damit  von  Anfang  an,  sobald  überhaupt  von  ihr  als 
einem  wesentlichen  Theil  die  Bede  war,  kein  bestimmter  Begriff  verbunden  worden  zu  seyn.  Sie  wurde  für 
extravasirtes  Blut  bald  aus  der  Markhöhle,  bald  den  Bruchenden,  bald  den  Weichtheilen  angesehen,  oder  sollte 
isie  aus  extravasirtem  Blut  und  Exsudat  der  Weichtheile  bestehen,  oder  entzündliches  Product  aus  der  .Mark- 
höhle seyn  u.  s.  w.  Sie  sollte  eben  im  Verlauf  der  Heilung  Gefässe  in  sich  entwickeln  und  diese  sollten  in 
Verbindung  mit  den  Gefässen  der  Bruchenden  treten,  soweit  letztere  von  Beinhaut  entblöst  waren;  später 
sollte  sie  ligamentose  Structur  annehmen  und  über  kurz  oder  Jang  durch  den  neuen  oder  definitiven  Callus 
iweggedrängt , resorbirt  werden,  da  man  sic  früher  oder  später  nicht  mehr  findet.  — Schon  die  früher  gege- 
bene mikroskopische  Analyse  kann  nicht  geeignet  seyn,  dieser  Ansicht  Beistimmung  zu  verschaffen.  Zudem 
aber  ist  es  allenthalben,  wo  sich  eine  der  Substantia  intermedia  entsprechende  Masse  findet,  sehr  leicht,  dieselbe 
Zwischen  den  Bruchenden  herauszunehmen;  wäre  Gefässcommunication  vorhanden,  so  würde  sich  wohl  irgend 
welcher  Widerstand  beim  Herauslösen  zeigen  und  es  sollte  sich  doch  erwarten  lassen,  dass  man  dabei  da  und 
^lort  kleine  Blutpunkte  auftreten  sähe;  es  müsste  mir  unter  den  vielen  untersuchten  Fällen  doch  Einmal  we- 
nigstens gelungen  seyn,  das  Stadium  zu  finden,  wo  die  Substantia  intermedia  ihre  ligamentose  Struktur  schon 
angenommen  hätte;  — von  allem  dem  war  nirgends  eine  Bede.  — Bei  der  Rolle,  die  man  der  Substantia  tn- 
«ermedia  zugetheilt  hat , dürfte  sich  wohl  auch  keine  Stelle  der  Bruchenden  mehr  frei  von  Knochenauflagerung 
jnden,  mit  welcher  die  Substantia  intermedia  in  Berührung  stand.  Auch  diess  ist  nicht  der  Fall;  im  Gegentheil 
ndet  man  bei  Brüchen,  bei  welchen  der  Callus  schon  grössere  Markräume  zeigt,  (wo  also  wohl  kein  neuer 
aachschub  von  Knochenablagerung  zu  erwarten  steht,  und  zwar  besonders  bei  solchen  Brüchen,  welche  mit 
^deutender  Dislokation  heilen,)  oft  nicht  unbeträchtliche  Strecken  der  Bruchenden,  welche  keinen  l’eber- 
fiUg  von  der  Beinhaut  mehr  hatten,  vollständig  frei  von  aller  Auflagerung;  namentlich  findet  man  die  Rrucli- 
jiuder  oft  fast  bis  zu  dem  Zeitpunkt,  wo  keinerlei  auffallende  Veränderungen  mehr  im  verknöcherten  Callus 
gintreten,  noch  unverändert  und  noch  gerade  so  scharf  und  zackig  als  bei  frischgebrochenen  Knochen,  da 
tioch  gerade  an  diesen  Stellen  in  Folge  einer  eingetretenen  Gefässverbindung  am  ehesten  neue  Knochenmasse 
H erwarten  ist.  — 

Wenn  sich  dem  Bisherigen  zufolge  bei  der  Vergleichung  der  Miescher’schen  Untersuchungen  mit 
[igenen  bedeutende  Abweichungen  in  Bezug  auf  die  Art  der  Callusbildung  ergeben,  wenn  wir  uns  dadurch 
fltenöthigt  sehen  müssen , die  Annahme  des  Zustandekommens  der  Heilung  der  Knochenbrüche  durch  einen 
jrovisorischen  und  definitiven  Callus  aufzugeben:  so  sehen  wir  eine  solche  Theorie  auch  einer  ferneren  Stütze 
,pch  dadurch  beraubt,  dass  die  Zeitverhältnisse,  in  welchen  die  verschiedenen  Veränderungen  zum  Behuf  einer 
(Oppelten  Callusbildung  vor  sich  gehen  sollen,  gleichfalls  im  Widerspruch  mit  der  Natur  stehen.  Einige  we- 
rjge,  wenn  auch  frülier  schon  gelegentlich  erwähnte,  Punkte  mögen  genügen  diess  nachzuweisen. 

Resorption  der  Masse  eines  Gebildes  darf  wohl  nicht  als  Symptom  einer  Entzündung  derselben  angesehen 
Jerden,  indem  die  nächste  Folge  der  Entzündung  eine  Exsudation  und  daraus  erfolgende  Verdichtung  des 
wvebes,  bei  Knochen  demnach  Sklerose  ist.  Es  müsste  also  zu  der  Zeit,  in  welcher  die  Bildung  des  defini- 
eren Callus  beginnt,  eine  Verdichtung  des  Knochengewebes  an  den  Bruchrändern  wahrzunehmen  seyn,  um 
inen  Schluss  auf  eine  Entzündung  desselben  zu  rechtfertigen.  Die  angegebene  Zeitperiode  fällt  aber  etw'as 
jäter,  als  der  Beginn  der  Verknöcherung  des  provisorischen  Callus,  und  soll  von  diesem  Moment  an  eine  ge- 

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wisse  Zeit  lang  hindurch  fortdauern.  In  der  Periode  demnach,  in  welcher  die  Verknöcherung  der  früher  be- 
schriebenen knorpligen  Kapsel  vorwärts  schreitet,  müsste  man  eine  Sklerose  der  Bruchenden  oder  andere  Ent- 
Zündungssymptome  in  denselben  wahrnehmen.  Es  ist  aber  aus  dem  Früheren  bekannt,  dass  diess  nicht  nui 
nicht  der  Fall  ist,  sondern  dass  sogar  schon  in  einer  sehr  frühen  Periode,  in  welcher  die  Verknöcherung  dei 
knorpligen  Kapsel  kaum  begonnen  hat',  sehr  deutlich  Resorption  und  daher  rülirende  Erweiterung  der  Mark- 
räume im  Innern  der  Bruchenden  wahrzunehmen  ist , also  eine  der  Entzündung  gerade  entgegengesetzte  Er- 
scheinung. 

Ferner  soll,  während  in  den  Weichtheilen , insbesondere  aber  auf  der  innern  Oberfläche  der  Beinhau 
entzündliches  Exsudat  abgelagert  wird,  das  sich  in  ein  zellig- fibröses  Gewebe  um  wandeln  soll,  (unter  welch 
letzterem  aber  nichts  Anderes  gemeint  seyn  kann,  als  das  in  Knorpel-  und  Knochensubstanz  sich  umwandelnd' 
und  so  den  Callus  bildende  Exsudat  der  Beinhaut,)  gleichzeitig  das  Markgewebe  Antheil  an  der  Entzünduni 
nehmen , als  deren  Produkt  sich  die  Substantia  intermedia  darstelle.  — Ich  habe  aber  niemals  ein  solches  spä 
tes  Auftreten  einer  als  Substantia  intermedia  zu  deutenden  Masse  gefunden,  sondern  habe  vielmehr  als  eine  s( 
zu  deutende  Substanz  in  der  ersten  Zeit  nach  dem  Bruch  vor  und  während  der  Bildung  der  knorpligen  Kapse 
eine  Substanz  gefunden , welche , wie  die  frühere  Untersuchung  lehrt,  Blutkoagulum  war,  welchem  Entzündungs 
Produkte  in  verschiedenem  Verhältniss  beigemengt  waren.  Weit  entfernt,  diese  Substanz,  welche  nur  anfang 
und  zwar  fast  unmittelbar  schon  nach  erfolgter  Fraktur  an  den  Bruchrändern  lose  klebend  gefunden  wird 
in  organische  Verbindung  mit  letzteren  treten  zu  sehen,  findet  man  im  Gegentheil  je  länger  desto  wenige 
einen  Zusammenhang  zwischen  ihr  und  den  Bruchrändern. 

Auf  alle  diese  Gründe  gestützt , wiederhole  ich  desshalb , dass  ich  die  Ansicht , als  ob  der  am  Schlus 
der  Heilung  vorhandene  Callus  aus  verschiedenen , zu  verschiedenen  Zeiten  und  auf  verschiedenem  Wege  ent 
stehenden  Elementen  gebildet  werde,  nicht  theilen  kann  und  mich  vielmehr  dahin  aussprechen  muss,  das 
der  nach  vollendeter  Heilung  vorhandene  Callus  nur  das  in  Einem  Akte  gelieferte,  z 
Knochen  organisirte  Exsudat  einer  traumatischen  Periostitis  sey. 


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